Als „Kinderzimmer-Dealer“ sorgte er vor Jahren mit der Drogen-Plattform „Shiny Flakes“ für Furore, eine Dokumentation auf Netflix machte ihn weltbekannt: Seit Montagmorgen, dem 23. Januar 2023, muss sich der junge Leipziger Maximilian S. (28) wegen illegaler Drogenschäfte erneut vor dem Landgericht verantworten. Die Anklage wirft ihm vor, sich mit Komplizen zu einer Bande zusammengetan zu haben.

Unter großem Medieninteresse begann am Montagmorgen der Strafprozess gegen Maximilian S. (28) und vier mutmaßliche Komplizen vor dem Leipziger Landgericht. Oberstaatsanwalt Guido Lunkeit warf Maximilian S. in der Anklageschrift vor, sich spätestens im November 2018 mit den Mitangeklagten Friedemann G. (36) und André R. (43) zusammengetan zu haben, um über eine Online-Plattform namens „Candylove“ von Leipzig aus einen professionellen Drogenversand zu betreiben.

Anklage geht von professioneller Bande aus

Zwischen Ende April 2019 und Ende Januar 2021 hätten so etwa 20 Kilogramm an Rauschmitteln ihre Besitzer gewechselt, indem sie deutschlandweit und auch ins Ausland versendet worden seien. Zu den Substanzen im Angebot des illegalen Shops gehörten demnach Amphetamin, Metamphetamine, Haschisch, MDMA, Ecstasy, Kokain, LSD, Marihuana und Arzneimittel.

Maximilian S. habe wegen seines Wissens und seiner finanziellen Mittel als Kopf der Bande fungiert, während sich Friedemann G. um Logistik und Fahrdienste gekümmert habe. André R., ein Strafverteidiger aus Leipzig, soll für die Rechtsberatung und die Organisation der Gruppe zuständig gewesen sein, unter anderem habe er bei der Legendenbildung geholfen.

Das Trio ist wegen bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln (teilweise in nicht geringer Menge) angeklagt, zusätzlich müssen sich Julius M. (24) und Jens M. (40) wegen Beihilfe hierzu verantworten.

Verteidigung stellt Kammer infrage und moniert Abhörmaßnahmen

Der Prozessauftakt am Montag wurde zunächst durch einen juristischen Schlagabtausch gebremst, indem die Verteidigung von Maximilian S. schon kurz nach Anklageverlesung die Zuständigkeit des Gerichts infrage stellte: Der Mitangeklagte Julius M. sei zum angenommenen Tatzeitpunkt noch ein Heranwachsender gewesen, weswegen der Sachverhalt vor einer Jugendstrafkammer hätte verhandelt werden müssen, rügte Rechtsanwalt Curt-Matthias Engel.

Zudem kritisierte er deutlich die Maßnahmen der polizeilichen Telekommunikations-Überwachung, die auch den mitbeschuldigten Anwalt André R. als Berufsgeheimnisträger getroffen hätten: „Es ist ein absolutes Unding, dass ein Strafverteidiger abgehört wird.“ Laut Staatsanwaltschaft habe dagegen ein Verdacht gegen diesen vorgelegen und daher sei die Maßnahme zulässig gewesen.

„The Teenage Drug Lord“

Der mutmaßliche Bandenkopf Maximilian S. hatte, damals noch als Teenager, über ein Jahr lang in Eigenregie eine Drogenplattform aus dem Kinderzimmer der mütterlichen Wohnung in Leipzig-Gohlis heraus betrieben und damit einen geschätzten Millionenumsatz gemacht.

Schließlich war er wegen Nachlässigkeiten im Postversand aufgeflogen und wurde, damals 20, Ende 2015 zu sieben Jahren Haft nach Jugendstrafrecht verurteilt.

Im Sommer 2019 war er vorzeitig freigekommen – sofern die Anklage zutrifft, könnte Maximilian S. demnach Erleichterungen im Strafvollzug zur Vorbereitung seiner neuen Geschäftsidee genutzt haben, die ja spätestens ab November 2018 umgesetzt worden sein soll. Zudem wirkte er selbst in der Netflix-Dokumentation „The Teenage Drug Lord“ mit, wo er einer Reporterin Rede und Antwort zu seinem „Business“ stand.

Daneben kamen auch sein damaliger Verteidiger, Ermittler und Fachleute zu Wort. Mit einem wissend wirkenden Lächeln hatte am Ende dieser Doku der damalige, leitende LKA-Ermittler Petric Kleine auf die Frage reagiert, ob Maximilian S. nach seiner Entlassung wieder in einem ähnlichen Deliktfeld straffällig werden würde.

Anwalt kritisiert Ermittlungen als lückenhaft

Ob Maximilian S. im neuen Prozess genauso auskunftsfreudig sein wird wie in der Doku, ist derzeit nicht klar. Laut seinen Anwälten würde er sich womöglich später noch zu den Vorwürfen äußern, gleiches gilt auch für die Mitangeklagten Julius M. und Jens M.

Friedemann G. dagegen will im Prozess ebenso schweigen wie der angeklagte Strafverteidiger André R., dessen Anwalt Andrej Klein am Montag eine Erklärung verlas. Dort übte er Kritik an den aus seiner Sicht lückenhaften Ermittlungen der Polizei, André R. stehe in keinem persönlichen Verhältnis zu Maximilian S. und kenne den Mitangeklagten Friedemann G. nur als langjährigen Mandanten seiner Kanzlei.

Vier der fünf Angeklagten derzeit auf freiem Fuß

Friedemann G. sitzt derzeit auch als einziger der Angeklagten in Haft, allerdings wegen einer anderen Strafsache. Die restlichen vier befinden sich noch auf freiem Fuß. Einen Haftbefehl gegen Maximilian S. hatte das Gericht mit der Begründung fehlender Fluchtgefahr abgelehnt. Gleichwohl müsste er im Falle einer Verurteilung mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe rechnen.

Die 8. Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Rüdiger Harr hat nun die Mammutaufgabe vor sich, den Sachverhalt sorgfältig auszuleuchten und jeden Stein umzudrehen. Am Montagvormittag wurde der Prozess zunächst für eine erste Beratung vorübergehend unterbrochen.

Bis 28. Juni sind derzeit 17 weitere Verhandlungstage geplant.

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