Es gibt Ecken in Leipzig, da kommt man sich als Radfahrer so abgefahren vor, dass man nie und nimmer auf die Idee käme, dass man sich auf einem offiziellen Abschnitt des internationalen Elster-Fernradweges befindet. Man rumpelt über eine ungepflegte Schlaglochpiste und kommt über halb gesperrte Brücken, so, wie das beim Peterssteg über den Elstermühlgraben nun seit Jahren der Fall ist. Der soll nun endlich ersetzt werden.

Eine entsprechende Vorlage hat jetzt das Planungsdezernat der Stadt eingebracht. 2017 soll der Steg für 1,135 Millionen Euro erneuert werden. Davon fließen in diesem Jahr noch 275.000 Euro in die Vorplanungen.

Aber Peterssteg?

Das steht nicht mal dran. Wer die Brücke sucht, ist im Peterssteinweg genauso falsch wie in der Petersstraße. Die Brücke ist eine der Brücken über den Elstermühlgraben, und zwar gleich die erste, nachdem die Weiße Elster am Palmgartenwehr ins Elsterflutbett geflossen ist und der Elstermühlgraben auf der anderen Seite abzweigte.

Als die Brücke gebaut wurde, zweigte hier kein Mühlgraben ab, sondern hier floss ganz normal die Weiße Elster weiter Richtung Innenstadt.

Radfahrer kommen hier ja in der Regel lang, wenn sie am Sportforum und am Wagner-Hain entlang Richtung Clara-Zetkin-Park wollen. Kurz nachdem rechterhand die Straße über das Palmgartenwehr abgezweigt ist, kommt die Brücke, bevor man 50 Meter weiter an die Käthe-Kollwitz-Straße kommt, wo eine Bettelampel dafür sorgt, dass die Nutzer des Elsterfernradweges dumm in der Gegend herumstehen. Weltstädtische Radrouten sehen anders aus.

Aber erst mal zur Brücke, die ein wenig aussieht wie ein Provisorium aus DDR-Zeiten.

Tatsächlich wurde das Bauwerk aber schon 1879 errichtet und 1934 dann verbreitert. Diese Verbreiterung wurde vor einigen Jahren wieder zurückgenommen. Der stählerne Überbau ist völlig verschlissen und muss komplett erneuert werden. Die Gründung freilich kann saniert und instandgesetzt werden, teilt das Planungsdezernat mit.

Die volle Breite wird eigentlich gebraucht. Gerade an Wochenenden sind hier nicht nur Radfahrer, sondern auch Fußgänger in Scharen unterwegs. Zum Beispiel zu den beliebten Hörspielsommernächten im Richard-Wagner-Hain.

Die Stadt bezieht sogar die Grünfläche rund um den Peterssteg mit ein in den Richard-Wagner-Hain.

Was auch irgendwie egal ist.

Es geht um Leipzigs Radrouten, die bislang immer nur das Stiefkind der Stadtverkehrspolitik gewesen sind.

Und die Radroute über den Peterssteg ist nicht nur ein von Radlern auf internationalen Pisten viel benutzter Weg, der Weg verbindet auch die Käthe-Kollwitz-Straße mit der Jahnallee und bindet den Uni-Campus Jahnallee und eine Vielzahl von Sportanlagen an das innerstädtische Straßen- und Wegenetz an.

Und nur wer ein Gedächtnis wie ein Elefant hat, erinnert sich noch daran, wann die Absperrbaken aufgestellt wurden, die die Brücke verengt haben: Seit 2002 sind die äußeren Bereiche des 18,20 m breiten Überbaus gesperrt. Es verblieb ein etwa 7,0 Meter breiter abgegrenzter Streifen für Fußgänger und Radfahrer.

Und man hat eigentlich schon viel zu lange gewartet und die notwendige Erneuerung, die 2002 eigentlich fällig war, aufgeschoben: Der verengte Streifen „ist nur noch zeitlich begrenzt und für eine eingeschränkte Belastung nutzbar. Im Ergebnis der letzten Prüfung 2015 wurde der Gesamtzustand des Bauwerkes mit 4,0 bewertet. Das Bauwerk muss halbjährlich besichtigt werden und jährlich ist eine Sonderprüfung durchzuführen, um rechtzeitig Schadensveränderungen zu erkennen, die zu weiteren Beeinträchtigungen der Standsicherheit und Dauerhaftigkeit des Bauwerkes führen können. Die Verkehrssicherheit ist noch gegeben.“

Die Brücke soll jetzt komplett zurückgebaut werden, um die Gründung (Pfeiler und Widerlager) sanieren zu können. Der Ersatzneubau wird nicht wieder 18 Meter breit, sondern nur noch 9,20 Meter, was auch der historischen Wegbreite entspricht. Und da man gerade bei den Wegen ist, will man auch diese 2017 denkmalgerecht sanieren und in ihrer historischen Form wieder herstellen. Man kann nur hoffen, dass man dabei einen ziemlich großen Teil der abgefahrenen Schotterpiste saniert. „Das Wegenetz ist als kombiniertes Fußweg-Radweg-Netz ausgebildet und besteht aus ungebundenen Splitt-/ Schotterdecken“, heißt es in der Vorlage. Die Brücke selbst bekommt einen offenen Belag aus Eichenbohlen. Und damit keine motorisierten Kraftfahrer drüber fahren, wird sie durch Poller abgesperrt.

Und für Fußgänger soll’s auch schöner werden: „Die beiden westlichen Brückenwiderlager werden umgestaltet zu kleinen Aufenthaltsbereichen. Es entsteht auf beiden Seiten eine Fläche, die Platz für eine Bank bietet mit freiem Blick auf die schöne Aussicht nach Westen in Richtung Elsterflutbett und Palmengarten. Der neue Peterssteg wird somit auch gestalterisch aufgewertet und beschreibt von der Wasserseite aus sehr gelungen die Einfahrt in den innerstädtischen Bereich des Flusses.“

Bei der Beleuchtung der Brücke hat man sich auch was einfallen lassen – zusätzlich zu den zwei Lampen, die jetzt dastehen und auch wieder hinkommen sollen: „Gestalterisch und funktionell sind insgesamt 20 Stück Bodenstrahler, beidseitig in den Schrammborden optional vorgesehen. Ebenfalls als Option, auf den verbleibenden Flusspfeilern könnten auf der Westseite (Wehrseite) Gestaltungselemente in Form von Lichtstelen zur Markierung der Einfahrt in den innerstädtischen Flussbereich angeordnet werden. Die baulichen Voraussetzungen dafür werden geschaffen.“

Aber wo fahren dann die Fernradfahrer lang, wenn gebaut wird? Eine 2,50 Meter breite Behelfsbrücke soll in der Bauzeit das Queren möglich machen. Außer in den Zeiten, in denen die Querung komplett gesperrt ist, weil die Stadtwerke-Tochter Netz Leipzig hier ihre alten Leitungen, die unter der Brücke verlaufen, erneuert. Da gibt es dann Radfahrer-Umleitung über die Mainzer Straße.

Der Bau der Brücke soll im Oktober 2016 beginnen. Im Oktober 2017 soll alles fertig sein.

Die Vorlage des Planungsdezernats.

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