Am 9. Juni vermeldete die Stadt Leipzig, dass der Bebauungsplan Nr. 361.2 "Messegrund-West" ausgelegt werden soll - in einem beschleunigten Verfahren. Nach fünf Jahren Dornröschenschlaf kommt endlich Bewegung in ein Projekt, das damals schon medial als prächtige Autohaus-Meile gemalt wurde. Es gab sogar Bürgerbeteiligung. Aber es war wie so oft: Nix ist passiert. Jetzt aber scheint's zu pressieren.

Der Grundstückseigentümer, die RV Rheinbraun Brennstoff GmbH, hat Bedarf angemeldet, jetzt recht zügig endlich einen Bebauungsplan für das brachliegende Gelände zwischen der Richard-Lehmann-Straße und der Zwickauer Straße für die Ansiedlung von Handels- und Gewerbebetrieben zu bekommen. Dass hier Gewerbe gebaut werden kann, ist eigentlich durch alle möglichen Rahmenpläne genau so vorgesehen – 2014 zuletzt auch im neuen Flächennutzungsplan der Stadt so verankert.

Nur einen Bebauungsplan gab es bislang nicht, auch wenn schon 2010 alle nötigen Beteiligungen dazu passiert sind. Aber augenscheinlich musste erst mal einer anfangen, das seit 1990 brach liegende Gelände im Bahnbogen der S-Bahn zu bebauen. In diesem Fall die Deutsche Funkturm GmbH, die hier einen 191 Meter hohen Sendemast errichtet. Dafür wurde extra im Mittelteil des Geländes ein eigener Bebauungsplan aufgestellt. Der Rest des Areals wurde dabei noch ausgespart.

Tatsächlich ist die Geschichte des Bebauungsplanes noch viel länger: “Im Vorfeld der Aufstellung des Bebauungsplanes wurde seitens des vom Eigentümer beauftragten Planungsbüros für den Messegrund-West ein städtebauliches Konzept erarbeitet und im Juli 2007 mit der Stadtverwaltung abgestimmt. Dieses Konzept soll als Grundlage für den Bebauungsplan Nr. 361.2 dienen.”

2007 ist schon ein ganzes Weilchen her. Aber nun werden die Pläne, an der Ecke Zwickauer Straße/Richard-Lehmann-Straße auf einer Fläche von 13.400 Quadratmeter Gewerbe anzusiedeln, augenscheinlich konkret. So nach und nach entwickelt sich das Gelände der Alten Messe, zu dem auch die Gebiete westlich der Zwickauer Straße planungstechnisch gehören, zu einem Wissenschafts-, Handels- und Gewerbestandort. Die Lage ist zentral, die Anbindung gut. Im alten Flächennutzungsplan war hier in einem Teil des Geländes sogar noch Wohnbebauung vorgesehen – das wurde 2014 im neuen Flächennutzungsplan geändert. Es wird nicht allzu viele Leute geben, die unter einem Funkmast wohnen wollen.

Was jetzt möglicherweise geplant werden soll, fügt sich in die Generalplanungen fürs alte Messegelände ein, das entlang der Richard-Lehmann-Straße so etwas wie eine Leipziger Automeile vorgesehen hat. Mehrere Autohäuser haben hier mittlerweile – zumindest östlich der Zwickauer Straße, entsprechend gebaut. Westlich der Zwickauer tut man sich aufgrund der Geländeprofile noch etwas schwer, denn hier fällt das Gelände stark ab bis zum Niveau der einstigen Gleise zum Bayrischen Bahnhof. Man kann also nicht allzu tief ins Gelände hineinbauen. Deswegen ist im südlichen Teil auch eine kleine Grünfläche vorgesehen.

Die vorliegenden Planungen sehen zwei größere Gewerbeeinheiten vor – eine an der Front zur Richard-Lehmann-Straße bis zum Beginn der Brücke, eine an der Zwickauer Straße bis zur Straßeneinmündung.

Dort verläuft auch der Straßenstummel, mit dem das Gesamtgelände zumindest angeschlossen ist. Was noch fehlt, ist die Verlängerung dieses Stummels im Bogen um das ganze Gelände herum unter der Brücke der Richard-Lehmann-Straße hindurch, so dass auch das derzeit brachliegende Gelände östlich vom MDR erschlossen werden kann.

Die Ecke hat tatsächlich Potenzial für eine städtebauliche Entwicklung. Und vielleicht ärgert sich mal ein Planer so richtig, wenn er merkt, dass die S-Bahn-Station “MDR” an die Semmelweißstraße gesetzt wurde und nicht neben den MDR.

Perspektive Richard-Lehmann-Straße: Hier soll die Raumkante bebaut werden. Links sieht man die Zwickauer Straße. Foto: Ralf Julke
Perspektive Richard-Lehmann-Straße: Hier soll die Raumkante bebaut werden. Links sieht man die Zwickauer Straße. Foto: Ralf Julke

Noch etwas offen ist die Frage, inwieweit der innere Teil des Plangeländes Teil eines Grünzuges ist, wird oder bleibt, der sich bis zum Bayerischen Bahnhof erstrecken soll. In der Vorlage heißt es dazu:  “Westlich und südlich in Randlage, jedoch außerhalb des Plangebietes, stellt der Landschaftsplan die Fortführung des vom Bayerischen Bahnhof kommenden Grünzuges bis in den Bahnbogen dar. Diese grüne Zäsur und Einbindung besitzt Bedeutung durch ihre Lage an der Hauptventilationsbahn entlang der Gleisanlagen, aus Gründen der Anbindung an den innerstädtischen Biotopverbund und die Ortsbildfunktion.”

Irgendwelche landschaftlich geschützten Teile gibt es im Gelände nicht. Es hat in den vergangenen 25 Jahren praktisch als Aufschüttungsgebiet für Kies- und Erdmassen gedient und man sieht kaum noch, dass es 1990 in kompletter Fläche 4 Meter unterm Straßenniveau lag. Bis dahin war ein Teil der Fläche als Kohlenlager genutzt worden.

Jetzt kann man gespannt sein, ob die auf einmal ausgebrochene Eile einen guten Grund hat und die Rheinbraun Brennstoff GmbH gleich die erste Baustelle eröffnet. Die Rheinbraun Brennstoff GmbH ist übrigens eine Tochter von RWE. Im Internet wird das Gelände aktuell noch für 1,9 Millionen Euro zum Verkauf angeboten.

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