Er wehrt sich juristisch gegen seine Haftstrafe. Das Amtsgericht Leipzig jedoch hielt Thomas K. (31) für einen der Täter, die vor drei Jahren die damalige Wohnung des sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow mit Säure attackierten. Der begonnene Berufungsprozess am Donnerstag war dann aber schneller vorbei als gedacht.

Noch bevor er richtig begonnen hatte, war der Berufungsprozess am Donnerstag schon wieder beendet – vorerst jedenfalls. Thomas K. (31) soll in der Nacht zum 24. November 2015 kurz nach zwei Uhr die Fensterscheiben einer Erdgeschoss-Wohnung in der Südvorstadt mit schweren Steinbrocken zerstört und anschließend Buttersäure in die Zimmer geschleudert haben.

Eine ganze Reihe an Vorstrafen durchzieht die Vita des 31-Jährigen, welcher zur lokalen Neonazi- und Hooliganszene Leipzigs gezählt wird, seit Jahren. 2008 war er mit einer großen Gruppe Gleichgesinnter am Angriff auf einen LVB-Nachtbus beteiligt, in welchem Besucher des Courage-Konzerts vermutet wurden. Ein Mann war damals verprügelt und schwer verletzt worden. Für die Tat musste K. später in Haft.

Die am frühen Morgen des 24. November 2015 angegriffenen Räumlichkeiten gehörten nicht zu einem Szenevertrieb linker Mode, wie der Verdächtige und die zum Teil bis heute unbekannten Mittäter womöglich mutmaßten, sondern wurden vom sächsischen Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) und seinen Angehörigen bewohnt. Der Politiker, dessen Ehefrau und die kleinen Kinder schliefen während des Angriffs in einem Nebenzimmer, blieben unversehrt. Allerdings musste die Familie nach dem Vorfall ausziehen – die Räume waren durch die Säure unbewohnbar geworden.

Das Amtsgericht ging davon aus, dass Gemkow aufgrund des besonderen Wohnungszuschnitts Opfer einer Verwechslung wurde. Vielmehr hätten die Täter einer benachbarten WG schaden wollen, von der linke Szenekleidung vertrieben wurde. Zuvor hatte es aufgrund des prominenten Opfers des Übergriffes auch Ermittlungen in der linksradikalen Szenerie gegeben, welche jedoch im Sande verliefen.

Wegen Sachbeschädigung und versuchter gefährlicher Körperverletzung hatte die erste Instanz Thomas K. im September 2017 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Ein Mitangeklagter wurde dagegen als unschuldig freigesprochen. Thomas K.s DNA hatten die Spezialisten der Spurensicherung auf dem Verpackungsmaterial sichergestellt, in dem die säurebefüllten Christbaumkugeln zum Tatort transportiert worden waren.

Ein neuer Tatverdacht durchkreuzte nun den Zeitplan für einen Berufungsprozess

Am Leipziger Amtsgericht sei ein neues Verfahren gegen einen 38-Jährigen Mann anhängig, der im Verdacht steht, an dem nächtlichen Säureangriff beteiligt gewesen zu sein, erklärten Thomas K.s Verteidiger. Auch sie selbst hätten erst Stunden zuvor die Information bekommen. Wegen der veränderten Sachlage bräuchten sie Zeit, sich in die entsprechenden Akten einzulesen und eine neue Verteidigungsstrategie zu entwickeln, so die Anwälte Mario Thomas und Curt-Matthias Engel.

Zähneknirschend musste der sichtlich verärgerte Richter Bernd Gicklhorn am Ende die Aussetzung des Verfahrens verkünden, für das er sich nach eigener Aussage schon intensiv vorbereitet hatte. Die stark belastete Strafkammer könne den im Vorfeld festgelegten Zeitplan für den Prozess unter den aktuellen Umständen nicht einhalten, sagte der Vorsitzende. Daher soll der Berufungsprozess neu aufgerollt werden – möglicherweise erst im kommenden Jahr.

Pikant: Der Beschuldigte Thomas K. und der neu benannte Tatverdächtige im Fall Gemkow finden sich zugleich auch auf einer anderen Prozessliste. Denn beide Männer sind laut Ermittlungen an den schweren Randalen von Connewitz zum ersten Legida-Jahrestag am 11. Januar 2016 entlang der Wolfgang-Heinze-Straße beteiligt gewesen.

Angriff auf Gemkow-Wohnung: Haftstrafe für mutmaßlichen Steinewerfer

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