Das Wort Corona kommt in diesem Buch einmal nicht vor. Aber eigentlich passt das Buch haargenau in diese seltsame Zeit mit all ihren Einschränkungen und nun der zweiten langen Zeit, wo die ganze Familie wochenlang zu Hause hocken muss. Da lohnt es sich, selbst das Sonntagsfrühstück zu einem richtigen Erlebnis zu machen – mit selbst gemachter Konfitüre und selbst gebackenen Brötchen. Oder auch ganz international.

Es ist wieder eins dieser hilfreichen Büchlein aus der Mini-Reihe des Buchverlags für die Frau, die sich manche Leute ganz dekorativ in der Schrankwand aufbauen, andere nutzen diese kleinen, lecker bebilderten Ratgeber tatsächlich, in ihren Alltag immer neue kleine Höhepunkte und Küchenabenteuer einzubauen. Wer das macht, weiß sowieso, dass es nicht nur immer neue Überraschungen auf dem Tisch ergibt, sondern dass man sich so auch nach und nach ein gehöriges Stück Unabhängigkeit erarbeitet.

Man ist nicht mehr so angewiesen auf das oft eben doch eindimensionale Angebot im Supermarkt und die Fertigprodukte anderer Leute, von denen man nie wirklich weiß, was drin ist. Irgendwann mag man die ganzen kryptischen Zutatenlisten schon gar nicht mehr lesen, in denen die Billigzutaten unter chemischen Protznamen verklausuliert sind.

Selbermachen ist einfach besser. Da weiß man, was drin ist und bestimmt auch selbst, wie es am Ende schmeckt. Und man legt sich irgendwann einfach einen Vorrat an allen immer wieder benötigten Zutaten an, sodass einem auch die Schlange vorm Bäcker am Sonntag (bitte Abstand von 1,50 Meter einhalten) schnuppe sein kann.

Denn selbst das Brötchenbacken geht fix, in einer halben Stunde stehen die Selbstgebackenen knusprig auf dem Tisch. Und wenn man all die anderen Anregungen noch mitnimmt, ist der Frühstückstisch immer ein herzhaftes Vergnügen. Da stehen auch die Familienmitglieder nur zu gern auf, die sonst am liebsten den Sonntag verschlafen würden.

Und an Omas guten Spruch denkt man dabei sowieso: „Liebe geht durch den Magen.“

Und sie fängt mit Omas selbst gemachter Pflaumen-Zimt-Marmelade an. Na gut – für die reifen Pflaumen aus sächsischen Landen ist es jetzt ein bisschen spät. Aber für nächstes Jahr kann man sich das schon mal merken: Pflaumen pflücken! Und dann zaubern.

Oder rechtzeitig Blaubeeren besorgen für die leckere Blaubeermarmelade. Irgendwo im Kosmos der Mini-Bücher gibt es ja auch schon richtige Beeren- und Konfitüren-Ratgeber. In diesem Büchlein gibt Barbara Baumann ja nur Tipps. Wer sowieso schon dabei ist, hat seine Speisekammer voller selbst bereiteter Konfitüren stehen.

Der muss dann am Sonntag nur noch die schnellen Frühstücksbrötchen backen: Weizenmehl, Weizenvollkornmehl, Backpulver, Salz, Zucker hat man eh im Regal – Magerquark und Eier hat man rechtzeitig besorgt. In 25 Minuten sind die Knusperlinge fertig.

Und weil auch Frühstücksbrötchen irgendwann nach 30 Sonntagen am Stück langweilig werden, gibt Barbara Baumann natürlich auch Rezepte für richtig schöne Müslis mit, für Rührei mit Frühlingszwiebeln, Frühstücksfladen mit Kürbis und French Toast Roll Ups, Waffeln mit Kirschen und Kokos Creme, Mini-Galettes, Pfannkuchen-Röllchen, Quiche und Omelette. Man muss eigentlich nur seinem Kopf ein bisschen auf die Sprünge helfen, dann fällt einem schon eine Menge ein, was man beim nächsten Frühstück alles anders machen kann von süß bis herzhaft.

Nur beim Brot sollte man schon einen Tag vorausdenken. Denn wenn man das Dinkel-Roggen-Brot oder das Bananen-Nuss-Brot am nächsten Tag selbst gebacken auf den Tisch stellen will, bäckt man besser schon am Vortag.

Natürlich fehlen auch allerlei herzhafte Aufstriche nicht, Smoothies und Salate, kleine Zaubereien mit Frischkäse und Avocado. Eigentlich schon mehr als genug, um auch noch dem phantasielosesten Früh- oder Spätaufsteher zu zeigen, dass Frühstück kein Frusterlebnis sein muss und manchmal ganz wenig genügt, mit Lust in den Tag zu gehen. Auch wenn es jeder ein bisschen anders mag – der eine lieber mit Tee oder Orangensaft, der andere mit einem ordentlichen Kaffee. Denn es ist ja genetisch nicht programmiert, was wir zum Frühstück essen müssen oder wollen.

Das zeigt dann der kleine Ausflug in die Frühstückskulturen einiger berühmter Völker – etwa zu unseren Nachbarn, den Franzosen, wo das Croissant auf dem Tisch nicht fehlen darf, oder den Briten, den armen, wo es mit Bohnen, Spiegelei und Bacon sehr herzhaft zugeht. Bei den Schweden fand die Autorin die Zimtschnecken besonders verführerisch, bei den Russen das Oladji mit Lachs und Kaviar. Aus Japan gibt’s Tamagoyaki und aus Israel Shakshuka. Und auch Mexikaner und US-Amerikaner zeigen, dass Frühstück auch ganz anders aussehen kann als in hiesigen Landen. Abenteuerlich – aber auf seine Weise recht lecker. Man kann also selbst beim Frühstück ein wenig um die Welt reisen. Gerade jetzt ein echtes Angebot, wo es angeraten ist, das lieber nicht in in der Realität zu probieren.

Und nicht nur das Titelbild erinnert daran, dass es immer ein guter Ratschlag ist, auch beim Frühstück eine bunte Portion Obst mit aufs Müsli oder in die Backkartoffel zu packen. Wegen des Vitamin C zum Beispiel – es wird ja immer trüber draußen. Da braucht man was Fröhliches auf der Zunge – einen Joghurt zum Beispiel, in den man hineinmixt, was wirklich draußen gewachsen ist. Und was bekanntlich völlig anders schmeckt als das aus dem Becherchen mit der elend langen Zutatenliste. Selber machen ist die Devise – jetzt erst recht.

Barbara Baumann Frühstücksträume, Buchverlag für die Frau, Leipzig 2020, 5 Euro.

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