Es gibt mehrere Orte in Leipzig, die an den Aufstand vom 17. Juni 1953 erinnern – die Straße des 17. Juni 1953 genauso wie eine sehr versteckte Gräberanlage auf dem Südfriedhof. Und – mitten in der City – ein Denkmal, das viele gar nicht wahrnehmen, wenn sie achtlos darüber schlendern: die „Panzerspuren“ im Salzgässchen, die auch immer wieder von Buden und Marktständen zugestellt werden. Das soll sich ändern, beschloss der Stadtrat am 17. Mai.

Den Antrag dazu hatte im März FDP-Stadtrat Sasche Matzke eingebracht. Es war nicht der erste dieser Art. Auch andere Fraktionen hatten sich immer wieder darüber beschwert, dass die ins Pflaster eingelassenen Bronzespuren eines Panzers T34 immer wieder von Marktständen aller Art zugestellt würden.

Angelegt wurde dieses ebenerdige Denkmal im Jahr 2014 in Erinnerung an den Aufstand vom 17. Juni 1953, an dem sich auch tausende Leipziger beteiligten. Es erinnert vor allem daran, dass ohne den Einsatz sowjetischer Armeeeinheiten mit Panzern dieser Aufstand wahrscheinlich nicht niedergeschlagen worden wäre. Dazu saß auch die SED noch fest genug im Sattel. Fotos von den Leipziger Ereignissen zeigen einen solchen Panzer T34 ungefähr an der Stelle, an der sich jetzt das Denkmal befindet.

In Leipzig hatte die Niederschlagung des Aufstands den Tod von acht Menschen zur Folge – sieben Zivilisten und ein Polizist verloren ihr Leben.

Ein angemessener Freiraum

„Das Denkmal für den Volksaufstand am 17. Juni 1953 besteht in Form zweier in den Boden eingelassener symbolischer Panzerspuren und einer Gedenktafel. Aufgrund der prominenten Lage und der Beschaffenheit des Denkmals herrscht an Markttagen und auch zu anderen Veranstaltungen reger Betrieb am und auf dem Denkmal. Eine Würdigung des Denkmals ist dabei allerdings teilweise unmöglich“, hatte Sascha Matzke in seinem Antrag festgestellt.

„Die Aufstellung von markt- bzw. veranstaltungsbezogenen Bauten erfolgt in unmittelbarer Nähe des Denkmals. Teilbauten werden zudem auch auf dem Denkmal platziert. Die Stadt soll daher bei der Planung und Aufstellung im Salzgässchen Sorge dafür tragen, dass um das Denkmal herum ein angemessener Freiraum verbleibt.“

Und so beantragte er: „Um das Denkmal für den Volksaufstand am 17. Juni 1953 in der DDR in Leipzig im Salzgässchen hinter der Alten Handelsbörse wird vom Marktamt bei der Planung von Märkten und Veranstaltungen ein Abstand von zwei Metern beachtet.“

Das Anliegen wurde eigentlich schon ernst genommen, hat das Marktamt dann in seiner Stellungnahme zum Antrag formuliert: „Das Denkmal ‚Panzerspuren‘ für den Volksaufstand am 17. Juni 1953 wurde im Frühjahr 2014 als begehbares Denkmal gewidmet. Seither kommt das Marktamt bei eigenen Märkten und Veranstaltungen der Einhaltung eines Achtungsabstandes von 2 Metern mit Ausnahme zum Leipziger Weihnachtsmarkt nach.“

Achtungsabstand als Teil der Auflagen

Und nicht nur bei Veranstaltungen der Stadt achte man auf einen respektvollen Abstand. Nur die konkrete Entfernung zum Denkmal hat das Marktamt bislang noch nicht festgelegt: „Bei Fremdveranstaltungen Dritter wird die Erlaubnis zur Sondernutzung in Verbindung mit gesonderten Auflagen erteilt. Teil der Auflagen ist die Einhaltung eines ‚Achtungsabstands‘. Dieser wird zukünftig auf zwei Meter festgelegt. Vom Ordnungsamt/VA-Stelle ergehen im Gegenzug versammlungsrechtliche Beschränkungsbescheide konkret für dieses Areal.“

Einzige Ausnahme, so das Marktamt: „Zum Leipziger Weihnachtsmarkt erscheint aus Sicht aller Beteiligten entsprechend dem bewährten Aufbaukonzept der Abstand einer Weihnachtsmarkthütte von ca. 1 m als angemessen.“

Dass das Marktamt bereit ist, so konkrete Vorgaben zu machen, überzeugte auch Sascha Matzke, der am 17. Mai kurzerhand den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung stellte. Und das Ergebnis war dann gar nicht einmal überraschend: Die Ratsversammlung stimmte dem Verwaltungsstandpunkt einstimmig zu. Wer bei Märkten und Veranstaltungen durchs Salzgässchen schlendert, kann also fortan darauf achten, dass der beschlossene Respektabstand zum Denkmal auch tatsächlich eingehalten wird.

Und am 17. Juni wird es auch wieder eine Gedenkveranstaltung an der Stelle geben. Dann jährt sich der Aufstand von 1953 zum 70. Mal.

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