Der Täter kam mit einer Sturmhaube wie aus dem Nichts: Seit Donnerstag, dem 11. Dezember 2025, muss sich ein junger Mann (20) am Landgericht gemeinsam mit einer mutmaßlichen Komplizin (22) wegen eines nächtlichen Raubüberfalls auf ein Hotel in der Innenstadt von Leipzig verantworten. Zum Prozessauftakt legte der 20-Jährige ein Geständnis ab und bat den Hotelangestellten um Entschuldigung.

Es ging alles sehr schnell: Der maskierte Täter betrat die Rezeption, forderte Geld, versprühte Reizgas und erbeutete 450 Euro, mit denen er in der Nacht verschwand. Nun, ein halbes Jahr später, steht der mutmaßliche Täter Husam J. (20) mit einer weiteren Angeklagten (22) am Leipziger Landgericht. Staatsanwalt Eike Gildemeister warf dem Duo zum Prozessbeginn besonders schwere räuberische Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor.

Mutmaßliche Täter schnell gefasst

Es war am frühen Morgen des 4. Juni 2025 gegen 01:20 Uhr, als ein zunächst unbekannter Mann mit Maskierung das Foyer des Hotels betrat, den Mitarbeiter der Nachtschicht zur Herausgabe von Bargeld aufforderte und Reizgas in seine Richtung versprühte. Der Täter entkam mit seiner recht überschaubaren Beute, soll dann laut Anklageschrift mit seiner mutmaßlichen Komplizin, die in einem Fluchtfahrzeug wartete, verschwunden sein.

Doch schon wenige Tage später konnten zwei Verdächtige bei einer Wohnungsdurchsuchung in Böhlitz-Ehrenberg gefasst werden. Der Rezeptionist des Hotels erlitt bei dem Überfall physisch „erhebliche Schmerzen“ und eine Augenreizung, wurde von Sanitätern behandelt.

Mitangeklagte schweigt vor Gericht

Nach einem Rechtsgespräch, bei dem Gericht, Anklage und Verteidigung nichtöffentlich über einen Strafrahmen diskutierten, wurde Husam J. eine Haftstrafe von maximal drei Jahren und vier Monaten in Aussicht gestellt, in die eine frühere Verurteilung einfließt. Seine mutmaßliche Mittäterin solle bis zu einem Jahr und acht Monate mit Bewährung sowie Geld- oder Arbeitsauflage erhalten. Als Voraussetzung legte die Strafkammer glaubhafte Geständnisse fest.

Zumindest Husam J. nahm den Deal an und räumte die Tat ein: Durch ein kurzzeitiges Praktikum in dem Hotel vor längerer Zeit habe er über die Gegebenheiten vor Ort Bescheid gewusst. Unter dem Einfluss von Drogen und Tabletten habe er den Überfall begangen: „Da fällt die Hemmung einfach weg.“ Beim Haftrichter-Termin nach seiner Festnahme soll Husam J. Drogenschulden als Motiv genannt haben.

Angeklagte mit Anwalt.
Die Mitangeklagte, hier mit ihrem Rechtsanwalt Daniel Baumgärtner, wollte sich nicht zu den Vorwürfen äußern. Foto: Lucas Böhme

Die Rolle seiner 22-jährigen Mitangeklagten, die sich nach Angaben ihrer Verteidigung nicht zu den Tatvorwürfen äußern will, blieb in der Aussage unklar. Der Vorsitzende Richter hielt Husam J. allerdings gesicherte Chats und Sprachnachrichten vor, in denen die junge Frau den Screenshot eines Medienberichts zum Überfall auf das Hotel geteilt haben soll. Auch die Worte „Wir sind safe“ sollen in der Kommunikation gefallen sein. Wohl ein schwerer Irrtum, denn nur Tage später rückte die Polizei an.

Hotelmitarbeiter sollte kurz nach Überfall weitermachen

Auch der überfallene Hotelmitarbeiter sagte am Donnerstag als Zeuge aus. Er sei gerade beim Telefonat mit einem Kollegen gewesen, als eine vermummte und schwarz gekleidete Gestalt an der Rezeption auftauchte, so Matthias B. (21, Name geändert): „Ich sollte Geld holen und zögerte. Das war neu für mich.“

Kurz darauf wurde auch schon Reizgas versprüht: „Ich konnte nichts mehr sehen und auch das Atmen war sehr schwer.“ Nachdem der Täter Geld aus Kasse und Tresor bekommen hatte, habe er sich kurz für den Vorfall entschuldigt und sei dann verschwunden.

Nach dem Notruf und der ärztlichen Behandlung habe er auf Geheiß seiner Chefin trotz des Überfalls noch die Nachtschicht bis zum Morgen beendet, so der Zeuge. Ein Umstand, den selbst der Vorsitzende Richter nicht unkommentiert ließ: „Da war ich auch einigermaßen erstaunt.“

Opfer nimmt Entschuldigung an: „Hoffe, du findest den richtigen Weg“

Immerhin war Matthias B. war nach dem Überfall laut eigenen Angaben einen Monat dienstunfähig, das Geschehen beschäftige ihn bis heute. Ebenso der Umstand, dass er die Mitangeklagte von Husam J. sogar als Azubi-Kollegin kannte. Ihre mutmaßliche Involvierung in das Tatgeschehen habe ihn „sehr schwer getroffen.“

Eine Entschuldigung von Husam J. nahm der Zeuge im Gerichtssaal aber an: „Es ist jetzt ein Teil von mir und ein Teil von dir. Ich hoffe, du findest den richtigen Weg“, so das Opfer zum Angeklagten, dem in einem weiteren Anklagepunkt vorgeworfen wird, am 4. Januar 2025 zwei Menschen bei einem Streit auf der Jahnallee verletzt zu haben.

Für den Prozess am Landgericht sind noch zwei Verhandlungstage geplant.

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