Die Universität Leipzig hält weiter an Präsenzveranstaltungen und ihrer seit Beginn des Wintersemesters bestehenden 3G-Regelung fest. Das entschied der Corona-Krisenstab, der gestern tagte. Einige Lehrkräfte haben in den vergangenen Wochen eigenständig auf Online- oder Hybrid-Lehre umgestellt und sprechen sich auch jetzt dafür aus.

Universität will Präsenz weiterhin ermöglichen

Die Universität Leipzig reagiert mit einer minimalen Verschärfung ihrer Corona-Maßnahmen auf die seit gestern geltende sächsische Notfallverordnung. Ab sofort soll die bereits seit Längerem gängige 3G-Regelung schärfer kontrolliert werden. Außerdem dürfen nur noch maximal 100 Personen an Lehrveranstaltungen in größeren Hörsälen teilnehmen.In einer Rundmail an Studierende betonte Prorektor Thomas Hofsäss gestern, dass die Universität weiterhin Präsenzlehre ermöglichen möchte. „Gemeinsam sorgen wir dafür, dass Sie an der Alma mater Lipsiensis ihr Studium in Präsenz durchführen können“, so Hofsäss.

Sollten Lehrkräfte ihre Veranstaltungen ins Digitale verlegen wollen, müsse dies mit der Fakultätsleitung und den Studierenden abgestimmt werden. Dozierende sind zudem dazu angehalten, ihre digitalen Veranstaltungen im selben Zeitraum wie die ursprüngliche Präsenzveranstaltung abzuhalten.

Studiumsbezogene Beratungen, die von universitätseigenen Institutionen angeboten werden, sollen ab sofort ausschließlich digital stattfinden. Das betrifft zum Beispiel die Studienbüros und Prüfungsämter. In den Bibliotheken herrscht weiter Maskenpflicht, auch am Arbeitsplatz. In den Hochschulgebäuden und in Präsenzveranstaltungen ist das Tragen einer medizinischen Maske ebenfalls obligatorisch.

Die Universität Leipzig hält also grundlegend an den bisherigen Regelungen fest, die seit Beginn des Wintersemesters 2021/22 Anfang Oktober herrschen. Nach drei Semestern fast ausschließlich digitaler Lehre liegt die Priorität der Universitätsleitung eindeutig darauf, Präsenzunterricht und einen halbwegs normalen Hochschulbetrieb mit offenen Bibliotheken und Mensen so lange wie möglich aufrechtzuerhalten.

Die gestern verkündeten Regelungen sollen vorerst bis zum 12. Dezember gelten, so wie auch die aktuelle sächsische Corona-Notfallverordnung.

Ende letzter Woche hat die Universität Bereiche eingerichtet, in denen Studierende und Mitarbeitende kostenlose Schnelltests vor Ort selbst durchführen können. Die beiden Testzentren befinden sich im Bistro der Mensa am Park am Campus Augustusplatz und in der Cafeteria am Elsterbecken auf dem Campus Jahnallee. Ein drittes soll am Mittwoch in der Johannisallee eingerichtet werden.

Sorge vor kurzfristigen Ansagen des Rektorats

In der vergangenen Woche machte sich in so manchen Seminaren und Hörsälen bereits eine drückende Stimmung breit: Besuche ich gerade womöglich meine letzte Präsenzveranstaltung dieses Semester? Sitze ich gerade zum letzten Mal dieses Jahr in der Bibliothek? Solche und ähnlich Fragen wurden unter den Studierenden ausgetauscht.

Als nach und nach wichtige Großevents abgesagt wurden und die sächsische Regierung von einem „Wellenbrecher“ zu sprechen begann, mutmaßten auch Lehrkräfte, Verwaltungsangestellte und Studierende der Universität, dass der universitäre Betrieb bald noch stärker eingeschränkt würde.

Besonders tat sich die Sorge vor einer erneut sehr kurzfristigen Ansage des Rektorats hervor, die Studierende und Dozierende in Planungsstress bringen könnte. „Wenn die sächsische Staatsregierung sich morgen überlegt, einen dreiwöchigen Lockdown zu verhängen, wie lange dauert es, bis die Uni Leipzig kommuniziert, wie dieser bei uns umgesetzt wird?“, fragte ein Twitter-Nutzer, der laut seiner Profilbeschreibung an der Uni Leipzig promoviert, am vergangenen Donnerstag.

Mehrere Lehrkräfte sprechen sich für digitale Lehre aus

In Anspielung an die gewohnt kurzfristigen Maßnahmenankündigungen des Rektorats bezeichnete Silke Horstkotte, Außerordentliche Professorin am Institut für Germanistik, den gestrigen Montag auf Twitter als „Kaninchen-starrt-auf-Schlange-Tag“. Wie sie erwarteten tausende Dozierende und Studierende mit Spannung die finalen Ansagen des Rektorats bezüglich neuer Corona-Maßnahmen an der Universität. „Wobei dieses Kaninchen hofft, dass die Schlange auch Biss hat…“, so Horstkotte. Viel Biss hatte die Schlange nicht, betrachtet man die gestrige Entscheidung der Universitätsleitung.

