Der Strafprozess gegen den medial als Kinderzimmer-Dealer bekanntgewordenen Maximilian S. und vier mutmaßliche Komplizen wegen bandenmäßigen Drogenhandels startet nun doch nicht mehr in diesem Jahr. Wie das Landgericht am Freitag mitteilte, seien bisher unbekannte Unterlagen aufgetaucht, deren Sichtung noch etwas mehr Zeit in Anspruch nehme. Ursprünglich sollte das Großverfahren kommenden Freitag beginnen.

Neue Unterlagen kippen Prozessbeginn

„Weitere umfangreiche Unterlagen“, welche die Ermittlungsbehörden vorgelegt hätten und die bisher offenbar weder dem Gericht noch den Verfahrensbeteiligten bekannt waren, seien der Grund für die Entscheidung, den Prozessbeginn gegen den 27-jährigen Maximilian S. und vier Mitangeklagte zu verschieben, so das Landgericht Leipzig am Freitag.

„Zur Sichtung und Prüfung der Unterlagen im Zusammenhang mit der Gewährung der Ansprüche der Angeklagten auf ein faires Verfahren war aus Sicht der Kammer daher der Beginn der Hauptverhandlung zu verschieben, wobei die Kammer den Umfang der Unterlagen für den Zeitraum der Verschiebung bedacht hat“, heißt es weiter.

Neuer Rauschgift-Versand aus dem Knast heraus?

Eigentlich hätte Maximilian S. laut ursprünglichem Plan ab Freitag, dem 2. Dezember, auf der Anklagebank des Leipziger Landgerichts Platz nehmen sollen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und vier weiteren Männern vor, sich spätestens im November 2018 mit professioneller Arbeitsteilung zusammengetan zu haben, um im Netz einen illegalen Drogen-Versandhandel aufzuziehen. Zwischen April 2019 und Januar 2021 habe die Gruppierung etwa 20 Kilo Drogen in 400 Postsendungen verschickt. Alle Beschuldigten sind zwischen 24 und 42 Jahre alt.

Glaubt man der Annahme der Ermittlungsbehörden, dann müsste Maximilian S. sich sogar noch in Haft befunden haben, als er seine alte Geschäftsidee wiederbelebte. Denn ab Ende 2013 hatte der damalige Teenager mit abgebrochener Kellner-Ausbildung in Eigenregie aus dem alten Kinderzimmer der mütterlichen Wohnung heraus ein regelrechtes Drogen-Imperium unter dem Namen „Shiny Flakes“ betrieben, welches über das Internet Rauschmittel in alle Welt verschickte.

Der Gesamtumsatz wurde auf sagenhafte 4 Millionen Euro geschätzt, als Spezialkräfte der Polizei Maximilian S. Ende Februar 2015 in der Gohliser Wohnung von Mutter und Stiefvater festnahmen. Ein Teil des Geldes gilt bis heute als verschwunden. Der junge Großdealer selbst wurde im Alter von damals 20 Jahren durch das Leipziger Landgericht Ende 2015 zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt – nach dem milderen Jugendstrafrecht. Im Sommer 2019 kam er vorzeitig frei.

Verhandlung mindestens bis Ende März

Der außergewöhnliche Kriminalfall sorgte seinerzeit für reichlich Furore und inspirierte unter anderem den Streaming-Anbieter Netflix zu einer Dokumentation, auch die fiktive Serie „How to Sell Drugs Online (Fast)“ wurde lose aus Leipzig inspiriert.

Wie der neue Prozess nun ausgehen wird, bleibt abzuwarten. Ab Januar ist eine Vielzahl von Verhandlungstagen angesetzt, vorerst bis 29. März 2023.

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