Leipzig hat eine neue Sozialbürgermeisterin und zum ersten Mal eine Ehrenbürgerin. Außerdem fordern Kulturschaffende die Wiedereinführung der Corona-Hilfe, um die Energiekrise bis zur Gaspreisbremse abzufedern, und der Gründer des Nazi-Verlags „Der Schelm“ soll sich nahe Moskau befinden. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 12. Oktober 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Zweiter Anlauf: Leipzigs Stadtrat wählt Martina Münch zur Sozialdezernentin

Nachdem die ehemalige Brandenburger Ministerin Martina Münch (SPD) in der Leipziger Ratsversammlung am 14. September überraschend nicht die nötige Mehrheit bei der Wahl zur Sozialbürgermeisterin erhielt, klappte dies nun in der heutigen Sitzung. Münch bekam 32 Ja-Stimmen, ihr spontan aufgestellter Gegenkandidat von der AfD-Fraktion, Siegbert Droese, zehn Stimmen. 13 anwesende Wahlberechtigte enthielten sich, sieben Stimmen waren ungültig.

Gestern hatten Verwaltungsmitarbeiter/-innen in einem Offenen Brief die Sorge darüber geäußert, welchen Eindruck wohl eine erneute Nichtwahl von Frau Münch hinterließe. Hintergründe und den Ablauf der heutigen Wahl hat Michael Freitag im Liveticker dokumentiert. Überdies hat Channa Gildoni heute als erste Frau die Ehrenbürger/-innenwürde der Stadt erhalten, auch dazu mehr im verlinkten Liveticker.

Leipzigs Kulturszene fordert Wiedereinführung der Corona-Hilfen bis zur Einführung der Gas- und Strompreisbremse

Ein weiterer Offener Brief, der heute relevant war, entstammt der Feder von Leipzigs Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke (Die Linke) und verschiedenen Kulturverbänden wie beispielsweise dem Runden Tisch Leipziger Spielstätten. Darin fordern sie konkret die sächsische Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) und im Allgemeinen die Abgeordneten des Sächsischen Landtags auf, den sächsischen Kulturschaffenden finanzielle Soforthilfe anzubieten.

Hintergrund ist die Energiekrise, die auch Kultureinrichtungen zu schaffen macht. Zurzeit mehren sich die Absagen von Veranstaltungen wie Lesungen oder Konzerten, die eigentlich für den restlichen Herbst und für den Winter angesetzt waren. Als Grund dafür nennt Felsenkeller-Betreiber Jörg Folta einerseits die angespannte finanzielle Lage vieler potenzieller Besucher/-innen, die angesichts steigender Lebenshaltungskosten auf einen Ticketkauf verzichten müssen.

Andererseits nennt Folta die Tatsache, dass Veranstaltungshäuser und Kulturschaffende selbst das wirtschaftliche Risiko, das mit der unberechenbaren Wirtschaftslage einhergeht, nicht tragen können. Hinzu kämen die steigenden laufenden Kosten für Kultureinrichtungen und „prognostizierte drei- bis zehnfache Abschlagszahlungen“.

Die Idee von Jennicke und Co.: Die Förderrichtlinie „Kulturerhalt“, die als Instrument zur Pandemiebewältigung eingeführt wurde, soll erneut geöffnet werden, um die negativen Auswirkungen der Energiekrise abzufedern.

In einem ersten Schritt, so wird in dem Offenen Brief vorgeschlagen, könnte die Förderrichtlinie „Kulturerhalt“ so als Überbrückungshilfe bis zum Greifen der von der Bundesregierung angekündigten Gas- und Strompreisbremse dienen. In einem zweiten Schritt könnte der Szene geholfen werden, indem der Freistaat die Inflation bei den zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel für Kultur berücksichtigt. Nur so könnten „Tragfähigkeit und Wirkungsradius“ der Kultureinrichtungen ihr Qualitätsniveau beibehalten.

Drittens fordern die Kulturvertreter/-innen, mehr Personal bei der Sächsischen Aufbaubank einzustellen, damit Anträge künftig schneller bearbeitet werden können.

Neue Doku über den „Schelm“


„STRG F“ bleibt dran, allerdings ohne große Neuigkeiten. Der öffentlich-rechtliche YouTube-Kanal hat sich zum zweiten Mal mit dem noch immer im Netz existierenden „Schelm“-Verlag befasst und fragt in der am 11. Oktober 2022 erschienenen Reportage nach dem Umgebungs-Netzwerk rings um den neofaschistischen Kleinverlag mit Wurzeln in Leipzig.

