Die jüdische Gemeinde in Leipzig umfasst heute rund 1.200 Mitglieder. Veranstaltungen werden begangen, Geburten gefeiert, verstorbene Juden und Jüdinnen verabschiedet, der Vergangenheit gedacht. Das jüdische Leben in Leipzig ist bunt und vielseitig. Wir stellen hier die fünf wichtigsten Orte vor, an denen es stattfindet.

Brodyer Synagoge

Schwerpunkt der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig ist die Brodyer Synagoge. Um den eingewanderten orthodoxen Ostjüd/-innen einen geweihten Ort zur Religionsausübung zur Verfügung zu stellen, erwarb der Kaufmann Friedrich Gutfreud die Doppelhaushälfte Keilstraße 4. Das jüdische Gotteshaus, 1903 vom Talmud-Thora-Verein übernommen, konnte 1904 unter dem Namen „Talmud-Tora-Synagoge“ eingeweiht werden. Bekannt ist sie aber auch als „Brodyer Synagoge“, zurückgehend auf die ukrainische Stadt Brody.

Im dunkelsten Kapitel der deutsch-jüdischen Geschichte wurde die Synagoge geplündert, enteignet und der Grundstücksverwaltung-Treuhand-AG überstellt. Da sie sich in einem Wohngebäude befand, überstand sie jedoch den Nationalsozialismus. Nach dem Krieg weihte man sie wieder ein und so finden heute noch täglich jüdische Gottesdienste in ihr statt.

Gedenkstätte Große Gemeindesynagoge

Gedenkstätte Große Gemeindesynagoge. Foto: Christopher Berberich

An der Kreuzung von Gottschedstraße und Käthe-Kollwitz-Straße, wo einst die große Gemeindesynagoge stand, befindet sich heute eine Gedenkstätte. Die Nationalsozialisten zerstörten die Synagoge in der Reichspogromnacht 1938. 140 Bronzestühle auf einem Betonfundament und eine Gedenktafel erinnern an die Verbrechen des NS-Regimes und an die Opfer der Shoah.

Die Erinnerungskultur ist hier lebendig, beispielsweise, wenn zum Gedenken an die Reichspogromnacht ein Kranz niedergelegt wird. Auch wurde das Denkmal aufgrund der Corona-Pandemie zum Ausweichort für religiöse Feierlichkeiten, da die Brodyer Synagoge zu klein war, um unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen der Gemeinde genügend Platz zu bieten.

Neuer Israelitischer Friedhof

Neuer Israelitischer Friedhof. Foto: Maren Wilczek

Der Neue Israelitische Friedhof in Eutritzsch ist der dritte jüdische Friedhof in Leipzig und der derzeit einzige, auf dem bestattet wird. Die Israelitische Religionsgemeinde hatte das Grundstück in der Delitzscher Straße 224 zu Beginn des 20. Jahrhunderts gekauft und 1928 als Friedhof eingeweiht.

Die beeindruckende Feierhalle des Architekten Wilhelm Haller ist 1939 von den Nationalsozialisten zerstört worden. Ein Mahnmal für die Leipziger Opfer der Shoah ist 1951 an ihrer Stelle errichtet, aber beim Bau der neuen Feierhalle (1953–55) verlegt worden.

Heute befinden sich auf dem Friedhof rund 1.500 Grabstätten, darunter die des Dirigenten Barnet Licht, der Kantoren Alfred Eibenschütz und Werner Sander sowie der Gemeindevorsitzenden Eugen Gollomb und Aron Adlerstein. Der Friedhof öffnet täglich, außer samstags und an jüdischen Feiertagen.

Erich-Zeigner-Haus

Erich-Zeigner-Haus. Foto: Robert Schikor

Im ehemaligen Wohnhaus Erich Zeigners (1886–1949) in Plagwitz hält der Verein Erich-Zeigner-Haus die Erinnerung an Leipzigs ersten Oberbürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg wach. Der SPD- und spätere SED-Politiker kämpfte von Beginn an gegen den aufkommenden Faschismus in Deutschland und verhalf während des Krieges jüdischen Verfolgten zur Rettung und Flucht.

Bis heute ist die Originaleinrichtung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss weitestgehend erhalten. Der Verein, der hier seit 1999 sein Zuhause hat, engagiert sich nicht nur mit verschiedenen Veranstaltungsformaten gegen Demokratieverachtung und Fremdenfeindlichkeit, sondern betreibt aktive Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes und die Kämpfer/-innen des Widerstands. Mehr als 100 Biografien unbekannter Opfer wurden bisher recherchiert. Mit der Verlegung von Stolpersteinen erhielten die Schicksale eine würdige Aufarbeitung.

Das Ariowitsch-Haus

Ariowitsch-Haus. Foto: Birthe Kleemann

2009 wurde das jüdische Kultur- und Begegnungszentrum Ariowitsch-Haus im Waldstraßenviertel eingeweiht. Das Haus blickt auf eine bewegte Geschichte zurück: 1928 erwarb Luise Ariowitsch das Haus und eröffnete 1931 hier ein jüdisches Altersheim. Alle Bewohner/-innen und Angestellten des Heims wurden im September 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt.

Heute finden in dem Haus kulturelle Veranstaltungen, Konzert- und Lesereihen, Ausstellungen, Vorträge und Seminare statt. Der Verein ist Ausrichter und Veranstalter der zweijährig stattfindenden jüdischen Woche und setzt sich mit Kursen für die Aufklärung und Prävention gegen Antisemitismus und Rassismus ein.

„Von Brodyer Syngoge bis Ariowitsch-Haus: Wo jüdisches Leben in Leipzig heute stattfindet“ erschien zum Schwerpunktthema erstmals am 27. Mai 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 102 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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