200 sächsische Gemeinden waren zur Lärmkartierung 2012 verpflichtet. Getan haben es bislang die wenigsten. Bis zum 18.Juli 2013 sollten sie dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) über den Stand der daraus folgenden Lärmaktionsplanung Bericht erstatten.

Nur eine Gemeinde, die Stadt Pirna, ist bisher der Verpflichtung nachgekommen, einen verbindlichen Lärmaktionsplan zu verabschieden.

“Die Ergebnisse sind erschreckend”, kritisiert Kallenbach, die auch umweltpolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist. “Das ist ein fahrlässiges Spiel mit der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger. Sachsens Kommunen hinken bei der Aufstellung und Umsetzung von Lärmschutz-Maßnahmen meilenweit dem vorgeschriebenem Zeitplan hinterher. Umweltminister Frank Kupfer (CDU) muss mehr Druck machen.”

Selbst ein halbes Jahr nach dem Stichtag befindet sich die Lärmaktionsplanung laut Antwort der Staatsregierung in 30 Gemeinden erst in Bearbeitung. 36 Kommunen sind immer noch bei der Vorprüfung, sieben haben gar nicht geantwortet. 125 Gemeinden haben nach ihrer Vorprüfung auf eine Aufstellung von Lärmaktionsplänen verzichtet. Neun Gemeinden davon haben die Lärmaktionsplanung mit offensichtlich unzureichender Begründung abgebrochen. Das Ministerium zählt unter anderem Döbeln, Grimma, Niederwürschnitz und Frankenberg auf. Dies sieht auch der Umweltminister kritisch.

“Dabei leiden dort zahlreiche Menschen an überhöhter Lärmbelastung”, so Kallenbach. “Beispielsweise sind in Döbeln über 800 Personen betroffen, in Grimma sind es über 330.” Aber auch die Leipziger Zahlen erscheinen in einem neuen Licht. Das Leipziger Umweltamt vermeldete bislang nur 3.000 Leipziger, die nachts mit einem Lärmpegel von über 60 dB konfrontiert seien, 31.000 seien es am Tag.

Die Liste des Umweltministeriums zeigt jetzt, dass im Ballungsraum Leipzig 24.502 Menschen einen nächtlichen Lärm über 55 Dezibel aushalten müssen. Und das ist noch nicht einmal die Zahl, die für die gleichgroße Landeshauptstadt Dresden angegeben wird. 39.988 stehen dort in der Liste, was bedeutet, dass allein die beiden Großstädte Leipzig und Dresden über 60 Prozent des nächtlichen Hauptlärms in Sachsen aushalten müssen.

“Die Staatsregierung muss ihr Engagement für die Gesundheit der Sachsen deutlich erhöhen”, meint Gisela Kallenbach. “Denn Lärm nervt nicht nur, er hat auch Einfluss auf die Erholung, die Konzentrationsfähigkeit und den Krankenstand von Menschen. Experten sind sich einig: Wer dauerhaft unter solchem Lärm leidet, droht an Herz und Kreislauf sowie Bluthochdruck zu erkranken. Bei 65 Dezibel am Tag und 55 Dezibel in der Nacht steigt das Herzinfarktrisiko bei Männern bereits um 30 Prozent.”

Dass sich viele Kommunen verweigern oder das Thema wie in Leipzig auf die lange Bank schieben, hat auch wieder finanzielle Gründe. Auch in diesem Fall wurden die Kommunen zwar zur Lieferung verdonnert – bezahlen sollen sie die aus der Kartierung folgenden Maßnahmen aber vorwiegend aus der eigenen Tasche.

“Finanziell lässt der Freistaat die Kommunen beim Lärmschutz im Regen stehen”, stellt Kallenbach fest. “Läppische 150.000 Euro stehen im sächsischen Haushalt pro Jahr etwa für Schallschutzmaßnahmen an Staatsstraßen zur Verfügung. Die Forderung der Grünen-Fraktion, jährlich 4 Millionen Euro in Lärmschutzmaßnahmen an Bahnschienen und Staatsstraßen zu investieren, lehnten CDU- und FDP-Fraktion in den zurückliegenden Haushaltsverhandlungen ab.”

Die Europäische Union verpflichtet die Gemeinden zur Entwicklung von Maßnahmen zur Lärmvermeidung in hochbelasteten Bereichen. Diese Maßnahmen sind in sogenannten Lärmaktionsplänen (LAP) festzuschreiben. Bis zum Stichtag, dem 18. Juli 2013, hätte nach Paragraf 47d Bundesimmissionsschutzgesetz jede sächsische Gemeinde, die im Ergebnis der Lärmkartierung lärmbetroffene Bewohner aufweist, dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) über den Stand der Lärmaktionsplanung Bericht erstatten müssen.

Die Kleine Anfrage Gisela Kallenbach “Aktueller Stand Lärmaktionsplanung – sechs Monate nach Ablauf des Stichtags 18. Juli 2013” (Drs. 5/13378):

www.mobiles-sachsen.de/fileadmin/user_upload/sachsentakt21/Laerm/Aktueller_Stand_Laermaktionsplanung__5_Drs_13378_.pdf

Die Leipziger Website zur Lärmkartierung:

www.leipzig.de/umwelt-und-verkehr/luft-und-laerm/laermschutz/laermkartierung-und-berechnungsvorschriften/

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