So meint Rafael Laguna, der Direktor der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND), im Interview beim Hoffest am 11. September 2025. Wörtlich sagte er: „Meine Eltern waren Übersetzer, so wie deine. Die sind weg. Der Job ist weg, den gibt’s einfach nicht mehr. Also für Literatur vielleicht noch, aber für jetzt technische Dokumentation und so, it’s over. Es ist wirklich vorbei.“ Zum ersten Satz eine Anmerkung: Rafael und der Autor sind per Du und tatsächlich waren sowohl seine als auch die Eltern des Autors Übersetzer.
Oliver Czulo ist Professor in der Translatologie mit Spezialisierung in datengestützter Semantik und Gründer der Institut für Translatologie gGmbH. Er will das nicht so stehen lassen. Wir trafen uns per Zoom zum Gespräch.
Ein Versuch
Bevor wir dazu kommen, ein kleiner Versuch. Wir fragten drei Übersetzungsprogramme, die mit KI arbeiten, nach der englisch/amerikanischen Übersetzung für die Frage in der deutschen Artikelüberschrift. Die Ergebnisse waren verwirrend.
Deepl übersetzte das als: „Will translation become just a job for machines in the future?“ – zurück ins Deutsche übersetzt heißt das bei Deepl: „Wird Übersetzen in Zukunft nur noch eine Aufgabe für Maschinen sein?“
ChatGPT übersetzte das als: „Will translation in the future be purely a machine job?“ – zurück ins Deutsche übersetzt heißt das bei ChatGPT: „Wird Übersetzung in der Zukunft vollständig von Maschinen übernommen werden?“, als alternative kürzere Varianten bietet die KI an: „Wird Übersetzen in Zukunft ganz von Maschinen erledigt?“ und „Wird Übersetzen künftig ausschließlich von Maschinen gemacht?“
Der Google Übersetzer übersetzte das als: „Will translation become a purely machine-based job in the future?“, zurück ins Deutsche übersetzt heißt das bei Google: „Wird Übersetzen in Zukunft eine rein maschinelle Tätigkeit sein?“
Eine einfache Frage und drei Programme antworten verschieden, allerdings sind alle Antworten inhaltlich irgendwie korrekt. Besonders auffällig ist, dass zwei von drei den Begriff „machine job“ vermeiden.
Für den Autor stellen sich die Fragen: Müssen wir unsere Sprache an die KI anpassen, um bei den Übersetzungen mit verschiedenen Programmen einheitliche Ergebnisse zu erhalten? Kann die KI uns wirklich alles sinnvoll in andere Sprachen übersetzen, oder brauchen wir doch noch Menschen?
Herr Czulo, die Ansage von Rafael Laguna ist sehr global und geht in die Richtung disruptive Technologien. Wie stehen Sie dazu?
Mit dem Stichwort Disruption haben Sie, glaube ich, etwas ganz Wichtiges angesprochen, darauf würde ich gern zuerst eingehen. Über dieser Aussage schwebt ja der Geist des Silicon Valley, der so Glaubenssätze wie zum Beispiel „move fast and break things“, also in etwa „handle schnell und mache Dinge kaputt“, beinhaltet. Dahinter steht eine Industrie, eine Digitalwirtschaft, die ihre Erfolge hatte, die auch einiges umgewälzt hat. Das kann man so feststellen.
Aber man lechzt heute noch weiter nach diesem iPhone-Moment, als Apple 2007 das iPhone vorstellte, damit einige Mitbewerber vom Markt fegte und die Art und Weise veränderte, wie wir miteinander interagieren. Wir haben heute eine Industrie, die eigentlich im besten Sinne inzwischen eine etablierte Industrie mit ihren Dienstleistungen und Produkten ist.
Aber man will sich von diesem Geist des iPhone-Moments nicht lösen. Wir haben Player wie Zuckerberg, Musk und so, die damals noch junge Wilde waren. Und die, ich glaube, nicht so ganz akzeptieren können, dass sie nicht mehr die jungen Wilden sind. Man hat ja viel versprochen in den letzten Jahren: Uber wollte das Fahren revolutionieren und ist jetzt eine Art Taxi-Vermittlungsunternehmen geworden.
