Nuja, wenn der Sommer so wird, wie das Frühjahr nun ist, dann wird man keinen Sonnenschirm brauchen und auch keinen Picknickkorb für den Strand. Dann kommt man nur mit einer großen Packung Tee durch, einer dicken Decke und genug Lesefutter. Zwischendurch braucht man auch mal was für die grauen Zellen, neue Rätselkrimis zum Beispiel von Steffen Mohr.

Sein Held ist seit 36 Jahren ein gewisser Merks, Kommissar Gustav Merks, der in den flotten Beschreibungen, die Steffen Mohr von dem Burschen ab und zu liefert, dem Autor erstaunlich ähnlich sieht. Auch in seiner Geschwindigkeit. Dicke, lange, grüblerische Kriminal-Thriller sind nicht Steffen Mohrs Ding. Er ist eher in der Tradition von Sherlock Holmes und Father Brown zu Hause. Sein Kommissar ist ein cleveres Köpfchen, das schon beim ersten Blick auf den Tatort die richtigen Schlüsse zieht und bei den ersten Gesprächen mit dem verdächtigen Figurenensemble die Widersprüche merkt. Und dann serviert er die Lösung des Falls flott und knackig einfach nach drei, manchmal vier Seiten.

Diese Rätsel-Krimis sind genauso kurz, dass sie auch in die Zeitung passen. Für das Medium wurden sie auch erfunden. Und natürlich für Leute, die sich gern mit dem noch nach Druckerschwärze riechenden Papier hinsetzen und versuchen, die logischen Schlüsse des Kommissars nachzuvollziehen und die Lösung herauszuknobeln. Denn ums Knobeln geht es ja eigentlich. Die Spuren legt Mohr meistens ganz unauffällig in die Geschichte, wenn er den Fall schildert und seinen Kommissar am Tatort zeigt – oft genug herbeigerufen als Retter in schneller Not. Da denkt man dann gern an Hercule Poirot, der auch keinen Urlaub machen konnte, ohne von allen Leuten erkannt zu werden um dann, wenn dann so ganz aus Zufall mal irgendwo eine Leiche herumlag, innigst gebeten zu werden, den Fall bitte zu klären.

Bei Agatha Christie gehört der Mörder in der Regel zum Kreis der Leute, mit denen Poirot irgendwo unterwegs ist im Zug, auf dem Nildampfer oder in irgendwelchen abgelegenen Gasthäusern oder Adelssitzen. Bei Steffen Mohr schlägt das Verbrechen auch gern zu, wenn der Kommissar endlich mal ein bisschen Kurzurlaub hat zwischen all den Missetaten, die ihn in seinem Großstadt-Job sonst so in Trab halten. Vielleicht zieht er das Verbrechen auch magisch an. Jedenfalls vergeht in diesem Büchlein mit 33 neuen Rätsel-Krimis kein Urlaub, in dem Merks nicht aus seiner Ruhe gerissen wird und im Handumdrehen einen dieser unglücklichen Vorfälle klärt.

Auch sein Neffe kommt öfter vor. Der Knabe ist von seinem Onkel angespitzt worden, sein Köpfchen frühzeitig zu trainieren und in die Fußstapfen seines Onkels zu steigen. Und ein paar Rätsel jubelt er seinem Onkel auch unter. Selbst für Krimi-Freunde sind die kurzen Texte eine Erholung, denn natürlich kann der Autor auf all die quälenden psychologischen und gesellschaftlichen Umstände des Verbrechens verzichten. Ganoven sind bei ihm Ganoven und sie hinterlassen natürlich immer verräterische Spuren oder Unstimmigkeiten, über die der wache Geist des Kommissars stolpern muss. Der Leser nicht unbedingt – es gibt durchaus die Rätsel-Krimis, in denen die Spuren zu finden sind, die auch den Leser zur Lösung des Falles führen. Aber es gibt auch ein paar Fälle, in denen der Autor nicht alles verrät und seinen Kommissar den Fall eher unkonventionell lösen lässt.

Der hat natürlich den Vorteil, dass er die Dinge mit biblischer Gelassenheit angeht. Denn für sein Metier gilt natürlich, was auch für die Bibel gilt: Die Welt ist eben nicht nur von lauter weißen Schafen bewohnt. Es sind auch ein paar schwarze darunter. Manchmal auch ein paar graue. Denn in Mohrs Welt gibt es eben noch ganz normale Menschen, die zwar in Sünde fallen, aber nicht gleich zu finsteren Monstern werden, wie sie heute Kino und TV beherrschen, als würden nur noch Finsterlinge die Welt bewohnen. Auch das scheint ja irgendwie verloren gegangen, dieses Wissen der scheinbar so braven Mehrheit darum, dass es alles nur kleine Sünderlein sind.

Deswegen sind einige der schlimmen Taten auch gar nicht so schlimm, sondern eher Bagatelldelikte. Trotzdem gibt es auch ein paar ordentliche Todesfälle, bei denen nur geklärt werden muss, wer geschwindelt hat. Und der war’s ja dann in der Regel auch. So gut schwindeln, dass er von Merks nicht ertappt wird, kann keiner.

Damit der Rätsel-Freund aber nicht verzweifelt, sind die Lösungen aller Fälle am Ende des Buches abgedruckt.

Steffen Mohr Schein-Heilige & Schwarze Schafe, St. Benno Verlag, Leipzig 2016, 7,95 Euro.

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