Nicht lockerlassen. Zwei Versuche der AfD-Fraktion, die Leipziger Stadtverwaltung dazu zu überreden, einen (weiteren) Ort in Leipzig nach dem Reichskanzler Otto von Bismarck zu benennen, sind schon irgendwie gescheitert. Aber Sturheit hilft, hat auch schon dem Eisernen Otto geholfen. Die AfD-Fraktion hat am 8. Mai einen dritten Versuch gestartet.

Der 200. Geburtstag, zu dem die AfD gern die Namensweihe für den neuen Otto-von-Bismarck-Ort gefeiert hätte, ist zwar vorbei. Der war am 1. April. Aber das heißt ja nicht, dass die kleine Fraktion nicht auf durchaus April-würdige Einfälle käme, womit man den alten Preußen am besten ehren könnte, den “maßgeblichen Schöpfer des ersten deutschen Nationalstaates”, wie ihn die AfD-Fraktion nennt.

Fündig wurde sie an vertrautem Plätzchen.

“Der Kreisverkehrs-Platz Karl-Tauchnitz-Straße/Edvard-Grieg-Allee wird nach Otto von Bismarck benannt”, beantragt sie jetzt.

Und begründet es so: “Otto von Bismarck hat als maßgeblicher Schöpfer des ersten deutschen Nationalstaates jenen nachhaltigen politischen Einfluss ausgeübt, welcher auch die deutsche Wiedervereinigung von 1990 ermöglicht hat. Das Leipziger Bismarck-Denkmal stand bis 1946 in unmittelbarer Nähe des heutigen Kreisverkehrs, so dass eine Benennung des bisher unbenannten Platzes nach dem deutschen Staatsgründer sinnvoll und wegen der zentralen Lage auch würdig ist.”

Womit dann auch endlich geklärt ist, wer der eigentliche Kanzler der deutschen Einheit war. Nicht Helmut Kohl, sondern Otto von Bismarck war es. Wahrscheinlich sind auch die Leipziger 1989 alle schon mit Otto im Geiste um den Ring marschiert.

Apropos Ring: Der Kreisverkehr in der Tauchnitzstraße ist ja auch ein Ring, wäre also ein Otto-von-Bismarck-Ring sehr symbolisch. Auch für das Geschichtsverständnis der alternativen Nachfahren: Geschichte dreht sich im Kreis und – das ist bei einem Kreisverkehr nun einmal so – abbiegen kann man immer nur nach rechts.

Wer hätte das gedacht, dass Geschichte so sinnfällig sein kann.

Noch als Ergänzung: Das Bismarck-Denkmal stand ungefähr da, wo seit 1967 das von Walter Arnold geschaffene Denkmal für Clara Zetkin steht, nach der auch der angrenzende Clara-Zetkin-Park benannt ist. Eingeweiht wurde es zum 110. Geburtstag der Frauenrechtlerin, Lehrerin und Kommunistin.

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Zunaechst einmal: Dieser Kreisel ist kein Kreisverkehr! Er besitzt neben der augenscheinlich kreisfoermigen Spur noch eine “Tangente”, von der die Autofahrer sehr gerne von der stadtseitigen Tauchnitzstrasse nach rechts direkt in die Griegallee brettern und dort querende Fussgaenger gefaehrden.

Das Verkehrsamt hat die vormalige Situation durch die Renovierung (nicht: Umbau) nur wenig entschaerft. Weiterhin bleibt das Queren der Griegallee eine gefaehrliche Angelegenheit, weil man selbst als gutwilliger Fussgaenger nicht voraussehen kann, welche Autofahrer (von der Tangente oder aus der Kreisspur) nun also abbiegen werden und man also gefaelligst Platz zu machen hat. Angeblich braucht das Verkehrsamt fuer eine Gefahrenstelle vier Unfaelle pro Jahr, damit die Behoerde ueberhaupt reagiert und die Gefahrenstelle in naeheren Augenschein nimmt. Damit also etwas passiert, muessten Fussgaenger sich oder Muetter ihre Kinderwagen opfern… Soviel zur besinnungslosen Verkehrspolitik in dieser Autostadt.

Dieser Verkehrskonflikt stellt fuer mich die Verbindung zur Namensgebung her, denn bei OvB sehe ich hauptsaechlich die Gewaltherrschaft, die er letztlich ausgeuebt hat.

Irgendwie schelmisch von der AfD, gerade diesen Gefahrenpunkt ausgesucht zu haben…

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