LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 72, seit 25. Oktober im HandelAn Leipzigs Pop-Himmel leuchtet ein neuer Stern. Sebastian Thon bildet mit Lana Goretska ein Duo, das großes Chanson-Gefühl der Vergangenheit mit der Popkultur von Heute verknüpft. Der von der Leipziger Rockband ZIN bekannte Sänger begibt sich zusammen mit der ukrainischen Pianistin auf eine musikalische Zeitreise. Am 16. November veröffentlichen sie ihre erste gemeinsame Single „Wo sind die Clowns“ und geben ihr in der Leipziger Heilandskirche ein Bühnendebüt. Der LEIPIZGER ZEITUNG gab Sänger Sebastian Thon ein Interview.

„Begegnet bin ich der ukrainischen Pianistin Lana Goretska das erste Mal in der Heilandskirche, und zwar genau am 16.11.2018“, erinnert Sebastian Thon sich an sein erstes Aufeinandertreffen mit seiner neuen musikalischen Partnerin. Noch in derselben Nacht gründeten die beiden Musiker Casino Royale. Auf den Leipziger Bühnen sorgte das Duett seitdem für einige Aufmerksamkeit.

Noch wird öffentlich ein großes Geheimnis um das Produkt der Kollaboration gemacht. Einen Titel hat das Baby schon. „Honig intravenös“ heißt das Ergebnis, das bis Anfang Dezember über die Crowdfunding-Seite Startnext finanziert wird.

„Weil wir uns vor einem Jahr in der Heilandskirche kennenlernten, veröffentlichen wir genau an diesem Datum unsere erste Single ,Wo sind die Clowns‘ und zwar auch in der Heilandskirche“, sagt der Sänger zum bevorstehenden Auftritt. „Wir glauben an die Magie der Dinge, an Schicksal.

Nach, auf den Tag genau, einem Jahr stehen wir hier, mit unserer ersten Single, unserem ersten Video. Es ist eine Art Standortbestimmung von dem was wir jetzt sind und was sich in dem ersten Jahr unserer Geschichte entwickelt hat. Es ist die erste Stufe.“

Kein Vergleich zu Bond

Die LEIPZIGER ZEITUNG Nr. 72, Ausgabe Oktober 2019. Foto: LZ (zum Vergrößern klicken)
Die LEIPZIGER ZEITUNG Nr. 72, Ausgabe Oktober 2019. Foto: LZ (zum Vergrößern klicken)

Wer als älteres Semester „Casino Royale“ mit seit den Sechzigern redundant verfilmten Parodien über geschüttelte Martinis, Geheimdienste, nackte Frauen und schnelle Autos verbindet, liegt bei den Leipzigern völlig falsch. „Unser Bandname nimmt weder Bezug auf diese Filme und schon gar nicht auf andere Bands“, räumt Sebastian Thon im Interview etwaige Vergleiche mit Ian Flemmings Superhelden-Fiktion beiseite. Vielmehr flüsterte der Wind den beiden den Bandnamen zu.

Für den Zweier stehen die beiden Wörter ihres Bandnamens für das Wesen und die Essenz der Band. Die Songs, die sie von den Großen wie u. a. Zarah Leander, Hildegard Knef und Marlene Dietrich interpretieren, handeln laut Sänger vom Spiel des Lebens, vom Alles-Auf-Eine-Karte-Setzen, vom Gewinnen und Scheitern, vom großen Traum und dem schmerzhaften Verlust

Der Begriff „Casino“ ist mit diesen Bedeutungen aufgefüllt. „Royale“ steht für die glamouröse Attitüde des Duetts. Dazu Thon weiter: „Wir gehen auf die Bühne mit extravaganten Outfits, viel Glitzer und Make-Up. Diese Königlichkeit spiegelt sich eben auch im Bandnamen wieder.“

Im Schmelz des Pop

Noch gibt es keine Auszüge aus dem Album zu hören. Wer sich mit Casino Royale beschäftigen will, muss noch warten bis die Single „Wo snd die Clowns“ erscheint. Solange geben Sebastian Thon und Lara Goretska auf den Social-Media-Kanälen einen kurzen Einblick in die Studioaufnahmen.

Beim Hören des Video-Schnipsels aus dem Studio, wo Produzent und Disillusion-Mastermind Andy Schmidt für den passenden Klang von „Honig intravenös“ sorgt, könnte einem der Begriff „Crooning“ einfallen.

Dieses Wort bedeutet alles das, wofür die großen Chansoniers der Goldenen Zwanziger standen. Sänger wie Bing Crosby, Frank Sinatra und Charles Aznavour standen für das Crooning, sind für u. a. Popsänger wie Bryan Ferry (Roxy Music) und Dave Gahan (Depeche Mode) große Vorbilder. Auch für Sebastian Thon?

„Ich musste erstmal googeln was „Crooning“ bedeutet, ehrlich gesagt“, gibt Sebastian Thon zu. „Aber ja, es passt ziemlich gut zu dem, was meine Vorbilder sind und wie meine Idealvorstellung von einem gelungenen, männlichen Gesang ist. Die Stimme sollte nah und melancholisch, melodisch und fragil sein. Es geht nicht um Perfektion beim Singen, sondern um den Ausdruck der eigenen Lebenserfahrung in der Stimme. Sie muss Spiegel der Seele werden, um wirklich berühren zu können! Sinatra hat das ganz gut hinbekommen. Ja, ich glaube ich bin ein Crooner!“

Affinität zu alten Songs

Ausschlaggebend, ein Studioalbum mit alten Chansonklassikern und Klassikstandards einzuspielen, war auch die starke Affinität des Sängers zu den alten Songs aus den Vierziger- und Fünfzigerjahren.

„Sie sind so erhaben, ehrlich und die Texte scheinen mir auf den Leib geschneidert zu sein“, meint er und sagt im Bezug auf die kommende Singleauskopplung, einer Verneigung vor „der Leander“: „Ich wollte außerdem eine Platte machen, die zeitlos und intim ist. Auf der Folie der Songs der Grand Dame des Chansons scheint das für uns einfach perfekt zu funktionieren.“

Wie Sebastian Thon weiter beschreibt, sind die Aufnahmen für die beiden Musiker ein Wagnis, ausgewählte Klassiker der Popgeschichte anzufassen. „Ganz schnell haben wir gespürt, dass die Songs in unseren Händen zu etwas ganz Neuem und Einzigartigem werden“, erzählt der Sänger. Er und Lana Goretska verließen sich bei den Arrangements auf ihr Gefühl und ihre Intuition.

„Wir arbeiten sehr viel mit Dynamik, mit Pausen, mit der Stille zwischen den Tönen“, vertieft Sebastian Thon die Arbeitsweise des Duos. „Für Piano und Gesang fanden wir einfach eine eigene Sprache, die es uns ermöglicht, eine alte Welt im neuen Glanz entstehen zu lassen. Auch die Reduktion auf Flügel und Stimme hat uns dabei geholfen, alles aus uns herauszuholen. Da gibt es nämlich keinen Noise hinter dem man sich verstecken könnte. Jedes Atmen spielt eine Rolle.“

Weil beide Musiker sich nicht haargenau an ihren Vorbildern orientierten, entstanden moderne Popsongs in einem zeitlosen Gewand.

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Hohe Messlatten: Andy Schmidt von Disillusion im Interview:

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