Die zauberhaften Städte, Kirchen und Burgen in Siebenbürgen wird es auch in Zukunft noch geben, liebevoll gepflegt von ihren Bewohnern, auch wenn die Geschichte der Siebenbürger Sachsen so langsam zu Ende geht. Seit dem 12. Jahrhundert, seit König Geisa II. sie vom Mittel- und Niederrhein nach Rumänien einlud, lebten sie in jenem Landstrich, der als Transsylvanien auch Eingang in die Gruselliteratur gefunden hat. Doch mittlerweile sind die meisten abgewandert Richtung Deutschland, haben aber ihre Bräuche und ihre Küche mitgenommen.
Und es ist eine reiche Küche, gespeist durch die Einflüsse all der Nachbarn, die die Siebenbürger Sachsen über Jahrhunderte hatten. Um die Wurzeln dieser Küche ein wenig zu verstehen, gibt es natürlich auch in diesem Büchlein eine Einführung: „Jenseits der Wälder“. In der natürlich erklärt wird, warum es sieben Städte sind, die von Anfang an die Identität der Siebenbürger Sachsen prägten. Und warum es in Wirklichkeit keine Sachsen sind, sondern der Name vor allem ihren Rechtsstatus beschrieb. Und natürlich beschreibt der Text auch, warum es dann mit dem Zweiten Weltkrieg zum großen Bruch kam, die Siebenbürger Sachsen stalinistische Verfolgung erlebten und dann in den nächsten Jahrzehnten in Scharen die Gelegenheit ergriffen, nach Deutschland abzuwandern.
Wobei Siebenbürgen selbst nichts verloren hat von seinen Reizen und jede Reise in die liebevoll gepflegten Städte – wie Kronstadt – noch allemal lohnt. Und wer die Reise nicht in seinem Ferienkalender unterkriegt, der kann sich mit den in diesem Büchlein gesammelten Rezepten zumindest hineinfühlen in die Küche Siebenbürgens, in der ganz offensichtlich das Brot eine ganz zentrale Role spielte.
Deftige Brote, gehaltvolle Eintöpfe
Weshalb der Rezeptteil auch mit Brot und Aufstrichen beginnt – schon das ein Angebot für alle, die nicht nur gern gehaltvolle Schnitten auf dem Teller haben, sondern auch Aufstriche, die den Reichtum der Natur auf die Schnitte bringen: Grammelbrotaufstrich, Auberginenbrotaufstrich oder gar Aufstrich aus gekochtem Gemüse. Man musste sich halt etwas einfallen lassen in alten Zeiten, wenn man beim Essen satt und glücklich werden wollte.
Und mit Suppen und Eintöpfen ging es weiter. Sie sind viel zu sehr aus unseren heutigen Speiseplänen verschwunden. Dabei waren sie jahrhundertelang das, was die Menschen satt gemacht hat und zufrieden. Gerade dann, wenn sie reichhaltig waren. Und so lernt man die Bertram-Suppe kennen, den deftigen Gemüsetopf, die Bistritzer Hühnersuppe und sie saure Suppe mt Fleischbällchen. Da wird wohl mancher das Gefühl bekommen, mit dem Brodeln im Topf endlich wieder nach Hause zu kommen. Und endlch wieder so satt zu werden, wie das mal in der Kindheit bei Oma am Küchentisch war. Es gibt eine Menge Dinge, die wir vielleicht doch lieber nicht vergessen sollten. Und die Küche der Großeltern gehört wohl mit dazu.
Polenta, Palatschinken und Hanklich
Dass in der Siebenbürger Küche dann auch noch Maisbrei und Polenta eine Rolle spielen, hat damit zu tun, dass sich die Region schon bald nach der Einführung des Maises aus Amerika als gut geeignetes Anbaugebiet erwies. Hat man damit erst einmal die Grundlage, kann man variieren, wie es Wald und Garten gerade anbieten – mit Gemüse alle Art, Pilzgulasch usw. Bevor man es mal wieder deftig haben will, etwa beim Sonntagsgericht, wenn man gern Klausenburger Kraut, Hackfleischröllchen oder gefüllte Paprikaschoten auf dem Teller haben möchte. Oder weils unbedingt Fleisch sein soll, auch Ofenhuhn oder Gulasch mit Klösschen.
Und weil es hinteher immer etwas Süßes geben muss, findet man im Büchlein auch die Rezepte für Palatschinken, Tag-und-Nacht-Kuchen und Rahn-Hanklich. Was Hanklich ist, erfährt man natürlich auch. Und am Ende hat man ein paar ganz siebenbürgische Küchenerlebnisse, die einen mit wohligem Gefühl eine imaginäre Reise ermöglichen in ein Land, das es irgendwie noch gibt, dessen Bewohner mitsamt ihren Kochtöpfen aber nun hier irgendwo im Norden in unserer Nachbarschaft leben und bei jeder Einladung zeigen, dass man seine Heimat eigentlich immer mit sich schleppt, wenn man nicht vergisst, Omas Rezeptbuch einzupacken.
„Siebenbürgen kulinarisch“, Buchverlag für die Frau, Leipzig 2025, 6 Euro
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