Rekordverschuldung der Kommunen in NRW: Die Krise spitzt sich zu

Zuletzt aktualisiert: 30.04.2024

NRW steckt in einer beispiellosen Schuldenkrise

Die Gesamtverschuldung der Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen hat einen neuen Höchststand erreicht. Laut Berechnungen des Landesstatistikamtes belief sich der Schuldenberg zum Jahresende 2022 auf unglaubliche 83,4 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen Anstieg um 1,5 Milliarden Euro oder 1,8 Prozent.

Bei dieser Modellrechnung wurden nicht nur die Kernhaushalte der Kommunen berücksichtigt, sondern auch anteilig die Verbindlichkeiten öffentlicher Unternehmen sowie zusätzliche Extrahaushalte einbezogen. Insgesamt machten die Kernhaushalte rund 56 Prozent der gigantischen Gesamtsumme aus.

Die am höchsten verschuldeten Städte und Kreise

Einige Kommunen in NRW ragen mit ihrer Pro-Kopf-Verschuldung besonders hervor. Bei den kreisfreien Städten liegt Mülheim an der Ruhr mit 11.737 Euro pro Einwohner an der unrühmlichen Spitze, dicht gefolgt von Oberhausen (10.040 Euro) und Remscheid (8.689 Euro). Die geringsten Werte verzeichneten Hamm (3.023 Euro), Düsseldorf (3.222 Euro) und Bottrop (3.324 Euro).

Auf Kreisebene hatten zum Jahresende 2022 der Kreis Herford (4.896 Euro), die Städteregion Aachen (4.876 Euro) und der Rhein-Sieg-Kreis (4.635 Euro) die höchste Pro-Kopf-Verschuldung. Am unteren Ende der Skala fanden sich die Kreise Olpe (1.019 Euro), Coesfeld (1.144 Euro) und Gütersloh (1.419 Euro).

Höchste Pro-Kopf-Verschuldung (kreisfrei) Höchste Pro-Kopf-Verschuldung (Kreise)
1. Mülheim an der Ruhr (11.737 Euro) 1. Kreis Herford (4.896 Euro)
2. Oberhausen (10.040 Euro) 2. Städteregion Aachen (4.876 Euro)
3. Remscheid (8.689 Euro) 3. Rhein-Sieg-Kreis (4.635 Euro)

Landesweite Verschuldung auf einem Rekordhoch

Mit durchschnittlich 4.612 Euro pro Einwohner liegt die Verschuldung in NRW im bundesweiten Vergleich an vierter Stelle hinter dem Saarland, Hessen und Rheinland-Pfalz. Allerdings weist das bevölkerungsreichste Bundesland insgesamt den höchsten Gesamtschuldenstand auf, wie der Bund der Steuerzahler bemängelt. Zudem kritisiert er das Fehlen eines Plans zum Abbau der Altschulden.

Forderungen nach einer Finanzreform und mehr Sparsamkeit

Angesichts dieser alarmierenden Zahlen mehren sich die Rufe nach einer umfassenden Finanzreform für die Kommunen. Eberhard Kanski, Vize-Chef des Landesverbands, fordert „verlässliche Einnahmequellen gerade in der sich abzeichnenden konjunkturellen Eintrübung“. Gleichzeitig müssten die Kommunen mehr Verantwortung für Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit übernehmen.

Auch der SPD-Fraktionschef Jochen Ott erinnert die schwarz-grüne Landesregierung an ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, sich um eine Lösung der Altschuldenproblematik zu kümmern. „Das ist bisher nicht geschehen“, kritisiert er. Ott sieht bei einer Lockerung der Schuldenbremse Spielräume, um auf Bundesebene Lösungen für die Altschulden der Kommunen zu finden.

Schrittweise Anleitung zur Entschuldung der Kommunen

  1. Einführung einer Schuldenbremse auf kommunaler Ebene: Analog zur Bundesebene sollten die Kommunen verpflichtet werden, ausgeglichene Haushalte vorzulegen und die Neuverschuldung zu begrenzen.
  2. Erstellung eines verbindlichen Tilgungsplans: Jede Kommune erstellt einen Plan zur schrittweisen Rückzahlung ihrer Altschulden innerhalb eines realistischen Zeitraums (z.B. 20-30 Jahre).
  3. Konsolidierung der Haushalte: Durch Ausgabendisziplin, Effizienzsteigerungen und Prioritätensetzung müssen die laufenden Ausgaben der Kommunen an die Einnahmen angepasst werden.
  4. Sonderzuweisungen des Landes: Das Land NRW gewährt zweckgebundene Finanzhilfen an Kommunen mit besonders hoher Verschuldung, um deren Haushalte zu entlasten.
  5. Neuordnung der Finanzbeziehungen: Eine Reform des Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern und Kommunen soll für eine gerechtere Verteilung der Einnahmen sorgen.
  6. Privatisierung kommunaler Betriebe: Nicht-hoheitliche Aufgaben können teilweise an die Privatwirtschaft übertragen werden, um Kosten zu sparen.
  7. Förderprogramme für wirtschaftliche Entwicklung: Investitionen in Infrastruktur und Bildung sollen das Wirtschaftswachstum ankurbeln und so die Steuereinnahmen erhöhen.
  8. Interkommunale Zusammenarbeit: Durch die Bündelung von Ressourcen können Parallelstrukturen abgebaut und Einsparungen erzielt werden.

Appell an die Politik zum Handeln

Die Verschuldungskrise der Kommunen in NRW hat einen kritischen Punkt erreicht. Nun liegt es an der Landes- und Bundespolitik, entschlossen zu handeln und durch eine Kombination verschiedener Maßnahmen eine nachhaltige Entschuldung auf den Weg zu bringen. Nur so können die Städte, Gemeinden und Kreise wieder finanzielle Spielräume für Investitionen in die Zukunft gewinnen und ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl gerecht werden.

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