Sämtliche Werbekanäle waren in den vergangene Tagen mit Verlockungen zum „Black Friday“ oder zur „Black Week“ gepflastert, Aufforderung an die Konsumenten, allen möglichen Schnickschnack noch vor Weihnachten mit großem Rabatt zu kaufen. Aber nachhaltig ist an dieser Rabatt-Aktion nichts.

Und gut für die Umwelt ist dieser wilde Kaufrausch erst recht nicht. Auch nicht für die Mitarbeiter in den Verteilzentren der großen Online-Händler, die auch im Leipzig stehen. Einige Aktivisten nutzten die vergangenen Tage, um auf diese Schieflage in den Leuchtwerbekästen der Stadt aufmerksam zu machen.

Sie hängten anlässlich des größten Konsum- und Werbespektakels des Jahres, dem „Black Friday“, amazon-kritische Poster in Leipziger Werbevitrinen. An Leipzigs Konsumtempel, den Höfen am Brühl, sahen Passant/-innen statt Werbeplakaten mit dem nächsten noch krasserem Angebot nun selbst gebastelte Poster mit kapitalismuskritischen Sprüchen wie „Amazingly ausbeuterisch“ oder „Streikrecht? Nicht bei Uns!“.

Abgeänderte Plakate der Amazonwerbekampagne selbst begrüßten die Mitarbeitenden des Amazon Logistigzentrums LEJ1 an der Tramstation auf dem Weg zur Arbeit. Statt der Ankündigung der „Black Friday Week“ stand auf den Adbustings nun „Solidarische Grüße – Greetings to all workers“ oder „Powerful Strikes Worldwide“.

Kritik am riesigen Vermögen des Amazon-Chefs in einem Wartehäuschen am Goerdelerring. Foto: privat
Kritik am riesigen Vermögen des Amazon-Chefs in einem Wartehäuschen am Goerdelerring. Foto: privat

Die Aktivist/-innen versahen jedes Poster mit dem Logo des internationalen Bündnisses Make Amazon Pay und fordern damit die Auszahlung des gesamten Vermögens von Jeff Bezos an alle Beschäftigten.

Die Aktivistin Freya Schwarz erklärt zu der Aktion: „Unsere Poster unterbrechen die unausweichliche Dauerwerbebeschallung zum Black Friday. Stattdessen zeigen sie, was hinter den Konsumversprechen der Konzerne steckt: Ausbeutung, Isolierung und Überwachung.“

Ausbeutung Made in Leipzig

Und es geht nicht nur um eine penetrante Werbeaktion. Es geht auch um die Arbeitsbedingungen in den Amazon-Verteilzentren. Die Anti-Amazon-Aktivist/-innen kritisieren die massiven Leistungsanforderungen, die zu Druck und Stress bei der Belegschaft in den Logistikzentren führen. So heißt es auf eine neugestalteten Poster: „Amazingly ausbeuterisch – 50 sec. pro Paket? Stress, Überwachung, Konkurrenz“.

Die Vorgesetzten und die eingesetzte KI geben den Picker/-innen, Packer/-innen und Fahrer/-innen jeden Schritt automatisiert vor. Kameras, Apps und die Handscanner dienen zur ständigen Kontrolle. Amazon nutzt dabei insbesondere die prekäre Situation migrantischer Beschäftigter aus, die froh sind, überhaupt eine Arbeit zu finden.

Trotz jahrelangem Arbeitskampf, wie zuletzt zur „Prime Week“ im Juli in Leipzig, verweigert Amazon seinen Mitarbeitenden einen Tarifvertrag. Ein Poster fragt deshalb in Jugendsprache: „Wann Tarifvertrag???“

Adbusting-Aktion an der StraĂźenbahnhaltestelle am Amazon-Verteilzentrum. Foto: privat
Adbusting-Aktion an der StraĂźenbahnhaltestelle am Amazon-Verteilzentrum. Foto: privat

Aktuell berichten Angestellte in Leipzig von 6-Tage-Wochen mit anhaltender Urlaubssperre. „Dieser Zustand ist eine menschenunwürdige Katastrophe! Amazon will nur Geld verdienen. Wir müssen uns zusammen tun und die Macht der Konzerne brechen!“, fordert Freya Schwarz.

Ruhe in Frieden

Wie wenig Amazon seine Belegschaft wertschätzt, zeigte sich in Erfurt: Am 17. November Tagen verstarb dort ein Mitarbeiter während seiner Schicht im Amazon Fulfillment-Center in Erfurt-Stotternheim. Im Jahr 2022 starb ein weiterer Mitarbeiter bei der Arbeit im Werk Leipzig. Um keinen Umsatz einzubüßen, lief der Betrieb einfach weiter.

Freya Schwarz bekundet ihr Beileid: „Wir sind traurig und wütend. Amazon hat keine Skrupel, der Mensch ist für den Konzern nichts wert. Wir sagen: Niemand ist vergessen. Ruhet in Frieden.“

Wie ein Poster der Gruppe zeigt, bestellen Menschen in Deutschland jährlich über 800 Millionen Pakete bei Amazon. Die Aktivist/-innen geben Amazon hierfür die Verantwortung, da die Monopolstellung u. a. kleinere Hersteller verdrängt.

„Erst kam das Angebot, dann die Nachfrage“, heißt es auf einem weiteren Poster. Damit kritisiert die Aktion die intensiven Werbekampagnen, die Menschen erst den Konsum von Produkten aufdrängt. Schönheitsideale und mithilfe riesiger Datenmengen personalisierte Anzeigen kreieren einen künstlichen Konsumzwang. Schwarz betont: „Von wegen sich glücklich kaufen – wir leben in Deutschland immer einsamer und die Konzerne freut’s, weil sie noch mehr verkaufen und unsere Welt noch trister machen.“

Die Milliarden des Jeff Bezos

Amazon steht als globaler Multikonzern über jeglicher nationaler Gesetzgebung. An dessen Kopf sitzt Jeff Bezos. Ein Plakat kritisiert den Überreichtum von Jeff Bezos und stellt sein Privatvermögen im Balkendiagram von 220 Milliarden Euro dem addierten Gehalt aller 40.000 Amazon-Arbeitenden in Deutschland gegenüber. Diese Machtkonzentration bei einer Person verletzt jegliche demokratische Grundsätze.

„Amazon zieht überall Gewinne raus, aber entzieht sich jeder gesellschaftlichen Verantwortung – weltweit“, so Schwarz.

Um Streiks zu vermeiden, droht Amazon zwar damit, die ausgefallene Arbeit in andere Werke oder Länder zu verlagern. Aber dagegen formieren sich weltweite Netzwerke wie Amazon Workers International und der MakeAmazonPay-Day. In den kommenden Tagen soll nun in über 30 Ländern protestiert und gestreikt werden.

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Nachhaltigkeit? Unsere Grüne wollen Krieg. Da ist das leider kein Thema. Habe noch nie gehört, dass ein Grüner forderte, den Ukraine-Krieg zu beenden, weil der fürs Klima ein Problem sei. Grüne würden nie das Geschäftsmodell der US-Demokraten in Frage stellen.

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