Airbnb ist zwar gut für die Vermittlung von Ferienwohnungen, aber Hotels gibt’s immer noch, also auch da keine Revolution. Worauf man sich jetzt schon seit einigen Jahren eingeschossen hat, das sind die Übersetzer. Für eine Industrie, die von dem Geist lebt, Dinge quasi kaputtzumachen, wäre es ein großer Erfolg, so muss man das leider sagen, wenn man jetzt einen ganzen Berufsstand in die Knie zwingen würde.
Natürlich kündigt man das mit diesem Pathos an, man will ja die Welt verändern, sie verbessern und Sprachbarrieren niederreißen. Ich glaube, solche Aussagen wie von Herrn Laguna, solche Erzählungen haben ihre Wurzeln darin. Aber wir haben ja schon in der Vergangenheit gesehen, dass diese großen Ankündigungen häufig als Bettvorleger gelandet sind.
Wenn auf die Beispiele in der Einleitung sehe, dann fällt mir ein, dass der der deutsche „Dolmetscher“ im englischen der „Interpreter“ ist. Interpretiert die KI oft mehr als man will?
Das, was wir KI nennen, ist im Grunde ist eine komplexe Statistik. Die schaut in alten Daten nach, welche Übersetzungsmuster es vorher gegeben hat. Und da kann es manchmal zu ganz seltsamen Effekten kommen. Ich nehme mal mein Lieblingsbeispiel, den Wohnberechtigungsschein. Der zeigt uns gleich mehrere Probleme auf, über den spreche ich schon seit etwas mehr als einem Jahr.
Ich habe in der Zeit verfolgt, wie die verschiedenen Übersetzungstools mit dem umgehen. Google Translate übersetzt den bis heute ins Englische als „residence permit“, also als Aufenthaltsgenehmigung. Als wäre das quasi ein Schein, der mich überhaupt dazu berechtigt, irgendwo zu leben. Das liegt an dem Problem, dass wir im Englischen keinen feststehenden Ausdruck dafür haben.
Diese Statistik versucht, irgendwie einen Näherungswert aus kontextuellen Daten zu berechnen. Sie landet dann bei einem Ergebnis, das vielleicht irgendwie so klingt, als sei es in der Nähe, aber einen ganz anderen Effekt hat.
Bei DeepL hat es sich über die Zeit verändert, das fand ich ganz interessant. DeepL schlägt einem oft mehrere Varianten vor, eine davon ist nach wie vor „residence permit“. Die aktuell vorgeschlagene Top-Variante habe ich auf der Webseite der Stadt Leipzig wiedergefunden: Es gibt im Internet verschiedene Übersetzungen von Wohnberechtigungsschein ins Englische. Leipzig hat eine sehr explizite gewählt, die rückübersetzt etwa heißt „Bescheinigung über die Berechtigung zu einer Sozialwohnung“.
Das zeigt uns aber noch ein anderes Problem, welches wir häufig beim Übersetzen haben. Das erste Problem ist der Ausgangstext, dieser und auch Ausgangsbegriffe darin sind häufig vage, mehrdeutig, vielleicht falsch oder stilistisch schlecht. Was heißt denn Wohnberechtigungsschein? Wenn ich das nicht weiß, dann kann ich dahinter sehr viel vermuten. Wenn man gute Spracharbeit machen würde, würde man sagen: Suchen wir vielleicht ein anderes Wort im Deutschen, damit unsere Bürger den Begriff besser verstehen können.
Die Aufgabe von Übersetzern und Dolmetschern ist dennoch, eine Interpretation, wie Sie sagen, zu finden, mit der ich mein Zielpublikum auch wirklich erreiche. Die KI macht das nicht. Vielleicht ein anderes Beispiel: Wir schauen samstags gerne ab und zu diese Renovierungssendungen. Man hat eingekauft, man hat geputzt, die Dinge sind erledigt, man setzt sich mit einem Kaffee hin und lässt sich ein bisschen berieseln.
Der deutsche Ton wird da ja drüber gesprochen, das heißt, man hört das englische Original im Hintergrund. Ich kann mich an eine Szene erinnern, da kommt jemand ins renovierte Haus rein und man hört, wie die Person auf Amerikanisch aufgeregt immer wieder „awesome, awesome, awesome“ ins Mikrofon ruft. So funktionieren Sie nicht und so funktioniere ich nicht, und die meisten unserer Mitbürger wahrscheinlich auch nicht. Wir fänden das überkandidelt.
