Er prägte das Stadtbild Leipzigs wie kein Zweiter: Zahllose Bauten und Denkmäler in der Messestadt gehen auf den Architekten Hugo Georg Licht (1841–1923) zurück, der hier ab 1879 die Leitung des Hochbauamtes innehatte und Stadtbaurat wurde. Anlässlich seines 100. Todestages wurden die Urnen von ihm und seiner Ehefrau Clara (1848–1913) auf dem Leipziger Südfriedhof am Dienstag feierlich umgebettet. Der Hintergrund hat auch mit der DDR zu tun.

Neues Rathaus, Immanuel-Kant-Gymasium, altes Grassimuseum (heute Stadtbibliothek), Möckernsche Kasernen, Predigerhaus am Nikolaikirchhof, alte Johanniskirche (später zerstört), Polizeipräsidium … was haben all diese Gebäude – und sie stellen nur eine höchst bescheidende Auswahl dar – gemeinsam?

Sie alle wurden durch Hugo Georg Licht entworfen, einem Architekten und Baurat, welcher der Stadt Leipzig zu Zeiten des Kaiserreichs maßgeblich zu ihrem heutigen Erscheinungsbild verhalf. Doch zugleich offenbart die Vita des umtriebigen Baurats und seiner Familie bei Weitem nicht nur Freudvolles.

Ohne Ausschreibung direkt ins städtische Amt

Hugo Georg Licht wurde am 21. Februar 1841 in Nieder-Zedlitz (Provinz Posen) geboren, durchlief seine Ausbildung in einem Berliner Architekturbüro, besuchte als junger Mann auch die Bauakademie und erweiterte seinen Horizont durch Reisen unter anderem nach Italien, Frankreich und England.

1870 heiratete er die Industriellentochter Clara Heckmann. 1871–1879 folgte eine freiberufliche Tätigkeit Lichts in Berlin, wo sich die Trauerhalle auf dem Jüdischen Friedhofs in der Herbert-Baum-Straße als eines seiner Werke erhalten hat.

Porträt Hugo Licht.
Architekt und Baurat Hugo Licht (1841–1923). Foto: gemeinfrei

1879 wurde Licht dann, ohne öffentliche Ausschreibung, zum Leiter des Leipziger Hochbauamtes mit dem Titel Stadtbaudirektor berufen – maßgebend soll dabei der Einfluss des Leipziger Oberbürgermeisters Otto Robert Georgi (1831–1918) gewesen sein.

Seiner neuen Aufgabe in Leipzig widmete sich Licht, der in Berlin zuvor als Unternehmer in Schwierigkeiten geraten war, offenbar sehr intensiv, er und sein gut bezahlter Mitarbeiterstab zeichneten für fast alle kommunalen Gebäude im Leipzig des späten 19. Jahrhunderts verantwortlich.

Dabei gilt sein Stil als weitgehend dem Historismus verpflichtet – einer Strömung der Architektur, die besonders auf Baustile der Vergangenheit zurückgriff und im Kaiserreich bis zur Zeit um 1900 maßgeblich war.

Beim Architektenwettbewerb um den Bau des Neuen Rathauses setzte er sich gegen Dutzende Mitbewerber durch und realisierte das Lebenswerk zwischen 1899 und 1905, für den anspruchsvollen Job ließ er sich von anderen Pflichten freistellen. Von 1908 bis 1912 krönte der gealterte Hugo Licht das Großprojekt noch mit dem Bau des Stadthauses.

Das Familienleben war weniger rosig

Weniger glanzvoll und steil als die berufliche Laufbahn verlief das familiäre Leben von Hugo Licht, dessen einziger Sohn bereits mit knapp zwei Jahren verstorben war. Im Frühjahr 1911 erlag eine der vier Töchter mit nur 36 Jahren in der Schweiz wahrscheinlich einem Tuberkulose-Leiden, sie fand ihre letzte Ruhestätte in einem eingerichteten Familiengrab auf dem Leipziger Südfriedhof.

Mutter Clara Licht nahm den Tod ihres Kindes offenbar ohne Trauer, kühl und distanziert zur Kenntnis – darauf deutet die detailreiche Forschung des Autors Alfred E. Otto Paul, wie er sie in einem Online-Beitrag darlegt: Demnach spricht einiges dafür, dass Clara Licht eine verbitterte Frau war, die sich mit ihrer eigenen Familie überwarf und auch zu ihren Kindern und dem Ehegatten kein liebevolles Verhältnis aufbauen konnte.

Im Juni 1913 verstarb sie mit 65 Jahren, der Leichnam wurde eingeäschert. Ihr Mann verbrachte auch den eigenen Lebensabend als Witwer in Leipzig und starb knapp zehn Jahre nach Clara am 28. Februar 1923, eine Woche nach seinem 82. Geburtstag. Seinen letzten Wohnsitz hatte der Pensionär in der Leibnizstraße.

Dem DDR-Anspruch zum Opfer gefallen

An dem Ort, den er auch selbst an der Seite des Gartendirektors Carl Otto Wittenberg (1834–1918) mit entworfen hatte, nämlich dem imposanten Leipziger Südfriedhof, wurde die Urne von Hugo Licht nach seinem Tode im März 1923 beigesetzt.

Doch der omnipräsente Gestaltungsanspruch der späteren SED-Diktatur machte selbst vor Friedhofstoren keinen Halt – und so kam es, dass für die Errichtung des „Sozialistischen Ehrenhains“ auf Geheiß der DDR-Machthaber hunderte Gräber ohne Rücksicht weichen mussten.

Das Licht’sche Grabmal wurde Mitte der achtziger Jahre von der VII. in die V. Abteilung umgesetzt, die Urnen der Eheleute jedoch nicht. Und so markierte das von Licht selbst entworfene Monument jahrzehntelang ein sogenanntes Kenotaph, ein Scheingrab, das keinen realen Beisetzungsort kennzeichnet.

Umbettung am Dienstag vollzogen

Das ist seit Dienstag nun anders: Nachdem die Urnen mit der Asche des Ehepaares Licht im Januar geborgen und anhand ihrer Markierungen eindeutig identifiziert werden konnten, erfolgte jetzt endlich die feierliche Beisetzung der Überreste von Hugo und Clara Licht am Standort des Grabmals in der V. Abteilung des Südfriedhofs.

An der kurzen und würdigen Zeremonie nahmen Nachfahren der Familien Licht, deren Angehörige sowie Leipzigs Ordnungsdezernent Heiko Rosenthal (Linke) teil.

Passend zum 100. Todestag von Hugo Licht wurde am Abend dann noch eine kommentierte Ausgabe der Tagebücher seiner Ehefrau vorgestellt. Sie gewähren einen faszinierenden Einblick in das Seelen- und Alltagsleben von Menschen in Leipzig zwischen 1882 und 1912, einer Metropole, die gerade den unumkehrbaren Weg zur industriellen Großstadt beschritt. Und was will man sonst noch sagen? Manchmal finden die Dinge im Dickicht der Geschichte doch noch zu ihrem späten Recht.

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