Eigentlich denkt man, wenn man zwischen Shakespearestraße und Paul-Gruner-Straße durch die KarLi fährt, gar nicht, dass die Grünfläche mit der Bronzeplastik irgendwie denkmalgeschützt sein könnte. Aber erstaunlich viele Zeugnisse der sozialistischen Stadtbaukunst in Leipzig stehen mittlerweile unter Denkmalschutz. Und das Planungsdezernat will die Grünanlage jetzt denkmalgerecht sanieren.

„Die Gesamtkosten für die Baumaßnahme betragen 505.495,08 Euro. Davon wurden 250.000,00 Euro bereits mit der Beschlussvorlage Nr.VI-DS-02010 ‚Verwendung von sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträgen gemäß §154 BauGB in 2016‘ als überplanmäßige Auszahlung bestätigt“, heißt es in der Vorlage zu diesem Projekt. Aber 2016 wird nicht mehr gebaut, auch wenn diese Aktion eigentlich gleich im Anschluss an die Fertigstellung der umgebauten Karl-Liebknecht-Straße erfolgen sollte. Die bereitgestellten Gelder würden eh nicht reichen, deshalb müssen noch einmal 255.495,08 dazukommen.

Besonders wichtig findet das Dezernat Stadtentwicklung und Bau dabei die „Schaffung von Rahmenbedingungen für eine ausgeglichenere Altersstruktur“. Dabei geht es eigentlich um Aufenthaltsqualität und ein Stück Grün im „Inneren Süden“. Daher kommt übrigens auch ein Teil der Gelder: „Das Ensemble ist ein aussagekräftiges Zeugnis der städtebaulich-architektonischen und der landschaftsarchitektonischen Auffassungen der frühen 1960er Jahre. Der Freiraum enthält umfangreiche Substanz aus der Entstehungszeit und späteren Zeitschichten, die entsprechend der denkmalpflegerischen Zielstellung instand gesetzt und hervorgehoben werden soll. Zugleich erfolgen funktionale und gestalterische Verbesserungen des Freiraums, die aus aktuellen Nutzungsanforderungen resultieren. Die Kosten der Maßnahme werden aus sanierungsbedingten Einnahmen (Ausgleichsbeträge) des Sanierungsgebiets ‚Innerer Süden‘ finanziert.“

Die Plastik „Familie“ von Rudolf Oelzner. Foto: Ralf Julke
Die Plastik „Familie“ von Rudolf Oelzner. Foto: Ralf Julke

Bis zu den Zerstörungen im 2. Weltkrieg war hier überhaupt keine Grünfläche. Die Straße war mit Wohnhäusern dicht bebaut. Doch der Bombenhagel hat die komplette östliche Straßenhälfte zerstört.

Nach dem Krieg wurde hier auch wieder eine komplette Neubebauung geplant in einem Stil, wie man ihn heute noch an der Windmühlenstraße sehen kann. Doch diese neoklassizistische Bauweise fand ja dann in den 1950er Jahren vor allem aus finanziellen Gründen ein Ende. Schon 1961 wurden dann an der Stelle mehrere weit zurückgesetzte Riegel in industrieller Fertigung geplant – und zwar auch deutlich über die Paul-Gruner Straße hinweg. Die „KarLi“ hätte sich hier in weiten Teilen in einen sozialistischen Boulevard verwandelt mit großen Wohnblocks und zwischengeschobenen Pavillons für Ladengeschäfte. Auch die Untergeschosse der Wohnblocks waren für moderne Ladenzeilen vorgesehen. Gebaut wurde dann nur der eine Wohnblock, der heute an der Karl-Liebknecht-Straße 27-33 steht. Von den Pavillons entstand nur der an der Paul-Gruner-Straße, in dem lange Jahre das Möbelhaus „Modern“ untergebracht war. Sämtliche Ladengeschäfte haben in den letzten Jahren wieder eine Nutzung gefunden mit Bio-Markt, Fahrradmarkt und einem Strickzentrum.

Manchmal sieht man nichts davon, weil Bäume und Büsche hochgewachsen sind.

Jetzt soll der ursprüngliche Zustand zumindest in Teilen wieder hergestellt werden. Die entstandene Lücke in der Baumreihe freilich will man nicht wieder schließen, um wenigstens einen Teilblick von der Straße auf die Ladenzeile zu ermöglichen. Dafür soll das Staudenbeet an der Shakespearestraße wieder hergestellt werden, das zwischenzeitlich völlig verwuchert ist. Vorm Pavillon sollen wieder Staudenbeete angelegt werden. Hier blühten in den 1960er Jahren sogar Blumenbeete.

Vor den Geschäften am erhöhten Betonplattenweg sollen mehrere Fahrradbügel eingeordnet werden. Und auch die Terrasse neben der Treppenanlage am Pavillon soll neu eingeteilt werden. Hier soll ein kleiner Freisitz seinen Platz finden – da, wo heute der blaue Traktor steht. Eine Bücherstation und eine Spielstation sollen hier ebenfalls ihren Platz finden. Die Plastik auf der Wiese, die jetzt unter den Bäumen fast verschwindet, bleibt natürlich auch stehen. Vielleicht ist sie der Grund, warum das Planungsdezernat das strategische Ziel „Schaffung von Rahmenbedingungen für eine ausgeglichenere Altersstruktur“ so betont. Immerhin trägt die um 1970 aufgestellte Plastik von Rudolf Oelzner den Namen „Familie“: Mama, Papa, Kind sind zu sehen.

Oelzner, 1906 in Taucha geboren, arbeitete nach 1946 kurzzeitig als Dozent in der Abteilung Plastik der HGB, bevor auch er mit dem dogmatischen Hochschulleiter Kurt Masslof aneinander geriet und die Hochschule verließ. Von Oelzner stammen auch Sportlerskulpturen vor dem Zentralstadion und vor dem Campus Jahnallee, auch der Figurenschmuck am Ringcafé stammt von ihm. Sein Atelier hatte er zuletzt in der Leibnizstraße. 1985 ist er gestorben.

Die Arbeiten an dieser Anlage sind jetzt für 2017 geplant.

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