Ob die Randalierer vom 5. Juni genau das wollten, ist eher unwahrscheinlich. Aber die Attacken der rund 100 Personen, welche gestern Abend 22 Uhr begannen, vom Johannapark kommend, mit Gewalt gegen Straßenbahnhaltestellen, Polizeibeamte und Gebäude vorzugehen, fördern neue Einsichten zu Tage. Vor allem wohl bei der sächsischen CDU, in deren Namen Christian Hartmann sich nun mit dem „Sicherheitskonzept“ und den Polizeizahlen in Leipzig befassen möchte. Der Leipziger Oberbürgermeister hat da bereits einen bekannten Wunsch für seine wachsende Stadt.

Im unmittelbaren Nachgang an die Krawalle vom 5. Juni kündigten die beiden sächsischen Landtagsabgeordneten Christian Hartmann und Ronald Pohle (beide CDU) an, „dieses Ereignis in den nächsten Sitzungen des Innenausschusses zu thematisieren und dabei auf ein verbessertes Sicherheitskonzept für Leipzig zu drängen.“ Wichtiger jedoch als eine neue Konzeption nach der neuen Konzeption mit dem Operativen Abwehrzentrum (OAZ) scheint dann doch der neue Satz zu sein. „Vor diesem Hintergrund werden wir uns für eine erhöhte Polizeipräsenz in der Messestadt einsetzen.“

Wollen die beiden die ebenfalls in den vergangenen Jahren ausgedünnten ländlichen Gebiete Sachsens dafür nicht weiter von Polizeibeamten entblößen, werden sie wohl grundlegender an die Sache herangehen müssen. Denn, so Oberbürgermeister Burkhard Jung heute: “Leipzig hat in der Nacht zu Samstag erneut eine unfassbare Gewalt erleben müssen, eine Gewalt, die mit politischen Zielen nichts zu tun hat. Hier sind Kriminelle am Werk, die mittlerweile auch vor Gewalt gegen Personen nicht mehr zurückschrecken.“

Daraus entsteht ein seit Oktober 2013 bekannter Gesprächsbedarf. Bereits da war im Rahmen der sicherheitspolitischen Stunde im Stadtrat das Thema Polizeizahlen in Leipzig deutlich angesprochen worden. Am 21. Januar 2015 erneut. „Wir werden gemeinsam mit der Polizei vor Ort und dem Innenministerium über das Thema Polizeipräsenz reden müssen, auch das Thema Bereitschaftspolizei in Leipzig gehört auf die Tagesordnung. Ich appelliere an die Leipziger Landtagsabgeordneten, uns hier tatkräftig zu unterstützen”, so Burkhard Jung am heutigen 6. Juni 2015.

Christian Hartmann (CDU) Foto: CDU Sachsen
Christian Hartmann (CDU) Foto: CDU Sachsen

Ein altes Lied, nun singen alle

Haben die beiden CDU-Abgeordneten Hartmann und Pohle ja nun zugesagt, innerhalb der SPD dürfte der Ruf Jungs ebenfalls nicht ungehört verhallen. Bereits in der Koalitionsverhandlung hatte die SPD Sachsen auf einen Stopp des Stellenabbaus bei der sächsischen Polizei im Rahmen der Polizeireform 2020 gedrungen und sich durchgesetzt. Im Wahlkampf hatten auch Linke, Grüne und AfD einen Stopp der Einsparungen gefordert. Bereits mit Beginn der Reformen hatte es massive Kritik aus allen Parteien gegen den Personalabbau durch das Finanz- und Innenministerium gegeben. Bereits im Vorfeld der Landtagswahlen 2014 waren die Einstellungsbedingungen in den Bereichen Alter und Körpergrößen für neue Polizeibeamte in Sachsen gesenkt worden, man begann um neue Anwärter zu werben.

Auch die Demonstrationen von Legida und Pegida waren seitens der Demonstranten und abermals seitens der Politik vom Ruf nach mehr Polizeibeamten begleitet worden. Nicht zuletzt, weil die Dauereinsätze die Einsatzbeamten an die Belastbarkeitsgrenze getrieben hatten, erste Ausfallerscheinungen bei einzelnen Beamten waren eine der Folgen. Nun könnten linksextreme Randalierer in Leipzig ungewollt das Fass zum Überlaufen und die CDU nach einer bereits seit knapp 2 Jahren laufenden Debatte zum Einlenken gebracht haben. Und, was SPD, Linke, Grüne, ein Oberbürgermeister, ein Polizeipräsident und Pegida nicht schafften – für spürbar mehr Polizeibeamte in Leipzig sorgen.

Aus Sicht der Gegner der Polizeistation in Connewitz ein sicherheitspolitisches Paradoxon.

Die Ansprachen in der sicherheitspolitischen Stunde 16. Oktober 2013 zum Nachhören

Oberbürgermeister Burkhard Jung

Polizeipräsident Bernd Merbitz

Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal

Die Ansprache von OBM Burkhard Jung am 21. Januar 2015 im Stadtrat Leipzig

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