Dabei berichten die Reporter, was LZ-Leser/-innen bereits wissen: dass sich gesamt fünf Verdächtige, darunter der Leipziger Neonazi Enrico B., als „kriminelle Vereinigung“ mit dem Versand antisemitischer und volksverhetzender Schriften befasst haben und alle derzeit trotz laufender Ermittlungen und Razzien wieder auf freiem Fuß sind. Diese besuchen die Berichterstatter, doch alle Angesprochenen ergreifen die Flucht, reden will keiner.

Neu ist, dass sie die Bestätigung erhalten, dass sich der Verlagsgründer und per internationalem Haftbefehl gesuchte Adrian Preißinger in der Nähe von Moskau aufhalten soll, merkwürdigerweise jedoch Bücher für den noch immer existierenden Schelmverlag neuerdings aus einer Londoner Adresse heraus versandt werden.

Wenig überraschend bei Preißinger: Auch diese Londoner Adresse ist nur eine Tarnung, bei einem Besuch stellt sich der angebliche Versandsitz als „airbnb“-Angebot heraus – von den „Schelmen“ keine Spur.

Darüber hinaus zeigt die neue Doku alte schwarz-weiße Filmeinblicke in die „Gesellschaft für freie Publizistik“, welche seit den 60er Jahren für den Vertrieb von neofaschistischer Literatur kämpft. Bis heute, wie ein Besuch der „STRG F“-Redakteure bei einem Treffen der Neonazis zeigt.

Feinstaubwarnung in Leipzig

In den kommenden Tagen wird für Leipzig eine erhöhte Feinstaubbelastung in der Luft erwartet. Darüber informierte die Stadtverwaltung heute auf ihren Social-Media-Kanälen, inklusive Erklärvideo zur Entstehung und den Auswirkungen von Feinstaub. Hohe Feinstaubwerte können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Vor allem Kinder oder Menschen mit Atemwegserkrankungen können unter der höheren Feinstaubbelastung leiden.

Da bestimmte Grenzwerte wahrscheinlich überschritten werden, empfiehlt sie Stadt, sportliche Aktivitäten im Freien, zum Beispiel Joggen, zu unterlassen.

Außerdem bittet die Stadtverwaltung die Einwohner/-innen, ihr Auto in den nächsten Tagen stehenzulassen und sich stattdessen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß fortzubewegen, „damit sich die Feinstaubbelastung schnell wieder verringert“. Die Leipziger/-innen werden zusätzlich gebeten, ihre Kamine, Grills und Feuerschalen in den nächsten Tagen nicht zu nutzen.

Keine Mehrheit für Idee der Linken und weitere Gnadenfrist für ausgedienten Schlot im Süden

Worüber die LZ heute berichtet hat: Im Leipziger Stadtrat findet die Linke für den kommunalen Härtefallfonds keine Mehrheit und der ausgediente Schornstein in der Arno-Nitzsche-Straße soll nun doch erst nächstes Jahr gesprengt werden, nachdem eine angesetzte Sprengung bereits verschoben wurde.

5.000 Euro Belohnung für Hinweise auf mutmaßliche Brandstifter/-innen und Innenminister in Rheinland-Pfalz muss gehen

Was heute außerdem wichtig war: Im Zusammenhang mit dem Brand der Turnhalle der 100. Grundschule in Grünau hat die Polizei Sachsen jetzt darüber informiert, dass Dritte eine Belohnung von 5.000 Euro in Aussicht stellen für Hinweise zu den unbekannten Tatverdächtigen. Wer die Summe ausgelobt hat, gab die Polizei nicht bekannt.

Wie bereits im Sommer 2021 brannte auch diesen Sommer wieder die Turnhalle der Grundschule in der Miltitzer Allee. In beiden Fällen führten die mutmaßlichen Brandstiftungen dazu, dass die Turnhalle über einen längeren Zeitraum nicht nutzbar war. Im vergangenen Jahr entstand dabei ein Sachschaden von einer Viertelmillion Euro. In diesem Jahr befindet sich der entstandene Sachschaden ersten Schätzungen zufolge im niedrigen siebenstelligen Bereich.

Wenige Tage nach dem diesjährigen Brand der Turnhalle versuchten Unbekannte, die Kindertagesstätte „Entdeckerland“ und das Asylheim in der Liliensteinstraße anzuzünden. Die drei Einrichtungen sind jeweils nur wenige Gehminuten voneinander entfernt.

Und: Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz (SPD), tritt von seinem Amt zurück. Hintergrund sind die Vorwürfe gegen ihn in Zusammenhang mit der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021. Mit seinem Rücktritt übernehme er die politische Verantwortung für Fehler, die in seinem Verantwortungsbereich gemacht wurden, erklärte Lewentz heute. Seinen SPD-Landesvorsitz wolle er vorerst behalten.

Die Flut kostete in Rheinland-Pfalz 134 Menschen das Leben, in Nordrhein-Westfalen starben 48 Personen.

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