Ein bisschen mutet es ja schon seltsam an. Wie da auch in diesem Jahr vorrangig Männer am 8. März um die Leipziger Demonstration herumliefen, filmten, fotografierten und so die 3.000 Teilnehmer/-innen begleiteten. Ja, auch in den Medien ist noch immer nicht alles, wie es sein sollte. Aber gut, 2020 lautete andererseits das internationale Motto „Jede*r für Gleichberechtigung“ („Each for Equal“). Und so donnerte nicht grundlos aus Frauen und Männerkehlen ein kraftvolles (und nicht wörtlich gemeintes) „Macker gibt’s in jeder Stadt, bildet Banden, macht sie platt“.

Impressionen von der Demonstration zum Frauentag in Leipzig. Video: L-IZ.de

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Streiken war an diesem Tag irgendwie nicht so ganz möglich, fiel doch der diesjährige Frauentag auf einen eher arbeitsärmeren Sonntag. Blieben also die Themen der Teilnehmer/-innen: Wie schon 2019 dominierten neben den feministischen Forderungen nach weltweiter Gleichberechtigung und gegen das Dominanzgehabe alias „Mackertum“ der Männer auch die Rufe nach Besserstellung der noch immer vorrangig von Frauen wahrgenommenen, pflegenden Berufe.

Ebenfalls wieder dabei – der Klimablock mit den Leipziger „Fridays for Futures“. Wenig überraschend engagieren sich auch hier – wie in den meisten Bewegungen, wo es um lebensfähige und soziale Verhältnisse geht – viele junge Frauen für die Zukunft.

Weitere prägende Themen waren Gewalt, Sexismus und die katastrophalen Zustände, welche gerade an der griechischen Grenze zeigen, was geschieht, wenn man versucht, Europa zu einer „Festung“ zu machen. Ein Redebeitrag forderte einen sofortigen Richtungswechsel bei der Abschottungspolitik. An eine weitere Form der Gewalt im Inland erinnerte mindestens ein weiteres Plakat, welches Prostitution und die Herkunft der Frauen thematisierte.

Gestartet war die Demo mit einstündiger Verspätung auf der Karl-Liebknecht-Straße, mit Zwischenstopps am Wilhelm-Leuschner-Platz über den Georgi-Ring und endete gegen 20 Uhr mit der Schlusskundgebung auf dem Wagner-Platz (siehe Video).

Hoppla.

Man kann also vom Süden aus über die größten Plätze und Straßen Leipzigs demonstrieren, ganz ohne einen Frauennahmen zu streifen. Das war wohl auch anderen aufgefallen, welche bereits in der Nacht zum Frauentag aktiv geworden waren. In einer Nachtaktion hatten sie kurzzeitig die Namen einiger Straßen und Orte umbenannt, bei einigen auch mit einem gewissen Augenzwinkern. So wurde die Karli mal eben zur „Clara-Zetkin-Straße“, aber auch Franz Dominic Grassi (Leipziger Kaufmann italienischer Herkunft) verlor für einen Tag die Widmung seines Museums an die Sängerin Beyoncé. Zumindest laut einem Hinweisschild am Ring.

Gegenüber verpassten die nächtlichen Feminist/-innen einer Männerfigur am Mendebrunnen eine Haushaltsschürze.

Eine Aktion, über die sich die Leipziger Linksjugend jedenfalls köstlich amüsierte. „Mit der symbolischen Umbenennung der Straßen, mithilfe von aufgeklebten, neuen Straßenschildern werden Frauen geehrt, welche sonst viel zu selten für ihr Lebenswerk gewürdigt werden. Es scheint notwendig zu sein auf diesen Missstand hinzuweisen.“, so die Einordnung der Jugendbewegung der Linkspartei heute.

Natalie Prautsch, Inklusionsbeauftrage der linksjugend Sachsen dazu: „Frauen müssen sich mehr anstrengen als Männer, um nach vorn zukommen. Frauen müssen sich in vielen Situationen permanent gegenüber von Männern beweisen. Wenn sie dies dann doch schaffen, werden sie weniger gewürdigt als Männer, was man beispielsweise an der Benennung von Straßen sieht.“

Und so erhielt eine Straße den Namen von Fanny Goetz. „Sie war die erste Leipziger Stadträtin und außerdem Entwicklerin von Sportkleidung für Frauen im 20. Jahrhundert.“, heißt es weiter (hier geht es zur gesamten Mitteilung mit allen Straßennamen).

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Warum sich die Herren immer noch die Taschen volllügen und nicht begreifen wollen, was unsere Gesellschaft zerstört

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