Am 22. Januar 2020 wurde nach fünftägiger Besetzung das „Putzi“ in der Königsbrücker Straße 12-16 in Dresden geräumt. Die Personen, welche die Besetzung vorgenommen hatten, sowie Unterstützerinnen und Unterstützer hatten vom ersten Tag an Kommunikationsbereitschaft signalisiert und ein Nutzungskonzept für die seit etwa 1992 leer stehenden Gebäude vorgelegt. Demnach war und ist es ihr Ziel, dort ein Wohnprojekt, ein kulturelles Zentrum und einen Ort der unkommerziellen Bildung zu schaffen. Auch in der Dresdner Stadtpolitik wurde infolge der Besetzung über eine sinnvolle Nutzung von leer stehenden Gebäuden diskutiert.

Trotzdem räumte die Polizei unter Mitwirkung eines Spezialeinsatzkommandos die Gebäude. Im Nachgang der Räumung stellte die Linken-Abgeordnete Juliane Nagel dazu Kleine Anfragen (Drucksachen 7/2155 und 7/2156). Das Innenministerium antwortete genau einen Tag dem Start des ersten Prozesses gegen eine Besetzerin und einen Besetzer und teilte unter anderem mit, dass insgesamt 250 Einsatzkräfte an der Räumung beteiligt waren.

Für Aufsehen sorgte am ersten Verhandlungstag die Aussagen des Richters Arndt Fiedler: „Ganz viel Respekt für diese jungen Erwachsenen, das ist ein beeindruckender Kampf gegen Gentrifizierung gewesen“. Trotz des Vorschlags des Richters, das Verfahren einzustellen, beharrt die Staatsanwaltschaft jedoch auf dessen Fortführung und forderte vehement eine Verurteilung der Angeklagten.

Juliane Nagel erklärt dazu:

„Obwohl die Staatsanwaltschaft augenscheinlich bar jeder Verhältnismäßigkeit eine Verurteilung erzwingen will, zeigen auch die Worte des Richters deutlich: Hausbesetzungen zu sozialen Zwecken und als Protest gegen Mietenwahnsinn und Gentrifizierung stellen nicht per se eine kriminelle Handlung dar.

Wo Mieten steigen und Verdrängung stattfindet, sind Besetzungen von Gebäuden, die aus Spekulationseifer oder anderen Gründen seit vielen Jahren verfallen, ein wertvoller Beitrag zu einer lebendigen Stadtgesellschaft. Meine Anfragen ergaben, dass die Dimension des Polizeieinsatzes nicht auf einer etwaigen Gefährlichkeit der besetzenden Personen beruhte, sondern eher auf der Beschaffenheit der Gebäude.

Alles andere als eine Einstellung des Gerichtsprozesses wäre eine Farce! Außerdem finde ich, dass die friedliche Besetzung von lange leer stehenden Gebäuden für gemeinnützige Zwecke als positiver Beitrag für das Gemeinwesen grundsätzlich legalisiert werden sollte – analog zur früheren Gesetzgebung in den Niederlanden.“

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