Kunst verstört. Kunst darf verstören. Kunst muss verstören. Wenn man sie immer nur in Galerien zeigt, sehen immer nur dieselben Leute die Kunstwerke. Deswegen gehen auch die Studierenden der HGB Leipzig gern in öffentliche Räume. Am Samstag, 4. Juli, haben sie einen besonders schönen: das Bundesverwaltungsgericht. Und Publikum kommt auch, denn dann ist auch noch Tag der offenen Tür.

Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Rennert, lädt nämlich am 4. Juli herzlich zum Tag der offenen Tür in das Gerichtsgebäude am Simsonplatz ein. An diesem Tag stehen die Türen des Bundesverwaltungsgerichts allen interessierten Besucherinnen und Besuchern von 10 bis 16 Uhr offen.

Anlass des diesjährigen Tages der offenen Tür ist der 1.000. Geburtstag der Stadt Leipzig. Das Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich damit auch am „Längsten Bürgerfest“ des Vereins Leipzig 2015 e. V.

Bürgerfest im Bundesverwaltungsgericht

Ein attraktives Programm erwartet die Gäste: Ein Rundgang führt durch weite Teile des Gebäudes, die auch den sonst nicht zugänglichen Bereich umfassen. Die Besucherinnen und Besucher können den Präsidenten in seinem Büro besuchen und einen Blick in die historischen und modernen Sitzungssäle, den Großen Sitzungssaal (historischer Plenarsaal), den Festsaal und das frühere Speisezimmer des Reichsgerichtspräsidenten werfen. Zudem werden die Gäste auf ihrem Rundgang auf viele Angehörige des Hauses treffen, die gern Fragen zur Organisation und Arbeitsweise des Gerichts sowie zur Geschichte und Architektur des Gebäudes beantworten.

Darüber hinaus erhalten die Besucherinnen und Besucher Einblick in die Arbeit der Richterinnen und Richter, der Geschäftsstelle, der Informationsdienste und der Verwaltung. Unter dem Motto „Casting war gestern –  Ausbildung ist heute!“ informiert das BVWG über das aktuelle Ausbildungsangebot sowie Praktika. Ein Familienprogramm mit Familienquiz steht ebenfalls auf dem Programm sowie Rollenspiele zu dem Thema: Wie würdet ihr entscheiden?

Des Weiteren sind u. a. Filme über die Geschichte des Reichsgerichts und die Restaurierung des Gerichtsgebäudes zu sehen. Zudem werden verschiedene Themenführungen durch die Bibliothek angeboten. Die Teilnehmerzahl ist hier jedoch leider begrenzt. Das Reichsgerichtsmuseum ist ebenso geöffnet wie die Cafeteria in der historischen Kutscheneinfahrt.

Musikalisch umrahmt die Veranstaltung das Leipziger manhattan.radio.trio (Volker Dahms – Saxophon, Steffen Greisiger – Piano, Christian Sievert – Kontrabass).

Zum ersten Mal zeigen auch Künstlerinnen und Künstler der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, was sie mit dem Bundesverwaltungsgericht verbinden.

Künstler im Bundesverwaltungsgericht

Die HGB Leipzig und das Bundesverwaltungsgericht kooperieren ab diesem Jahr sogar für ein mehrteiliges Kunstprojekt, das HGB-Lehrende und -Studierende mit RichterInnen und MitarbeiterInnen des Bundesverwaltungsgerichts realisieren. Auftakt für die langfristig geplante Zusammenarbeit ist der Tag der offenen Tür des Bundesverwaltungsgerichts am 4. Juli. Die Arbeiten der KünstlerInnen und HGB-Lehrenden Prof. Christin Lahr, Stefan Riebel und Arthur Zalewski und ihrer Studierenden nehmen die Institution und ihre Menschen auf unterschiedliche Weise in den Blick. Über den Tag der offenen Tür hinaus werden die Werke bis zum 4. September in der Eingangshalle des Bundesverwaltungsgerichts zu sehen sein.

Christin Lahr: Im GEDENKEN an die FREIHEIT Gedenktafel, Projektion, Prozess (2015). Foto: HGB Leipzig, Christin Lahr
Christin Lahr: Im GEDENKEN an die FREIHEIT Gedenktafel, Projektion, Prozess (2015). Foto: HGB Leipzig, Christin Lahr

Die beteiligten Künstler

Für “Offene Fragen – Face to Face” haben Prof. Christin Lahr, Stefan Riebel und Studierende des Grundstudiums Medienkunst mit RichterInnen und MitarbeiterInnen des Bundesverwaltungsgerichts Gespräche über Verwaltung, Gerichtsbarkeit und Kunst geführt. Textfragmente, Zitate und Kommentare aus diesen Begegnungen werden beginnend mit dem Tag der offenen Tür in der Eingangshalle sowie an weiteren ausgewählten Orten platziert und zeigen Verschiebungen von Kontexten und Bedeutungszusammenhängen auf.

Mit seinen Porträts thematisiert der Fotograf Arthur Zalewski weniger die jeweilige Funktion der abgebildeten RichterInnen und MitarbeiterInnen in ihrem Arbeitskontext, sondern rückt vielmehr den Menschen an sich in den Fokus. Die Auswahl stellt einen Querschnitt durch alle Arbeitsbereiche des Bundesverwaltungsgerichts dar und gewährt einen sehr persönlichen Einblick in die Institution.

Christin Lahr befasst sich in ihrem Werk “Im Gedenken an die Freiheit” mit Artikel 5, Abs. 3, Satz 1 des Grundgesetzes, der in vielerlei Hinsicht die engen Verflechtungen zwischen Kunst und Justiz aufzeigt sowie unmittelbar auf die Geschichte des Hauses Bezug nimmt. Mit Hilfe einer gläsernen Gedenktafel versucht sie die „Grundsatzregelung zur Anbringung von Gedenktafeln an landeseigenen Gebäuden des Freistaates Sachsen“ ordnungsgemäß zu befolgen und den Prozessverlauf offenzulegen. Während der Antragsphase erscheint die Gedenktafel als Projektion im Seitenbereich der Eingangshalle (Große Wartehalle) des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Serie “Dedication Pieces” von Stefan Riebel besteht aus einer Reihe einfacher Statements, die in Form von Widmungen als Installationen an unterschiedlichen Orten platziert werden. Die meist beiläufig positionierten Texte kommentieren die Umgebung auf zurückhaltende und poetische Weise und hinterfragen gewohnte Sinnzusammenhänge. Im Rahmen der Kooperation projiziert Stefan Riebel eine Widmung in die Kuppel des Bundesverwaltungsgerichts. Die dadurch entstehende Ambivalenz zwischen Immaterialität der temporären Projektion und den in Stein verewigten Allegorien richterlicher Tugenden, thematisiert die fragile Konstruktion Wahrheit, Glaube und Gerechtigkeit.

Tag der offenen Tür

Der Besuch am 4. Juli von 10 bis 16 Uhr ist kostenfrei, Eintrittskarten oder Voranmeldungen sind nicht erforderlich. Vorsorglich weist das BVWG darauf hin, dass große Taschen und Rucksäcke am Eingang abgegeben werden müssen und nur eine begrenzte Zahl von Schließfächern zur Verfügung steht.

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