Der Traum von den schönen neuen Zügen auf der Strecke nach Chemnitz ist erneut geplatzt. Nachdem bereits zwei Starttermine vom Hersteller Alstom nicht eingehalten werden konnten, präsentierte der Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) am Montag, 22. April, ein neues Konzept, wie die alten Züge doch noch ersetzt werden können.

Das Bahnangebot zwischen Leipzig und Chemnitz steht seit Jahren wegen Zugausfällen, Verspätungen sowie überfüllten und nicht barrierefreien Zügen in der Kritik. Besserung soll der Einsatz von batterieelektrischen Triebzügen des Typs Coradia Continental von Alstom bringen. Ursprünglich war der Einsatz ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2023 geplant. Kurz zuvor war der Start auf Sommer 2024 verschoben worden.

Nun teilte der Aufgabenträger Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen (ZVMS) in Chemnitz mit, dass der Start der neuen Züge auch zum Fahrplanwechsel im Dezember dieses Jahres nicht gewährleistet werden kann. Grund dafür ist, dass der Hersteller Alstom bisher keine Bauartzulassung für die neuen Züge erhalten hat.

Das ist besonders peinlich, weil Chemnitz als Europäische Kulturhauptstadt 2025 auf viele Gäste hofft. Da die drittgrößte sächsische Stadt auf der Schiene nur mit Regionalzügen zu erreichen ist, hatte man große Hoffnungen in den geplanten Einsatz der innovativen Batteriezüge von und nach Leipzig gesetzt, um wenigstens von diesem Bahnknoten aus den Reisenden moderne und weniger störanfällige Züge anbieten zu können. Daraus wird nun nichts.

Auf einer Pressekonferenz am Montag in Chemnitz wurde darüber informiert, dass die neuen Batteriezüge nicht wie geplant ab Dezember auf der Bahnstrecke Leipzig - Chemnitz zum Einsatz kommen können. V. l. n. r.: Jan Kleinwechter, MRB-Geschäftsführer, Mathias Korda, VMS-Geschäftsführer, Jochen Slabon, Vertriebsleiter Regionalverkehr bei Alstom und Christian Wiegand, Alstom Deutschland. Foto: Ingolf Wappler
Auf einer Pressekonferenz am Montag, 22. April 2024 in Chemnitz wurde darüber informiert, dass die neuen Batteriezüge nicht wie geplant ab Dezember auf der Bahnstrecke Leipzig – Chemnitz zum Einsatz kommen können. V. l. n. r.: Jan Kleinwechter, MRB-Geschäftsführer, Mathias Korda, VMS-Geschäftsführer, Jochen Slabon, Vertriebsleiter Regionalverkehr bei Alstom und Christian Wiegand, Alstom Deutschland. Foto: Ingolf Wappler

Zumindest im nächsten Jahr will der VMS den Fahrgästen nicht mehr zumuten, die derzeit verkehrenden Züge mit Wagen der ehemaligen Reichsbahn aus den 1980er Jahren zu benutzen. Nachdem von Dezember 2023 bis März 2024 ein von dem Bahnunternehmen WFL angemieteter Zug, bestehend aus zwei Doppelstockwagen und einem Steuerwagen, zur Verstärkung des häufig ausfallenden Wagenparks auf der Linie RE 6 eingesetzt wurde, wird nun ab dem 14.12.2024 ein Ersatzkonzept umgesetzt, das auf den guten Erfahrungen mit dem angemieteten Zug basiert.

Vier Zuggarnituren mit Diesellok

Darüber informierte VMS-Geschäftsführer Mathias Korda am Montag in Chemnitz. Zum Einsatz kommen vier Zuggarnituren, bestehend aus einer Diesellok von Siemens und drei Doppelstockwagen. Die für vier Züge benötigten zwölf Waggons werden von der WFL angemietet. Betreiber der Züge ist und bleibt die Mitteldeutsche Regiobahn (MRB), die zur Transdev-Gruppe gehört. Die Züge sollen so lange eingesetzt werden, bis die bestellten Batterietriebzüge zugelassen, von Alstom geliefert und einsatzbereit sind.

Die Kosten für die Beschaffung der Gebrauchtfahrzeuge trägt Alstom. Der Vertriebsleiter Regionalverkehr bei Alstom, Jochen Slabon, bekannte sich auf der Pressekonferenz in Chemnitz zur alleinigen Verantwortung seines Unternehmens für die Misere und versicherte, dass mit Hochdruck an der Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen für die neuen Fahrzeuge gearbeitet werde.

Derzeit bestehen die Züge nach Chemnitz aus diesem Wagenmaterial aus den Achtzigerjahren. Foto: Ingolf Wappler
Derzeit bestehen die Züge nach Chemnitz aus diesem Wagenmaterial aus den Achtzigerjahren. Foto: Ingolf Wappler

Endlich Barrierefreiheit

Es ist bezeichnend, dass im Bahnverkehr zwischen den beiden sächsischen Großstädten demnächst über vierzig Jahre alte Reisezugwagen durch gut dreißig Jahre alte Exemplare ersetzt werden. Die Vorteile der Doppelstockwagen liegen dennoch auf der Hand: Durchgängige Barrierefreiheit, mehr Platz für Fahrräder, Rollstühle und Kinderwagen sowie eine eingebaute Klimaanlage. Und die Sitzplatzkapazität erhöht sich leicht von 300 auf 340.

Die wiederholten Lieferverzögerungen durch Alstom sind bitter für den erfolgreichen Verkehrsverbund Mittelsachsen. Als Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ist er einer der wenigen Verbünde, der konsequent in die Verbesserung der Schieneninfrastruktur investiert und im Rahmen des „Chemnitzer Modells“ die Region mit dem Oberzentrum verbindet. In der Region leben 1,2 Mio. Menschen. Der VMS hat sich dafür entschieden, bei Neuanschaffungen das rollende Material selbst zu beschaffen und den beauftragten EVU zu überlassen. Er ist somit auch Vertragspartner von Alstom.

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Keine Kommentare bisher

Mich beschleicht das ungute Gefühl, daß unsere Zulassungsstellen wieder mal mit neuer Technik im Dunkeln tappen und nicht wissen wie sie sowas “Ausserirdisches” zulassen sollen. Wäre schön wenn es Aufklärung von Experten geben könnte.

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