Der deutsche Text, der drüber gesprochen wird, lautete in etwa „Dieses Zimmer sieht schon ganz anders aus“. Das ist ein deutsches Lob! Die KI hätte da sowas wie „Toll, toll, toll“ daraus gemacht, das funktioniert aber eben bei uns nicht so gut. Das ist Teil der menschlichen Kompetenz, sich zu überlegen: Wie muss ich das interpretieren und wie muss ich das dann passend rüberbringen.
Rafael Laguna meinte, menschliche Übersetzer braucht man vielleicht noch für Literatur. Auch als Journalist, man muss kein Schriftsteller sein, will man oft etwas sprachlich verstärken – wie im Beispiel mit „Maschinenjob“. Das soll etwas ausdrücken, was die KI dann nicht erkennt. Ist das nur eine Frage der KI-Weiterentwicklung?
Rafael Laguna hat ja selbst im Interview darauf hingewiesen, dass die Systeme, die gerade im Einsatz sind, alle im Grunde auf derselben technologischen Grundlage aufbauen.Mit der sehe ich nicht, dass wir eine substanzielle Verbesserung kriegen, trotz aller Versprechungen. Und wenn man ehrlich ist: Ich glaube, auch die Ingenieure selbst sind schlau genug, das zu wissen.
Ich war vor kurzem als Zuhörer bei einer Veranstaltung, bei der ging es um KI als Vermittlungswerkzeug im Krankenhaus. Da waren ein paar Firmen, die haben vorgestellt, was sie aktuell an Produkten haben. Schon einfache vorgeführte Übersetzungsbeispiele waren allerdings nicht unproblematisch. Und dann kam aus dem Publikum mehrfach die Frage: Wie ist es denn mit der Haftung? Wer haftet denn bei Fehlern in der Übersetzung? Da wurde es ganz still.
Als sich endlich jemand regte und etwas dazu sagte, hieß es: Na ja, also eine 100 % korrekte Übersetzung kann man jetzt nicht immer erwarten. Diese Firmen werden eine Haftung natürlich ausschließen und werden sagen: Am Ende muss da ein Mensch sitzen, der entscheidet, ob das, was herauskommt, brauchbar ist oder nicht.
Ich sehe also keine große Veränderung kommen, ich sehe aber noch eine ganz andere Gefahr, auf verschiedenen Ebenen, auch was die KI-Wirtschaft selbst angeht. Das, was wir jetzt erleben, was die KI-Wirtschaft jetzt macht, das fußt ja auf einer sehr günstigen Ausgangslage. Wir haben jetzt schon einige Jahrzehnte Digitalisierung hinter uns. Wir haben viele Daten im Internet, die sich manche Unternehmen auch einfach mal, ich sage mal, ohne zu fragen gegriffen haben.
Wir kennen zum Beispiel das Thema bei den Grafikern und Designern, wo es auch Klagen vor Gericht gab, weil man, ohne Rückfragen und ohne dafür zu bezahlen, Bilder zum Trainieren von Bildgeneratoren verwendet hat. So ist es ja auch bei diesen Übersetzungsprogrammen. Da waren viele Übersetzungen im Netz verfügbar, die über Jahrzehnte von Menschen gemacht wurden.
Oft wurden von hochausgebildeten Menschen hochqualitative Daten geschaffen. Die hat man in den letzten Jahren genommen und damit gute Systeme, die man dann monetarisieren konnte, trainiert.
Was passiert, wenn ich jetzt sage: Übersetzer und Dolmetscher braucht es morgen nicht mehr? Nun sind Übersetzer und Dolmetscher keine Datenlieferanten, aber wenn man es mal aus der Perspektive der KI-Wirtschaft so betrachtet, wie sieht das in der nahen Zukunft aus? Sprache verändert sich ständig.
Ein Übersetzungsprogramm funktioniert nur gut, wenn ich für den bestimmten Sachverhalt gute Trainingsdaten hatte. Wer wird die Daten denn in Zukunft produzieren, wenn man mit seinem Gerede dafür sorgt, was man ja heute schon beobachten kann, dass zum Beispiel viele Studieninteressierte wegbleiben, weil sie sagen: Ach, Übersetzen, Dolmetschen, das lohnt sich nicht mehr.
Die KI-Wirtschaft sägt wirklich an ihrem eigenen Ast, auf dem sie sitzt. Ich glaube, bei einigen ist die Erkenntnis schon durchgedrungen, aber in der öffentlichen Kommunikation hört man davon leider noch nichts.
Es ist also mehr die Förderung des Geschäftsmodells, als der tatsächliche Stand, um es freundlich auszudrücken?
