Das Jahrtausendfeld an der Karl-Heine-Straße trägt ja seinen Namen nicht umsonst. Zwar bekam es ihn, weil die Akteure aus der Schaubühne hier im Jahr 2000 tatsächlich erstmals ein Feld anlegen ließen. Aber das Jahr steht auch für das lange Bemühen der Stadt, auf diesem einstigen BBG-Betriebsgelände eine städtebauliche Entwicklung in Gang zu bringen – mit Schulen drin. 2021 sollte mit der Eigentümerin des Geländes der notwendige Dialog in Gang gebracht werden.

Aber der kam nicht in Gang, obwohl – wie Baubürgermeister Thomas Dienberg in der Ratsversammlung am 19. Januar betonte – vonseiten der Stadt „ein gewisser Druck“ besteht, hier endlich Schulen bauen zu können. Erwogen werden der Bau einer Oberschule und eines Gymnasiums, die im Leipziger Westen noch fehlen.Wobei „ein gewisser Druck“ wahrscheinlich noch untertrieben ist. Denn das Ringen um die hier dringend benötigten Schulen dauert nun schon über zehn Jahre. Höchste Zeit, endlich mit dem Geländeeigentümer in einen Dialog zu kommen, fand die Linksfraktion und fragte deshalb zur Ratsversammlung an. Das Baudezernat konnte erst einmal nur bestätigen, dass man 2021 noch nicht mit dem Dialogverfahren mit der Eigentümerin beginnen konnte.

„In 2021 wurde kein Dialogverfahren durchgeführt, weil die Voraussetzungen dafür noch nicht gegeben waren“, teilte das Dezernat mit. Ein wesentlicher Grund dafür war: „Im Herbst 2021 wurde verwaltungsintern entschieden und mit dem 18. Sachstandsbericht zur Umsetzung der Schulbaumaßnahmen (VII-Ifo-06209) darüber informiert, das Verfahren für das Investorenmodell zum Schulhausbau auf dem ‚Jahrtausendfeld‘ nicht durchzuführen.“

Ein wesentlicher Grund für diese Entscheidung war das vorausgegangene Scheitern des Versuchs, einen Schulneubau an der Kurt-Eisner-Straße im Investorenmodell hinzubekommen. Die dort aktive Rubin 72 GmbH gehört zum Unternehmenskomplex der Stadtbau AG, der auch das Jahrtausendfeld gehört.

Bauplatz für Schulen ist rar geworden

„Zudem mussten die städtischen Zielvorstellungen und daraus resultierende Flächenbedarfe, insbesondere im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer weiterführenden Schule auf dem ‚Jahrtausendfeld‘, geklärt werden“, betonte das Baudezernat noch.

„Notwendig wird nun eine Verständigung mit der Grundstückseigentümerin zur Durchführung eines dialogischen Beteiligungsprozesses. Das Dialogverfahren soll bestenfalls im 4. Quartal 2022 abgeschlossen werden. Im Anschluss daran kann das Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden.“

Womit sich die Frage nach dem Investorenmodell erübrigt hat: „Die Stadt Leipzig verfolgt nicht mehr das Ziel, über ein Investorenmodell am Standort Jahrtausendfeld eine Schule unterzubringen. Im 18. Sachstandsbericht zur Umsetzung der Schulbaumaßnahmen (VII-Ifo-06209) wurde dazu in der Anlage 1a wie folgt berichtet:

‚Das Verfahren wird aufgehoben, da die Verwaltung für eine Realisierung durch einen privaten Investor keine politische Mehrheit sieht. Für den der Ausschreibung zugrunde liegenden Bedarf sind Standortalternativen in der umfassenden Prüfung. Unabhängig hiervon soll im Rahmen der Umsetzung der Beschlussfassung der Ratsversammlung vom 24.02.2021 zum Antrag ‚Jahrtausendfeld bis 2022 entwickeln – Dialogverfahren durchführen und B-Plan aufstellen‘ (VII-A-01781) geprüft werden, ob das Jahrtausendfeld ein geeigneter Standort der langfristigen Standortsicherung für die Bildungsinfrastruktur ist.“

Die Stadtbau AG führt auf ihrer Website zum Jahrtausendfeld auch weiterhin einen möglichen Schulstandort auf. Eine Einigung mit der Stadt könnte die Entwicklung auf dem Jahrtausendfeld tatsächlich endlich ins Rollen bringen. Und so viele mögliche Ausweichflächen für einen Schulneubau gibt es auch im Leipziger Westen nicht mehr.

Keine Alternative zum Jahrtausendfeld

Was in die engere Wahl genommen wird, beschreibt das Planungsdezernat so: „Aktuell besteht weiterhin Bedarf an zwei weiterführenden Schulen – ein Gymnasium und eine Oberschule – im Bedarfsraum Plagwitz / Lindenau / Leutzsch. Hierzu untersucht die Stadt Leipzig einen Standort an der Philipp-Reis-Straße im Ortsteil Leutzsch. Zur Sicherung dieses Standortes wurde der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 452 ‚Bahnbogen Leutzsch‘ durch den Stadtrat gefasst und im Amtsblatt 14/2020 am 18.07.2020 bekannt gemacht.

Weitere Flächen wurden im Planungsraum West untersucht, die bis auf ein Grundstück in der Georg-Schwarz-Straße und auf dem ‚Jahrtausendfeld‘ verworfen wurden. Die Eignung des Grundstücks Georg-Schwarz-Straße wurde bisher nicht weitergehend untersucht, da die Fläche lediglich als Alternative für den Standort Philipp-Reis-Straße bestimmt wurde.“

Am 19. Januar bestätigte Thomas Dienberg auf Nachfrage von Volker Külow (Linksfraktion), dass das Dialogverfahren mit dem Eigentümer 2022 unbedingt beginnen soll und auch noch in diesem Jahr abgeschlossen werden soll. Denn da es praktisch keine weiteren Geländealternativen für einen weiteren Schulstandort gibt, gilt hier die Aussage des Planungsdezernats: „Der Bedarf für weiterführende Schulen im Planungsraum besteht fort. Das ‚Jahrtausendfeld‘ ist somit im anstehenden Beteiligungs- und Planungsprozess als Standort für eine weiterführende Schule zu sichern.“

Freilich wird es da eher schwierig, den 2021 beschlossenen Zeitplan einzuhalten, den die Linksfraktion noch einmal beschrieben hat:

„In der Stadtratssitzung am 24. Februar 2021 wurde der Antrag der Fraktion Die Linke VII-A-01781 ‚Jahrtausendfeld bis 2022 entwickeln – Dialogverfahren durchführen und B-Plan aufstellen‘ umgeändert beschlossen. In dem Beschluss wird die Stadtverwaltung beauftragt, ‚bis zum Ende 2022 ein B-Plan-Verfahren entsprechend § 1 Abs. 3 BauGB für die Grundstücke 583, 583/a, 748, 775 und 775/2 einzuleiten‘. Weiterhin wurde beschlossen, dass dem B-Plan-Verfahren vorgelagert im Jahr 2021 ein Dialogverfahren durchgeführt (wird), in welches Bürgerinnen und Bürger und alle relevanten Stadtteilakteurinnen und -akteure einzubeziehen sind.“

Wobei die Bürgerinnen und Bürger erst zu Wort kommen, wenn die Stadt mit der Eigentümerin eine Übereinkunft gefunden hat, wie an der Stelle eine neue Schule entstehen kann.

Die Debatte vom 19.01.2022

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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