Das war wirklich ein harter, langer und zäher Kampf bis zu diesem Donnerstag, 3. November, als das sächsische Wissenschaftsministerium vermeldete: Die Pharmazeutenausbildung an der Universität Leipzig bleibt bestehen. Ende 2011 war sie in die Kürzungsstrudel an der Uni Leipzig geraten, weil der Universität ein großes Paket von über 300 zu streichenden Dozentenstellen aufs Auge gedrückt wurde. Jetzt wird mit dem sächsischen Doppelhaushalt 2017/2018 die Weiche umgelegt.

Die Einigung der Koalitionsfraktionen von SPD und CDU sieht vor, dass dafür das Pharmaziestudium mit der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig umgesetzt wird und ein bundesweit einmaliger Modellstudiengang entstehen soll, der von den universitären Gremien noch im Detail zu beschließen sein wird. Insgesamt sind dafür bis zu 3 Millionen Euro pro Jahr nötig.

Zunächst kommen im Jahr 2017 1,5 Millionen Euro – vorbehaltlich der Zustimmung des Sächsischen Landtags – aus dem sächsischen Haushalt. Diese Summe wird, nach Zustimmung des Landtags, ab 2018 auf jährlich 2 Millionen Euro erhöht. Eine weitere Million Euro wird die Universität Leipzig jährlich aus Eigenmitteln aufbringen müssen. Die Fakultät entwickelt dafür einen universitären Studiengang, der mit dem Staatsexamen abschließt.

Wichtig dabei – und auch der Grund dafür, warum Sachsens Sozialministerinnen immer ihr Veto gegen die Schließung des Studiengangs eingelegt haben: Die Absolventen werden den Bedarf an Apothekern im Freistaat Sachsen decken.

Der Vorschlag entspricht den fachlichen Anforderungen, die sowohl das Wissenschaftsministerium als auch das Sozialministerium in die Verhandlungen eingebracht hatten, betont das Wissenschaftsministerium. Auch war für die Apothekerausbildung ein Kooperationsmodell zwischen der Universität Leipzig und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg geprüft worden. Letztlich hat sich das Leipziger Modell aber als die bessere Lösung für die Zukunft der Pharmazieausbildung herausgestellt.

Sachsens Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange zum nun beschlossenen Modell: „Es ist eine alte Forderung, Medizin und Pharmazie in der Ausbildung zusammenzuführen. Bundesweit konnte es so noch nicht verwirklicht werden. Dies wird erstmals an der Universität Leipzig gelingen. Sie wird mit ihrer modellhaften Ausbildung im Fach Pharmazie beispielgebend für andere Regionen in Deutschland sein. Denn die Pharmazie profitiert unmittelbar von den neuesten Erkenntnissen der Medizinforschung. Wir gehen damit einerseits neue Wege in der Pharmazieausbildung und sichern gleichzeitig den Fachkräftebedarf der sächsischen Apotheken langfristig. Die Universität Leipzig verfügt dafür über die nötige Kompetenz und die erforderlichen Kapazitäten.“

„Ich freue mich, dass unser Beharren zum Erhalt der Apothekerausbildung in Leipzig am Ende von Erfolg gekrönt worden ist“, zeigt sich auch Barbara Klepsch, Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz erleichtert. „Die gemeinsame Ausbildung von Apothekern und Ärzten unter dem Dach der medizinischen Fakultät bietet die Chance, auch in der Arzneimitteltherapiesicherheit neue gemeinsame Wege zu gehen. Mit dem Vorzeigeprojekt ARMIN, eine sächsisch-thüringische Initiative für mehr Arzneimitteltherapiesicherheit, wurden bereits Maßstäbe in der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern gesetzt. Dies kann nun noch stärker in der Ausbildung von Ärzten und Apothekern verankert und auch wissenschaftlich weiterentwickelt werden.“

„Wir werden ein innovatives Studienmodell verwirklichen, das absoluten Modellcharakter haben kann und eine noch engere Verschränkung zwischen unseren lebenswissenschaftlichen Bereichen und der Medizinischen Fakultät ermöglicht“, begrüßt auch Prof. Dr. Beate Schücking, Rektorin der Universität Leipzig, das nun gefundene Modell. „Dass wir in langen, konstruktiven Verhandlungen mit der Staatsregierung zu dieser Lösung gekommen sind und der Freistaat einen beachtlichen finanziellen Beitrag leistet, freut uns natürlich sehr. Hierfür möchte ich den beteiligten Ministerien und Abgeordneten herzlich danken.“

Und auch der Student_innenRat der Universität Leipzig (StuRa) sowie der Fachschaftsrat Biowissenschaften und Pharmazie (FSR BioPharm) zeigen sich erfreut über die Einigung der Koalitionsfraktionen zum Doppelhaushalt 2017/18.

„Der jahrelange Protest gegen die Schließung der Pharmazie hat sich gelohnt“, findet Lasse Emcken, Referent für Hochschulpolitik des StuRa.

„Wir werden nicht nur einen Modellstudiengang mit bundesweiten Auswirkungen bekommen. Die Hochschulleitung hat nun auch die notwendigen Freiheiten, aber auch die Verpflichtung, die Fehler der vergangenen Jahre rückgängig zu machen, um die Pharmazie unter einem neuen Dach zukunftssicher neu aufzubauen“, so Carl Vogel, Mitglied des FSR BioPharm.

Die Pharmazie wird ja nicht nur „gerettet“, sie wird eine neue Form bekommen und damit auch moderner werden.

„Die Ausgestaltung des neuen Modellstudienganges, den Wiederaufbau pharmazeutischer Kompetenzen an der Universität Leipzig sowie die Auswirkungen der Kooperation mit und innerhalb der Medizinischen Fakultät werden wir bis ins Detail verfolgen“, betont Felix Ramberg, ebenfalls Referent für Hochschulpolitik des StuRa. „Das Rektorat hat nun eine für sächsische Verhältnisse einmalige Chance zur aktiven hochschulpolitischen Gestaltung. Diese muss genutzt werden: Eine weitere Chance wird es nicht geben!“

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