Als sich Anfang September 2018 etwa 20 rechte Demonstranten vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig trafen, präsentierten sie die üblichen Feindbilder: Medien, Geflüchtete und Politikerinnen. Zu letzteren zählte unter anderem die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel, die als „Terrorpatin der Antifa“ bezeichnet worden sein soll. Daraufhin erstattete sie Anzeige – doch nun wurde das Verfahren eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat ein Ermittlungsverfahren gegen Nicos Chawales aus formellen Gründen eingestellt. Dem rechten Aktivisten wurde zur Last gelegt, auf einer Kundgebung in Leipzig die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke) beleidigt zu haben.

Am 2. September 2018 hatten etwa 20 Personen auf dem Simsonplatz vor dem Bundesverwaltungsgericht demonstriert. Auf Facebook war die Veranstaltung zuvor als angeblicher Auftakt zu einer „Trump-Putin-Ralley“ beworben worden. Anwesend waren unter anderem ehemalige Aktivisten der rechtsradikalen „Offensive für Deutschland“ und Chawales.

Terrorpatin und Feldherrin

Der Beschuldigte soll in einer Rede gesagt haben, dass Nagel die „Terrorpatin der Antifa“ sei und als „Feldherrin eines schwarzen Mobs“ ins Gefängnis gehöre. Die Landtagsabgeordnete erstattete daraufhin Anzeige. Laut der Dokumentationsplattform chronik.LE diffamierte Chawales auf der Kundgebung auch andere Politiker. Zudem soll er sich „in antisemitischer Manier“ geäußert haben.

In dem Einstellungsbescheid, welcher der L-IZ vorliegt, argumentiert die Staatsanwaltschaft nun, dass es ein „Verfolgungshindernis“ gebe. „Ein wirksamer Strafantrag liegt hier nicht vor, weil lediglich eine Online-Anzeige erstattet wurde, ohne dass ein schriftlicher Strafantrag der von der Äußerung Betroffenen einging“, argumentiert die Behörde. „Die Mitteilung gegenüber der Onlinewache reicht für eine formgerechte Strafantragstellung nicht aus.“

Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung

Aus diesem Grund könne offen bleiben, ob „in den Äußerungen schwerpunktmäßig eine Tatsachenbehauptung oder aber eine Meinungsäußerung zu sehen ist“. Davon würde abhängen, ob es sich um eine Beleidigung oder um üble Nachrede beziehungsweise Verleumdung handelt.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft wären die Aussagen wohl von der Meinungsfreiheit gedeckt, „weil sie trotz des völlig überzogenen Tonfalls einen hinreichenden Bezug zu einer Sachauseinandersetzung aufweisen und nicht allein die Diffamierung der Anzeigeerstatterin im Sinne einer Schmähkritik im Vordergrund steht“.

Aktiv bei Legida

Chawales war in den vergangenen Jahren mehrmals bei Legida-Demonstrationen aufgetreten. Er gilt zudem als Organisator der rassistischen Initiative „Strehlen wehrt sich gegen Politikversagen“. 2016 ermittelte die Polizei gegen ihn, weil er auf Facebook zu Gewalt gegen Migranten aufgerufen haben soll.

Die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel sagte auf Anfrage der L-IZ, dass sie die von der Staatsanwaltschaft geforderte Anzeige in Schriftform nachholen möchte. Bislang sei es üblich gewesen, nach einer Online-Anzeige von der Polizei ein entsprechendes Formular zu erhalten.

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