Seit über 15 Jahren liegt das Gelände der einstigen Landmaschinenfabrik Rudolf Sack nördlich der Karl-Heine-Straße brach. Das Gelände wurde mit einem Projekt der Schaubühne Lindenfels zur Jahrtausendwende berühmt, als hier zwei Jahre lang mitten in der Stadt Getreide angebaut wurde. Der Projektname „Jahrtausendfeld“ blieb haften und in den Folgejahren träumte die Stadt hier davon, mehrere Schulen zu bauen. Doch nichts passierte. Und als junge Leute meinten, hier Volleyball spielen zu können, reagierte der Besitzer mit einer Anzeige.

Besitzer ist die Rubin 45 GmbH, eine Tochter der Stadtbau AG, die auch mit der Aussitz-Politik am Bayerischen Bahnhof schon für Ärger und Unmut gesorgt hat, weil sie auch dort wichtige Schul- und Kita-Bau-Projekte verhindert hat.

Am 14. Juni um 14 Uhr findet nun vor dem Amtsgericht Leipzig eine Verhandlung in einer Strafsache statt, in der dem Angeklagten vorgeworfen wird, dass er einen Volleyballplatz auf dem Jahrtausendfeld errichtet haben soll. Darin sieht der Eigentümer, die Rubin 45 GmbH, eine Sachbeschädigung und einen Hausfriedensbruch.

Das Jahrtausendfeld liegt ja mitten im sich immer mehr mit Bewohnern füllenden Leipziger Westen, direkt an der Karl-Heine-Straße. Besonders junge Leute hat es hier in den vergangenen Jahren hingezogen. Und viele von ihnen scheinen die große Brachfläche des Jahrtausendfeldes seit geraumer Zeit zur Erholung zu nutzen. Wie sich das Feld weiter entwickelt, ist unklar. Jedenfalls hat die Stadt sämtliche Schulbaupläne auf dem Areal im Aktenschrank versenkt. Und auch der Grundstücksbesitzer selbst scheint nicht wirklich an belastbaren Bauplänen zu arbeiten.

Als nun einige Anwohner auf dem brachliegenden Grundstück einen Volleyballplatz anlegten, sah der Eigentümer darin eine Sachbeschädigung und ließ den Volleyballplatz zwei Mal zerstören. Dem jetzt angeklagten Edward E. werde vorgeworfen, dass er in einem Facebookpost den Eindruck vermittelt habe, er könne derjenige sein der das Feld errichtet habe, bestätigt sein Anwalt.

„Der Prozess wird zeigen, ob überhaupt eine Sachbeschädigung an einem nicht genutzten Feld in Betracht kommt und wie es sich mit einem Hausfriedensbruch an dem nicht vollständig umgrenzten Feld verhält“, erklärt Rechtsanwalt Jürgen Kasek. „Sollte das Gericht einen Hausfriedensbruch bejahen, hätte das auch für alle anderen Nutzer und die Anwohner Folgen.“

Was eigentlich fehlt und wofür der Eigentümer sich schlichtweg verweigert, umschreibt Edward E. so: „Viele Menschen nutzen das Jahrtausendfeld täglich als Hundewiese, als Naherholungsraum, als Treffort, und viele Menschen haben ein Interesse an der Entwicklung. Ich verstehe nicht, dass der Eigentümer jetzt so auf Konfrontationskurs geht, statt zusammen mit den Anwohnern Zwischennutzungskonzepte zu entwickeln und so zur Attraktivität des Umfeldes beizutragen.“

Der Gerichtsprozess macht zumindest deutlich, wie wenig von der einstigen „Leipziger Freiheit“ übrig geblieben ist und wie sehr auch Unternehmen wie die Rubin 45 GmbH mittlerweile alle juristischen Mittel zu nutzen bereit sind, um ihre Rechte als Eigentümer rücksichtslos durchzusetzen, auch wenn das Grundstück weiterhin ungenutzt daliegt und in aller Stille immer wertvoller wird.

Zum Beitrag vom 14. Juni 2018 – Amtsgericht: Freispruch für Künstler am Jahrtausendfeld in Leipzig Plagwitz

Amtsgericht: Freispruch für Künstler am Jahrtausendfeld in Leipzig Plagwitz

Am Jahrtausendfeld wird am 3. Mai ein Monument in Lebensgröße enthüllt

Am Jahrtausendfeld wird am 3. Mai ein Monument in Lebensgröße enthüllt

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Es gibt 6 Kommentare

Enteignung ist laut GG Art. 14 möglich. Genauer geregelt wird sie im Baugesetzbuch §85, 87, vielleicht auch 88. Aber das traut sich politisch doch Keiner! Obwohl sogar entschädigt würde!

Und zu diesem Eigentümer im speziellen: Ich finds grad sehr schade, dass ich nicht öffentlich schreiben kann, was ich von dem halte.

Gibt es dieses Recht nicht eigentlich schon? Theoretisch müsste das doch unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein, oder?

Da sieht man mal wieder, dass Privateigentum an Grund und Boden völliger Mist ist. Die Stadt sucht händeringend nach Baugrund für Kitas und Schulen und gleichzeitig lässt ein Spekulant eine riesige Fläche brachliegen, um sich zu gegebener Zeit am gestiegenen Wert zu bereichern. Hier müsste der Gesetzgeber auf den Plan treten und den Kommunen ein Enteignungsrecht einräumen, wenn ein Grundstück erkennbar nicht genutzt wird.

Schreiben Sie einen Kommentar