Freundlich ausgedrückt, ja. Ich würde mich freuen, mit den Entsprechenden in den Dialog zu treten. Denn was fehlt, ist, dass sich mal jemand aus der KI-Wirtschaft mit einer großen Reichweite vorne hinstellt und sagt, natürlich braucht es immer noch menschliche Dolmetscher und Übersetzer. Kommen wir damit auf Herrn Laguna zurück, er leitet die Agentur für Sprunginnovationen.
Die ist ja dafür da, um dem Wirtschaftsstandort Deutschland Gutes zu tun. In Deutschland leben Menschen mit vielen verschiedenen Herkünften, wir haben die meisten Nachbarn in Europa, wir haben eine Wirtschaft, die auf Export getrimmt und angewiesen ist. Durch ein Gerede wie in jenem Video, welches auch in der Politik wiederholt wird, wird ein Zustand hergestellt, in dem wir Kompetenzen verlernen.
Beispielsweise wollte Ministerpräsident Kretschmann die verpflichtende zweite Fremdsprache in den Schulen in Baden-Württemberg abschaffen. Durch sowas machen wir unser Land kulturell, wirtschaftlich und technologisch ärmer. Und das sehe ich als ganz großes, auf uns zukommendes Problem.
Sie haben das jetzt aus dem Mund genommen, ich persönlich sehe bei KI immer das Problem des deskillings. Wir verlernen grundlegende Fähigkeiten. So schön es ist, wenn ich mit einem Tool auf dem Smartphone in China nach dem Weg zum Bahnhof fragen kann. Wenn ich mich zu sehr darauf verlasse, verliere ich die Fähigkeit, mit anderen Sprachen umzugehen?
Also das haben wir schon auf weiter Flur. Die Programmierer beschweren sich ja schon. Sie sagen: Einstiegsjobs gehen verloren, weil man meint, das kann die Maschine besser. Aber wer sind denn dann später die geübten Senior-Programmierer, die die richtig schweren Probleme bearbeiten? Jetzt ist es so, um auch auf den Punkt Tool auf dem Handy zurückzukommen, die Digitalwirtschaft hatte ihre Erfolge und das ist toll.
In bestimmten Situationen, ob ich jetzt in Urlaub bin oder ob ich um jemanden zu besuchen im Krankenhaus bin und erst mal nur eine Basis-Info brauche, dass ich eine App habe, die mir in solchen, ich nenne es mal risikoarmen Situationen, aushilft. Das Problem des Verlernens, das haben wir ja eben schon angerissen, ist aber eine weitergehende Frage. Ich glaube, was dadurch noch prävalenter wird, ist die Frage, welche Sprachenstrategie wir überhaupt in den Schulen haben, auch wie wir mit digitalen Tools in den Schulen umgehen, aber auch sonst, deutschlandweit.
Wir haben in den meisten Bundesministerien Übersetzungsabteilungen, wir haben das Bundessprachenamt für die Bundeswehr. In den Gerichten, in den Krankenhäusern wird ja tagtäglich mit Übersetzung, Dolmetschen gearbeitet, aber man macht das nicht selten so ein bisschen von der Hand in den Mund. Eine ich nenne es mal Sprachenstrategie, wie sie zum Beispiel die Europäische Union hat, die fehlt bei uns fast völlig.
Wenn man außerdem sicherstellen will, dass wir diesbezügliche Kompetenzen nicht verlernen, dann müsste man sich eigentlich einmal hinsetzen und sagen, wir müssen konsequent durchdenken, wie ist das denn mit Sprach- und Kulturmittlung, wie wollen wir das auch weiter in unserer Gesellschaft fördern?
Im ersten unserer Interviews kritisierten Sie, dass die Maschine hat kein Verständnis davon, was Geschlecht ist, was Stereotype sind hat. Ich habe die Beispiele von damals nochmal durchgespielt. Es hat sich verbessert. Im Beispiel mit dem „sexy dancer“ erkennt die KI das Geschlecht, allerdings gibt es nach wie vor Unstimmigkeiten. Ist das Problem gelöst?
Ich habe das auch über die Zeit immer mal wieder probiert und Beispiele, die ich am Anfang probiert habe, die funktionieren jetzt. Neue Beispiele funktionieren aber wieder nicht, denn es ist ja nicht so, wie man oft in dieser Metapher redet, dass das Programm etwas versteht oder etwas hat verstanden hat, das tut es ja nicht. Es braucht ganz viele Trainingsdaten, die diese Statistik dahin verschieben, dass sie bestimmte zum Beispiel Stereotype nicht mehr reproduziert. Was das Ganze sehr teuer macht.
