Es wird wohl am Ende ein Jahrtausendthema, dieses Jahrtausendfeld an der Karl-Heine-Straße, das die Treuhand dereinst eben nicht an die Stadt verkauft hat, sondern an einen privaten Investor, der dort nun schon seit über zwei Jahrzehnten auf Zeit spielt. Und damit auch Pläne der Stadt, dort endlich eine dringend benötigte Schule zu bauen, torpediert. Doch auch den 2021 beauftragten Bebauungsplan gibt es noch nicht, wie die Linksfraktion auf Nachfrage erfuhr.

Bebauungspläne sind ja so etwas wie die letzte Möglichkeit von Kommunen, für die Stadtentwicklung wichtige Flächen zu sichern, wenn private Investoren sich weigern, das Gelände herzugeben.

Aber es ist ein stumpfes Schwert. Das hat sich schon am Bayerischen Bahnhof gezeigt. Denn verkaufen muss der Besitzer das Grundstück ja nicht.  In diesem Fall hat er mit der Stadt darüber verhandelt, die Schule selbst bauen zu können, das Grundstück selbst wollte er nur hergeben, wenn er dafür anderswo in der Stadt wertvolle Baugrundstücke aus städtischem Besitz bekommen hätte.

Der Stadtrat stoppte dieses Vorhaben.

Patt am Jahrtausendfeld

Am Jahrtausendfeld läuft seit Jahren derselbe Poker. Auch hier habe der Besitzer des Grundstücks der Stadt angeboten, die benötigte Schule selbst zu bauen, wie Baubürgermeister Thomas Dienberg in der Ratsversammlung am 14. Dezember bestätigte.

Aber wieder haben sich die Gespräche festgefahren. Dienberg hat sogar das Gefühl, dass für einen Dialog der dazu benötigte Partner völlig fehlt. Also auch nicht einmal absehbar ist, ob es irgendwann einmal eine Einigung über den Schulbau geben könnte.

Ein Zustand, der nun seit über zehn Jahren anhält. 2021 versuchte die Linksfraktion ja noch einmal Bewegung in die Sache zu bringen, als sie ihren Antrag stellte, für das Jahrtausendfeld jetzt einen Bebauungsplan aufstellen zu lassen.

„In der Stadtratssitzung am 24. Februar 2021 wurde der Antrag der Fraktion Die Linke VII-A-01781 ‚Jahrtausendfeld bis 2022 entwickeln – Dialogverfahren durchführen und B-Plan aufstellen‘ unverändert beschlossen. In dem Beschluss wird die Stadtverwaltung beauftragt, ‚bis zum Ende 2022 ein B-Plan-Verfahren entsprechend § 1 Abs. 3 BauGB für die Grundstücke 583, 583/a, 748, 775 und 775/2 einzuleiten.‘“, heißt es dazu in der aktuellem Anfrage der Linksfraktion zum Stand der Dinge.

„Weiterhin wurde beschlossen, dass ‚dem B-Plan-Verfahren vorgelagert im Jahr 2021 ein Dialogverfahren durchgeführt (wird), in welches Bürgerinnen und Bürger und alle relevanten Stadtteilakteurinnen und -akteure einzubeziehen sind‘. – In der Stadtratssitzung vom 19. Januar 2022 (siehe VII-F-06659) erfolgte eine Nachfrage zur bisherigen Umsetzung des Antrages, u. a. zur bisherigen Umsetzung des Dialogverfahrens, die wie folgt beantwortet wurde: ‚Das Dialogverfahren soll bestenfalls im 4. Quartal 2022 abgeschlossen sein.‘ (VII-F-06659-AW-01).“

Doch das Ergebnis ist: Die Stadt hat das Dialogverfahren zwar begonnen und Dienberg hat schon mehrere Gespräche mit dem Investor geführt, wie er selbst sagt. Nur kommt schlicht kein Dialog zustande.

Auch das Vorkaufsrecht greift nicht (mehr)

Stattdessen hat der Besitzer des Geländes einen weiteren Erfolg für sich verbucht, wie das Stadtplanungsamt mitteilt. Denn die Stadt hat aus guten Gründen auch geprüft, ob sie hier ihr Vorkaufsrecht geltend machen kann. Aber auch das ist in der Vergangenheit immer wieder gescheitert, weil die Bundesgesetzgebung die Hürden für die Kommunen so hoch gelegt hat, dass es praktisch nicht funktioniert.

Die Antwort des Stadtplanungsamtes zur Anfrage zum Jahrtausendfeld.

Mit den Worten des Stadtplanungsamtes: „Die Ausübung des städtischen Vorkaufrechts wurde noch einmal geprüft, mit dem Ergebnis, dass dies rechtlich nicht mehr möglich ist. Im Anschluss an diese Prüfung wurde am 20.06.2022 das Negativzeugnis gem. § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB erteilt und damit das Widerspruchsverfahren beendet. Hierdurch wurde der Grundstückseigentümerin der Eigentumsübergang im Grundbuch ermöglicht.

Weiterhin wurden durch die Stadtverwaltung mögliche Flächen für eine weiterführende Schule im Bedarfsraum gesucht. Die identifizierten Flächen im Eigentum der Stadt Leipzig weisen dabei unterschiedliche Schwierigkeiten und Abhängigkeiten auf, weshalb bisher keiner der Alternativstandorte zum Jahrtausendfeld bestätigt werden konnte.“

Auch das ein Punkt, der am 14. Dezember noch einmal zur Sprache kam. Denn in der Schulnetzplanung steht der Standort Jahrtausendfeld seit zehn Jahren. Ursprünglich war es eine Grundschule, die hier stehen sollte. Mittlerweile wird dringend eine weiterführende Schule gebraucht.

Ausweichstandort Leutzsch

Aber Schulbürgermeisterin Vicki Felthaus kann mit dem Standort nicht planen. Dazu ist der Druck, im Leipziger Westen mehr Schulkapazitäten zu schaffen, zu groß. Weshalb sie jetzt erst einmal einen Schulstandort am Leutzscher Bahnbogen favorisiert.

Das ist zwar nun wirklich nicht die nächste Nachbarschaft. Aber es erzählt eben auch davon, welche Macht ein Grundstücksbesitzer direkt im Herzen von Plagwitz und Lindenau hat, wenn er sein Grundstück für einen Schulneubau nicht hergeben möchte.

Die Kinder, die dann ewig unterwegs sind zu ihrer neuen Schule, werden es ausbaden müssen.

Was nicht bedeutet, dass der Standort Jahrtausendfeld damit vom Tisch sei, so Felthaus. Nur kann sie ihn nicht in die neue Schulnetzplanung aufnehmen, wenn nicht einmal klar ist, wann mit dem Investor irgendeine Art von Dialog zustande kommt.

Und wo bleibt jetzt der B-Plan?

Blieb dann für Linke-Stadträtin Franziska Riekewald doch noch die Frage, warum dann nicht wenigstens der beantragte Bebauungsplan für das Jahrtausendfeld vorläge. Dann wäre der Standort doch für einen Schulbau gebunden.

Das war die Stelle, an der Baubürgermeister Thomas Dienberg mehr oder weniger betonen musste, dass ein Bebauungsplan eben nur ein schwaches Instrument ist, wenn der Besitzer eines Grundstücks mit der Stadt zu keiner Übereinkunft kommen will.

Dass der B-Plan noch nicht vorliegt, hat seine Ursache demnach einzig und allein in dem seit zwei Jahren forcierten Versuch, mit dem Investor in Dialog zu kommen. Dienberg: „Zu einem Dialog gehören immer zwei. Wenn einer nicht will, ist es schwierig, einen Dialog zu führen.“

Was eigentlich bedeutet, dass der Nicht-Dialog eben auch Schritt zwei ausgebremst hat: die Aufstellung eines Bebauungsplanes.

Also wird weiter der Wind übers Jahrtausendfeld pfeifen und weitere Jahre nichts geschehen, außer dass Regen darauf fällt oder Schnee. Und Pionierpflanzen immer wieder beginnen, ein kleines Wäldchen auszubilden.

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