Die Literaturwissenschaftlerin deutet damit an, dass sie eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen an der Uni befürwortet, auch wenn die neue Notfallverordnung für Hochschulen keine explizit neuen Einschränkungen vorsieht. Auf Nachfrage erläuterte Horstkotte, welche zusätzlichen Maßnahmen sie sich an der Universität wünscht: Einerseits Hybridausstattung in allen Seminarräumen, die es Angehörigen vulnerabler Gruppen oder Personen in Quarantäne ermöglichen könnte, digital am Präsenzseminar teilzunehmen.

Andererseits schlägt Silke Horstkotte die 2G+-Regelung für Präsenzveranstaltungen vor. Das würde bedeuten, dass nur Personen an Seminaren und Vorlesungen teilnehmen dürfen, die geimpft oder genesen sind und zusätzlich einen tagesaktuellen, negativen Schnelltest vorweisen können. „Das sind aber unrealistische Wünsche“, fügt die Germanistin hinzu. Die gestrige Rundmail an Studierende und Mitarbeitende bestätigte Horstkottes Einschätzung.

Unverständnis für Beibehalten der Regelungen

In den vergangenen zwei Wochen haben bereits mehrere Lehrkräfte der Universität ihre Veranstaltungen eigenverantwortlich und oft schweren Herzens in den Online-Bereich verlegt. In einigen Studiengängen, beispielsweise im Journalismus-Master, wurde am Montag die erneute Komplettumstellung auf Digitalformate bekanntgegeben. In einigen Fällen haben Dozierende aus eigenem Antrieb den Mehraufwand der Hybridlehre auf sich genommen, um allen Studierenden die Option zu geben, bei den hohen Infektionszahlen vom heimischen Schreibtisch aus an der Veranstaltung teilzunehmen.

Franziska Naether, Dozentin am Ägyptologischen Institut, hält ihr Blockseminar dieses Semester digital ab. „Ich habe zwei Mal acht Stunden Blockseminar plus Kollegin, die aus Berlin kommen müsste – nix gibt’s, digital it is.“ Die Entscheidung sei ihr nicht leichtgefallen, da ein Teil der Lehrveranstaltung eigentlich vor Ort im Ägyptischen Museum hätte stattfinden sollen, schreibt Naether auf Twitter.

Auch in einigen studentischen Kreisen gibt es den Wunsch nach schärferen Corona-Regelungen und mehr Digitallehre in Anbetracht der aktuellen Corona-Fallzahlen. Quentin Kügler, Student der Uni und Stadtbezirksbeirat für die Grünen, kann das Festhalten der Universität an ihren bisherigen Regelungen nicht nachvollziehen. Dass die Unileitung trotz steigender Inzidenz und Teil-Lockdown auf Präsenzlehre pocht und für digitale Formate bürokratische Hürden aufrechterhält, „dafür habe ich wenig Verständnis“, schreibt der 22-Jährige auf Twitter.

Noch weniger Sitzplätze in den Mensen

Auch das Leipziger Studentenwerk reagiert auf die neue sächsische Corona-Notfallverordnung. Mensen und Cafeterien bleiben zwar geöffnet, doch die im Vergleich zu Nicht-Pandemiezeiten bereits eingeschränkte Sitzplatzanzahl wird noch einmal reduziert. Zwischen allen Stühlen muss gemäß der seit gestern geltenden Verordnung und der Allgemeinverfügung von Hygieneauflagen ein Abstand von mindestens 1,5 Metern sein.

Als nicht-öffentliche Einrichtungen sind die Mensen und Cafeterien der Studentenwerke von der 3G/2G-Regelung ausgenommen. Bereits seit Längerem geltende Maßnahmen wie die Kontaktnachverfolgung bleiben bestehen, auch wenn in der Praxis in der Regel zu beobachten ist, dass die Studierenden und das Hochschulpersonal sich weder per QR-Code über die Corona-Warn-App einloggen, noch einen der ausliegenden Datenerfassungsbogen ausfüllen.

„Wir bitten euch also ausdrücklich, die Stühle und Tische nicht zusammenzurücken und euch an die Abstandsregelung zu halten“, schreibt das Studentenwerk auf seinem Instagram-Kanal. Nur so könnten die Mensen weiterhin geöffnet bleiben und der Infektionsschutz sowohl von Mensa-Gästen als auch von Mitarbeiter/-innen gewährleistet sein.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Luise Mosig über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar