Eigentlich war das mal ein L-IZ-Vorschlag: Das Kulturdezernat wird aufgelöst und der Wirtschaftsbürgermeister übernimmt. Denn Kultur ist natürlich ein Wirtschaftsfaktor und ein Wirtschaftszweig. Selbst die Eigenbetriebe Kultur sind Wirtschaft, stellt jetzt eine Studie der HTWK fest, die Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht (CDU) vorgestellt hat.

Sein Dezernat Wirtschaft und Arbeit hat die Studie auch bei der HTWK Leipzig in Auftrag gegeben. Es ist eine Studie zur Umwegrentabilität – also den indirekten wirtschaftlichen Effekten – der kulturellen Eigenbetriebe Schauspiel Leipzig, Oper Leipzig und Theater der Jungen Welt. Das Gewandhaus zu Leipzig erstellt derzeit eine ähnliche Analyse, weshalb es hier nicht berücksichtigt wurde. Ähnliche Studien werden auch immer wieder zur Leipziger Messe und zum Flughafen Leipzig gemacht, um die kommunalen Investitionen und Subventionen für diese Einrichtungen besser zu begründen.

Was gerade dann notwendig ist, wenn die Projekte selbst keine schwarzen Zahlen schreiben und – wie die Eigenbetriebe Kultur – von der Stadt hoch subventioniert werden müssen. In einer Zeit, in der praktisch jeder Aspekt der Gesellschaft den Prämissen des “Marktes” untergeordnet ist und “sich rechnen” muss, kommen auch die traditionellen Kulturbereiche der Stadt unter Legitimationsdruck. Jedes Jahr, wenn die Kulturförderung auf dem Prüfstand steht, werden Zuschauerzahlen, Auslastungsgrad und Einnahmen gegen die steigenden Kosten aufgerechnet.

Natürlich steht dann die Frage: Wieviel (Hoch-)Kultur kann und darf sich eine Stadt wie Leipzig leisten? Das Wörtchen “darf” hier betont, weil durch die betriebswirtschaftliche Lenkung und Finanzierung des Freistaats Sachsen auch der selbstbestimmte Spielraum der Kommunen eingeengt ist und von Landesebene her immer stärker Legitimationsdruck erfährt. Den die ein oder andere Partei dann auch unhinterfragt in die Haushaltsdiskussionen trägt: Leistet sich Leipzig mit Oper, Gewandhaus, Schauspiel nicht zu viel Kultur? Steht das einer Stadt zu, die so große finanzielle und soziale Probleme hat?

Verständlich, dass auch Leipzigs Stadtverwaltung sich dadurch gedrängt fühlt, mit Zahlen zu beweisen, dass die großen Kulturbetriebe der Stadt auch wirtschaftlichen Nutzen bringen. Die “Umwegrendite” ist zumindest ein Weg, das zu berechnen, auch wenn der Fokus dabei immer eingeschränkt ist.In die Berechnungen flossen Faktoren ein wie die durchschnittliche Besucherzahl der letzten drei Jahre, städtische Zuschüsse, Personalkosten, Lieferungen und Leistungen, dazu Einnahmen aus Eintrittsgeldern, Gastspielen sowie die Umsätze auswärtiger Besucher in der Region, beispielsweise in Hotels oder im Einzelhandel.

Untersucht wurden für die drei Häuser zwei verschiedene Szenarien – ein optimistisches und ein pessimistisches, die sich errechneten aus den Einnahmen der Häuser plus die induzierten Einnahmen der Stadt, gegenübergestellt mit den Subventionen der Stadt.

In der sehr vereinfachten Kurzdarstellung erreicht das Schauspiel Leipzig im Optimistischen Szenario ein erwirtschaftetes Ergebnis von 25.125.546,51 Euro, dem ein Städtischer Zuschuss von 14.413.150,27 Euro gegenüber steht. Im Pessimistischen Szenarium stehen 14.782.000,30 Euro im Buch. Statt eine Relation von 1,75 Euro je eingesetztem städtischen Euro gibt es nur eine Umwegrendite von 1,03 Euro.

Ganz ähnlich ist es bei der Oper, wo im Optimistischen Szenarium 85.046.030,18 Euro zu Buche schlagen, im Pessimistischen nur 42.928.551,02 Euro, die dann einem Städtischen Zuschuss von 41.783.333,33 Euro gegenüber stehen. Mal kommt eine Relation von 2,04, mal eine von 1,03 Euro je eingesetztem Euro zustande.

Beim Theater der Jungen Welt lauten die beiden Szenarien 6.087.275,70 Euro bzw. 3.804.933,62 Euro, die einem Städtischen Zuschuss von 3.331.990,33 Euro gegenüber stehen. Was dann eine Relation von 1,83 Euro bzw. 1,14 Euro je eingesetztem Subventionseuro ergibt.

Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht: “Die Bedeutung der Leipziger Kultur als weicher Standortfaktor für Investitionen, den Tourismus und die Lebensqualität in unserer Stadt ist unbestritten. Die Studie der HTWK legt darüber hinaus auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten dar, dass die eingesetzten städtischen Zuschüsse nicht nur keine Verschwendung sind, sondern in der Region durchaus positive Effekte generieren”.

Aber der Blick in das Rechenwerk von Prof. Dr. Rüdiger Wink, Laura Kirchner, Florian Koch und Daniel Speda zeigt auch, dass das Thema Umwegrendite nur funktioniert, wenn die Häuser Touristen und Besucher aus dem Umland anziehen, die dann quasi zusätzliches Geld nach Leipzig bringen, hier Übernachtungen buchen, noch ins Restaurant gehen und noch ein bisschen shoppen.

Je höher der auswärtige Besucheranteil, um so höher die Umwegrendite.

Aber an einigen Stellen macht die Studie auch sichtbar, wie schwierig es ist, die Umwegrenditen nur für einzelne Häuser zu errechnen. Das Stichwort Festivals fällt – aber auch wichtige Gastspiele bringen deutlich mehr Besucher nach Leipzig als das normale Repertoire. Alle Häuser sind auch in solche Festivals eingebunden. Sie spielen aber auch im Portfolio von Messebesuchern und Kongressteilnehmern eine Rolle. Und sie sind Teil des Leipziger Stadtmarketings, jener Marke “Leipzig”, die innerhalb des Städtetourismus eine so wichtige Rolle spielt und mit steigenden Übernachtungszahlen für sich spricht.

Die Autoren der Studie nehmen auch das Thema Vernetzung und Kooperation mit der Freien Szene unter die Lupe. Ein Feld, auf dem schon einiges passiert – und das noch mehr Früchte tragen könnte, wenn man es verstärkt.

Die Kurzfassung der Studie als PDF zum Download.

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