Ohne jede Regung nahm Dovchin D. um kurz nach neun sein Urteil entgegen: Wegen zweifachen, tatmehrheitlichen Mordes schickte ihn die 1. Strafkammer des Landgerichts am Montag lebenslang ins Gefängnis, erkannte zudem auf eine besondere Schwere der Schuld. Der Angeklagte hatte die Tötung zweier Frauen gestanden, deren Leichen er anschließend zerteilte. Die Reglosigkeit des 39-Jährigen Dovchin D. wich nicht, während der Vorsitzende Richter Hans Jagenlauf das Urteil begründete und dabei auch die beinahe tragische Vita des Angeklagten noch einmal Revue passieren ließ. Mit großen Erwartungen war Dovchin D. 1999 als knapp 20-Jähriger aus seiner mongolischen Heimat nach Deutschland gekommen.

Sozialer Abstieg als Nährboden

Doch das Leben lief anders als erwartet: Dovchin D. brach zwei Ingenieurs-Studiengänge ab, konnte erst 2011 eine Ausbildung als Konstruktionsmechaniker beenden. Privat litt er unter der Ehe mit einer neun Jahre jüngeren Deutschen, die sich als sehr dominant erwies, sein Denken zu reglementieren versuchte und mindestens eine Affäre mit einem anderen Mann hatte. 2013 attackierte Dovchin D. den Nebenbuhler in Rostock, schlug mit einem Hammer direkt neben seinen Kopf und versetzte ihn in Todesangst. Das Ehepaar trennte sich nach einem Streit Anfang 2014, selbst die Geburt der gemeinsamen Tochter im September konnte das nicht ändern.

„Die heile Welt des Angeklagten ist im Lauf der Jahre immer weiter in die Brüche gegangen“, resümierte der Vorsitzende und spielte damit auf den Gutachter an, der dem Angeklagten für 2016 eine „biographische Krisensituation“ bescheinigt hatte. In dieser problematischen Verfassung sei es dann zu den Verbrechen gekommen. Dovchin D. suchte in seiner Frustration zunehmend Anschluss im ihm eigentlich fremden Trinkermilieu, wo er auch auf die späteren Opfer traf. Im April 2016 nahm er die 43-Jährige Portugiesin Maria D., die seit mehreren Jahren in Deutschland lebte, mit in seine Wohnung.

Nach seiner Darstellung forderte sie nach einer gemeinsamen Nacht plötzlich Geld und drohte andernfalls mit einer Anzeige wegen Vergewaltigung, woraufhin er sie erwürgte. Nach Ansicht der Kammer war die beinahe nackte, angetrunkene Maria D. völlig arglos und rechnete mit keinem Angriff, als Dovchin D. sich auf sie stürzte und ihr den Hals zudrückte. Es bestünden keine Zweifel, dass der Angeklagte die Wehrlosigkeit der Frau erkannte und ausnutzte, womit das Mordmerkmal der Heimtücke greife.

Dovchin D. zerteilte die Leiche von Maria D. später in seiner Badewanne mit Werkzeug und versenkte die beschwerten Überreste in der Elster.

Ende November 2016 tötete er auf gleiche Weise die 40 Jahre alte Anja B. aus Grünau, die er kurz zuvor in einer Lindenauer Bar kennengelernt hatte. Die Mutter eines damals zweijährigen Mädchens, die unter Alkoholismus, Schizophrenie und Depressionen litt, soll ihm gegenüber einen Todeswunsch geäußert haben, wie Dovchin D. in seinem Geständnis bei der Polizei erklärte. Die Staatsanwaltschaft nahm dagegen an, Anja B. habe sterben müssen, weil sie die sexuellen Ambitionen des Mongolen nicht erwiderte.

Die Kammer sah dies zwar nicht als erwiesen – gleichwohl habe Dovchin D. angesichts ihrer schwankenden Stimmung erkennen müssen, dass einer möglicherweise geäußerten Todessehnsucht kein ernst gemeinter Wunsch zugrunde lag. Zudem hatten auch ihre behandelnden Ärzte und Therapeuten eine akute Suizidalität verneint.

„Unter vollkommener Geringschätzung menschlichen Lebens“ habe Dovchin D. die Gelegenheit zur Tötung der 40-Jährigen Frau ergriffen. Auch ihren Körper zerstückelte er, bewahrte die Leichenteile in seiner Wohnung, im Keller und einem nahen Abrissgebäude auf.

Ein Justizbeamter bringt Dovchin D. (39) in Handfesseln in den Saal. Foto: Lucas Böhme
Ein Justizbeamter bringt Dovchin D. (39) in Handfesseln in den Saal. Foto: Lucas Böhme

 

Ein Mann mit zwei Gesichtern

Nicht zuletzt diese entwürdigende Art der Leichenentsorgung bewog die Kammer, neben den Mordmerkmalen Heimtücke und niedrige Beweggründe auch eine besondere Schwere der Schuld zu bejahen. Dadurch wird es mindestens 18 Jahre oder länger dauern, ehe eine Haftaussetzung denkbar ist. Schwer wog für das Gericht zudem, dass es zu zwei voneinander unabhängigen Taten gekommen war. Für den Angeklagten sprächen zumindest fehlende Vorstrafen, geäußerte Reue und das grundsätzliche Geständnis, sagte Jagenlauf.

Dennoch sei Dovchin D. nach Eindruck der Kammer ein Mann mit zwei Gesichtern, der neben Zurückhaltung und Höflichkeit auch immer wieder Aggressionen an den Tag gelegt habe. Verschiedene Zeugenaussagen hatten den ambivalenten Charakter des 39-Jährigen im Prozess bestätigt.

Zur Urteilsverkündung waren am Montag erstmals auch Angehörige von Maria D. aus Portugal und Frankreich angereist. Sie seien mit dem Richterspruch zufrieden, sagte deren Anwältin Ina Alexandra Tust. Das Strafmaß entsprach dem Antrag von Staatsanwalt Torsten Naumann und den Nebenklägern. Dovchin D.s Verteidiger Stefan Wirth hatte die Mordmerkmale dagegen abgelehnt und auf eine Verurteilung wegen Totschlags plädiert. Er will eine mögliche Revision prüfen.

Zum Abschluss seiner gut 45 Minuten langen Urteilsbegründung wandte sich Jagenlauf direkt an Dovchin D. und erinnerte ihn an das Leid, das er seinen Opfern und auch deren Angehörigen zufügte. Weiter erklärte er, Dovchin D. habe kontrolliert agiert und nie seine Steuerungsfähigkeit verloren: „Ein panisches Handeln vermag die Kammer bei Ihnen nicht zu erkennen. Wenn Sie weiter in dieser Illusion leben, wird die Aussetzung zur Bewährung sehr lange auf sich warten lassen.“

Dovchin D. nahm dies emotionslos auf und ließ sich anschließend abführen.

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Warum so eilig oder Wie wird man wieder Herr seiner Zeit?

 

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