Um auf Ihre Frage zurückzukommen, wird das denn in ein paar Jahren einfach so besser werden? Herr Laguna hatte ja selber gesagt, dass es dafür einen ganz anderen Algorithmus bräuchte. Und der wartet ja angeblich immer hinter der nächsten Ecke. Was man aber nicht sieht ist, wie viel Entwicklung da reingesteckt werden muss, was das kostet. Um eine Beispielzahl zu nennen: OpenAI hat im ersten Halbjahr dieses Jahres etwa 13 Milliarden Dollar Verlust gemacht.
Man denkt immer, es sind nur ein paar Programmierer, die da sitzen. Nein, bei KI steht K für die Maschine, so interpretiere ich das, und I ist die menschliche Intelligenz, die da einfließt. Das sind hauptsächlich eben nicht Programmierer, sondern Übersetzer, Dolmetscher, Grafiker, Designer, Rechtsanwälte und so weiter, die die hochqualitativen Daten für das Training der Maschine produzieren.
Wir haben allerdings noch keinen Weg, der Maschine beizubringen wie unsere Welt aussieht, was Geschlecht ist, was Herkunft ist. Die Maschine versteht ja noch nicht mal, was ein Computer ist, davon hat die gar keine Vorstellung. Wir kommen gerade in so eine Phase, wie wir sie zum Beispiel in den 2000ern schon mal hatten, als man versuchte, sogenannte regelbasierte Systeme, also strukturierte Weltmodelle mit Statistik zusammenzubringen. Das funktioniert bis zu einem gewissen Grad, aber wir haben immer noch keine Maschine, die wirklich die Welt versteht und Welterfahrung hat.
Übrigens, dieselbe Art von Kritik hat Herr Laguna angebracht. Er sagte in etwa, dass manche Definitionen von Intelligenz, die man da heranzieht, um KI als intelligent zu bezeichnen, fragwürdig sind.
Wäre Ihr Resümee also: Übersetzer und Dolmetscher wird es wahrscheinlich weiterhin geben, der Berufsstand wird sich aber ändern?
Da würde ich noch ganz kurz abschließend einhaken, wenn Sie sagen, der Berufsstand ändert sich. Wir haben einige Veränderungen in der letzten Zeit. Das Feld wurde schon seit, man kann sagen, den späten 90ern in der Breite konsequent durchdigitalisiert. Was ganz interessant ist, es gibt zu aktuellen Veränderungen unterschiedliche Berichte, es gibt eine etwas pessimistischere Marktstudie, aber auch eine etwas optimistischere Absolventenstudie.
Zum Beispiel ist neu, dass die Leute inzwischen eher in die Anstellung als ins Freiberufliche gehen. Also, dass Dinge in die Firmen zurückgeholt werden, die man früher an Freiberufler herausgegeben hätte. Die Freiberufler leiden jedoch gerade ziemlich, auch wegen des Preisdrucks, den Kunden mit Verweis auf KI erzeugen. Wir haben außerdem ganz neue Prozesse, wir haben sehr viel digital vermittelte Kommunikation, auch im Technischen, Medizinischen und so weiter. Auch da gibt es viel Kreatives zu tun, nicht nur im Literarischen.
Es ist eine Entwicklung, bei der ich mich insgesamt mit Vorhersagen schwertue, die hier und da einem auch durchaus Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Aber was ganz klar ist: Wir brauchen menschliche Kompetenz. Es braucht Studierende, es braucht Absolventen. Wir brauchen den Dialog mit der KI-Wirtschaft. Ich denke, da sind ein paar Dinge noch nicht ganz durchgedrungen.
Und ich würde mir wünschen, um vielleicht mein Abschlussresümee daraus zu machen, dass man von diesem Glaubenssatz „move fast and break things“ vielleicht mal wegkommt. Ein Vorschlag von mir wäre, wie wäre es denn mit „innovate and improve“? Also etwa „denke neu und verbessere“. Dafür braucht es einen Dialog. Und dazu lade ich auch Herrn Laguna sehr gerne ein.
Ein würdiges Schlusswort, Herr Czulo. Ich bedanke mich für das Gespräch.
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