Weil ein Mann auf dem Weg in die Innenstadt von der Polizei mit einem Schlauchschal erwischt wurde und angeblich sagte, gegen Legida demonstrieren zu wollen, erhielt er einen Bußgeldbescheid in Höhe von 100 Euro. Dagegen legte er Einspruch ein und bestritt, eine solche Absicht geäußert zu haben. Das Amtsgericht glaubte jedoch dem Beamten, sodass der Einspruch zurückgenommen wurde.

Einkaufen oder gegen Legida protestieren? Von der Antwort auf diese Frage hing der Inhalt der Geldbörse eines Mannes ab, der am 4. April 2016 mit einem Schlauchschal in der Leipziger Innenstadt unterwegs war. Die Polizei kontrollierte ihn an jenem Abend nahe der Goethestraße und fand den Gegenstand in seinem Besitz vor. Laut Gesetz ist es bereits verboten, auf dem Weg zu einer Versammlung Gegenstände mit sich zu führen, „die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern“.

Einem Polizisten soll S. gesagt haben, dass er auf dem Weg zu einer Demo sei. „Das habe ich nicht gesagt“, entgegnete der Angeklagte vor Gericht. Er schilderte dann, dass er von den Demos gar nichts gewusst hätte und gemeinsam mit seiner Frau einkaufen gewesen sei. Diese bestätigte das, widersprach ihrem Mann jedoch in einigen Details: Sie nannte unter anderem einen anderen Discounter-Namen und eine deutlich kürzere Einkaufsdauer.

Amtsrichter Christian Brudnicki gab dem Angeklagten und seinem Verteidiger Jürgen Kasek zu verstehen, dass er die Darstellung des Polizisten nicht bezweifle. Da ein Urteilsspruch mit weiteren Kosten verbunden gewesen wäre, nahm S. seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurück. Er muss nun 100 Euro zahlen.

Die Hauptverhandlung brachte zudem Erkenntnisse, die mit der eigentlichen Sache teils nur indirekt zu tun hatten. Ein Polizist sagte, dass im Umfeld von Legida-Demonstrationen „meistens“ sogenannte Kontrollbereiche eingerichtet wurden. Personen können dann verdachtsunabhängig kontrolliert werden. Außerdem wurde einmal mehr deutlich, wie unterschiedlich Polizisten beurteilen, welche Gegenstände zur Vermummung geeignet sind: Während einer der geladenen Beamten auch einen gewöhnlichen Seidenschal als geeignet betrachtete, sah ein anderer darin kein Problem.

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Keine Kommentare bisher

Was ist denn das für ne blöde Regel, ein Schlauchschal ist ein normales Kleidungsstück. Solang man sich nicht tatsächlich vermummt gehts doch niemanden etwas an, was ich anhab. Sind Kaputzenjacken dann auch verboten? Die kann man bis ins Gesicht zuschnüren. Und was ist mit Rollkragenpullis? Soll man vielleicht besser nackt zur Demo?

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