Am 17. Juni jährt sich der Volksaufstand von 1953 zum 70. Mal. Da rücken natürlich die Erinnerungsorte an diesen 17. Juni 1953 in Leipzig wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit. Einer ist besonders versteckt. Den hat die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat mit einem Antrag zum Thema gemacht. Nach Jahren des Dornröschendaseins sollte sich jetzt tatsächlich etwas ändern. Aber irgendwie auch wieder nicht.

„Die Gedenkanlage für die Opfer der Gewaltherrschaft 1945–1989 wird vom Urnengarten Nord in den Eingangsbereich zwischen Nordtor und den ehemaligen ‚Sozialistischen Ehrenhain‘ verlegt. Die Verlegung soll zum 75. Jahrestag des Volksaufstandes am 17. Juni 2028 abgeschlossen sein“, hatte die CDU-Fraktion beantragt.

„Die Gedenkanlage für die Opfer der Gewaltherrschaft 1945–1989 befindet sich in einer der abgelegensten Ecken des Südfriedhofes. Dieser Standort ist völlig unangemessen und bedarf daher einer Veränderung. Im Eingangsbereich zwischen Nordtor und dem ehemaligen ‚Sozialistischen Ehrenhain‘ ist ausreichend Platz vorhanden. Eine Verlegung der Gedenkanlage an diesen prominenteren Ort ist daher angemessen.“

Seit den 1990er Jahren wurde das Anliegen im Stadtrat immer wieder zum Vortrag gebracht. Zuletzt gab es 2017 einen Antrag mehrerer Fraktionen, der auch in einen Beschluss mündete.

Der hat 2023 tatsächlich ein Ergebnis. Das Amt für Stadtgrün und Gewässer, dem auch die Friedhofsverwaltung untersteht, legt jetzt einen Alternativvorschlag vor, der irgendwie Zustimmung signalisiert – und trotzdem unkonkret bleibt.

Ein Vorschlag für die Hauptachse

„Auf Basis der denkmalpflegerischen Zielstellung wird die Stadtverwaltung im 3. Quartal 2023 einen Vorschlag zum weiteren Umgang mit der Hauptachse des Südfriedhofs dem Stadtrat unterbreiten“, schlägt das Amt für Stadtgrün und Gewässer jetzt vor.

Und erstaunlicherweise bestätigt das Amt jetzt auch:

„Die bestehende Grab- und Gedenkanlage liegt zweifelsfrei nicht in einem zentralen Bereich des Südfriedhofes Leipzig. Es handelt sich, entgegen der Formulierung im Antrag, nicht um einen ausschließlichen Gedenkort, sondern auch um einen Bestattungsort. Ursache dafür ist, dass fünf Urnen von Opfern der Gewaltherrschaft bestattet wurden und bei weiteren drei Opfern diese Bestattung vermutlich in dieser ehemaligen Urnengemeinschaftsanlage am Rande des Urnengartens stattgefunden hat.

Um den Bezug zu den bestatteten Opfern aufrechtzuerhalten, ist der Standort dieser Grab- und Gedenkanlage unveränderbar. Die Grab- und Gedenkanlage wurde im Jahr 2017 durch Erneuerung der gärtnerischen Gestaltung sowie Reinigung und Neubeschriftung der Grabmale grundhaft instand gesetzt. Des Weiteren wurde die Gedenkanlage mit einer Erläuterungstafel ausgestattet, durch einen Bankstandort zum Verweilen aufgewertet und in die Wegweisung auf den Friedhofsplänen einbezogen.“

Aber das änderte ja an der versteckten Lage nichts.

Wird das Amt für Stadtgrün und Gewässer die gesamte Anlage jetzt endlich an einen deutlich besser angenommenen Standort auf dem Südfriedhof verlagern?

Vielleicht ein schönes Gedenk- oder Informationselement?

„Bezüglich der Errichtung eines Gedenkortes in dem Bereich zwischen Nordtor und dem ehemaligen ‚Sozialistischen Ehrenhain‘, wird auf VI-A-03265-VSP-01, Beschluss der Ratsversammlung am 18.01.2017, verwiesen. Im Jahr 2018 beauftragte das Amt für Stadtgrün und Gewässer ein externes Büro für Freiraumplanung mit der Erstellung einer denkmalpflegerischen Zielstellung für die Hauptachse zwischen dem Nordtor und dem Trauerhallenkomplex, inklusive des ehemaligen ‚Sozialistischen Ehrenhaines‘“, gibt sich das Amt für Stadtgrün und Gewässer zuversichtlich.

Das dürfte dann auch die CDU-Fraktion überraschen. Fünf Jahre von der Beauftragung einer denkmalpflegerischen Zielstellung bis zur Fertigstellung – das braucht schon eine Menge Geduld und Ausdauer.

Aber augenscheinlich – so deutet es jetzt die Vorlage an – lag das Problem eher in den sehr komplizierten Gesprächen der einzelnen Denkmalschutzbehörden der Stadt und des Landes. Was man dann auch „eng und kooperativ“ nennen kann.

Was das Amt nun als Lösung vorschlägt, scheint nicht wirklich das zu sein, was die CDU-Fraktion beantragt hat.

„Nach enger und kooperativer Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden liegt diese nunmehr vor. Es wird beabsichtigt, im 2. Halbjahr 2023 durch die Ratsversammlung der Stadt Leipzig eine Entscheidung zum weiteren Umgang mit diesem bedeutenden Teil des Südfriedhofes Leipzig herbeizuführen“, kündigt das Amt für Stadtgrün und Gewässer an.

„Die Errichtung eines Gedenk- und/oder Informationselementes wird, wie im Beschluss vom 18.01.2017 ausgeführt, weiterhin mitgetragen. Die Umsetzung wird federführend durch das Dezernat Kultur ausgeführt werden.“

Ein Gedenk- oder Informationselement? Keine Verlegung der ganzen Grabanlage?

Das klingt eher nach dem bewährten Aussitzen des Themas.

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