Am Montag, 11. Februar, stellte die Stadt gemeinsam mit der Stadtbau AG und der BUWOG die Rahmenvereinbarung zum Stadtraum Bayerischer Bahnhof vor. Der Städtebauliche Vertrag wurde schon im November unterzeichnet. Jetzt gehen auch die beiden Verträge mit den beiden Bauträgern in den Stadtrat. Und so langsam ist auch klar, was nun wann auf dem riesigen Gelände hinterm Bayerischen Bahnhof gebaut werden soll.

Und auch die Vorgeschichte kam noch einmal auf den Tisch. Immerhin beschäftigt dieses riesige Bahngelände die Leipziger seit 2011. Damals gab es einen richtigen Städtebaulichen Wettbewerb, aus dem der Entwurf von „Jörg Wessendorf Architekt“ und dem Landschaftsarchitektur-„Atelier Loidl“ (beide Berlin) als Sieger hervorging. Er beschrieb, wo welche Wohnbebauung Sinn macht, welche Wegeverbindungen, die Platzierung von Schulen und Kitas und eines großen Stadtteilparks, der direkt hinter dem Bayerischen Bahnhof zum grünen Herzen des ganzen Quartiers werden soll.

2011 gingen die meisten noch davon aus, dass nach diesem Wettbewerb auch die Stadt das ganze Gelände kauft und damit auch die Chance nutzt, sofort mit dem Bau dringend benötigter Schulen zu beginnen.

Doch das Gelände ging 2013 an die Stadtbau AG, die in Leipzig als Objektentwickler nicht ganz unbekannt ist. „Wir wollten auch gleich aufbauen auf dem städtebaulichen Wettbewerb von 2011“, erzählt nun Patrik Fahrenkamp, Vorstandsvorsitzender der Leipziger Stadtbau AG. „Aber dann gab es ein paar Unstimmigkeiten.“

Welche, das erläuterte er nicht besonders. Aber die Diskussionen im Stadtrat in den letzten Jahren griffen ja einige dieser Unstimmigkeiten immer wieder auf. Denn ein städtebaulicher Wettbewerb setzt nur den Rahmen. Wenn es dann aber wirklich um Fragen geht wie: Wie viele Wohnungen rechnen sich wirklich? Wer baut die Schulen und die Kitas? Wer soll die Wege bauen und wer kümmert sich um den Park, dann stellt sich schnell heraus, dass die Interessen einer finanziell begrenzten Stadtverwaltung mit denen eines Bauträgers kollidieren, der am Ende Rendite erwirtschaften will.

Oberbürgermeister Burkhard Jung und Patrik Fahrenkamp, Vorstandsvorsitzender der Leipziger Stadtbau AG, bei der Pressekonferenz am 11. Februar. Foto: Ralf Julke
Oberbürgermeister Burkhard Jung und Patrik Fahrenkamp, Vorstandsvorsitzender der Leipziger Stadtbau AG, bei der Pressekonferenz am 11. Februar. Foto: Ralf Julke

Das Ergebnis: Vier Jahre lang ging praktisch nichts voran. Erst 2017 gab es dann – wieder vom Stadtrat angeschoben – einen erneuten Vorstoß, diesmal mit dem noch neuen Instrument der kooperativen Bauleitplanung um zu einem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis zu kommen. Dazu gab es ein Mediationsverfahren, das dann freilich ein Jahr harten Verhandelns mit sich brachte, in dem beide Seiten ihre Ansprüche formulierten. Auch ein bisschen zuspitzten. Denn das Leipziger Planungsamt wollte jetzt Ergebnisse sehen.

Denn wirklich Zeitdruck hat die Stadt. Sie braucht die hier geplanten Schul- und Kita-Plätze. Im Frühjahr setzten sich dann die Leipziger Stadtplaner wieder mit der Stadtbau AG an einen Tisch und handelten detailliert die Regeln für die weitere Zusammenarbeit aus. „Es wurde also erst einmal eine Menge Papier produziert“, bringt es Stadtplaner Thorsten Rupp auf den Punkt. Aber man einigte sich auch darauf, dass der Städtebauliche Wettbewerb weiter bindend ist. Im nächsten Schritt musste dann baufeldgenau geklärt werden, wer nun was baut und finanziert.

Alexander Happ, Vertreter der BUWOG Group GmbH, am 11. Februar zur Pressekonferenz. Foto: Ralf Julke
Alexander Happ, Vertreter der BUWOG Group GmbH, am 11. Februar zur Pressekonferenz. Foto: Ralf Julke

Hier gibt es jetzt zwei Verträge, denn die Stadtbau AG holte mit der aus Wien stammenden BUWOG einen versierten Wohnbauentwickler ins Boot, der im Wesentlichen die an der Westseite des Gelände geplante Wohnbebauung voranbringen soll. „Wir allein werden hier über 300 Millionen Euro einsetzen“, sagte Alexander Happ, Vertreter der BUWOG Group GmbH, am Montag. Entstehen werden 1.600 Wohnungen für rund 2.700 Bewohner. Die meisten im Preissegment um die 10 Euro, 30 Prozent wieder als geförderter Wohnungsbau zu 6,50 Euro je Quadratmeter.

In den beiden Verträgen, über die jetzt der Stadtrat beschließen muss – möglichst in der Stadtratssitzung im März – steht dann detailliert, was auf welcher Baufläche bis ungefähr 2027 von wem gebaut werden soll.

Wenn die beiden Verträge noch im März unterschrieben werden, könnten im Herbst die ersten Bürgerforen beginnen, die sich Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau ganz ähnlich vorstellen kann wie die Bürgerbeteiligung am Eutritzscher Freiladebahnhof.

Die geplanten Bauschritte:

2020 bis Ende 2022: Wohnbebauung am Dösner Weg (Baufeld 4, BUWOG)

2020 bis 2022: Wohnbebauung an der Kohlenstraße (Baufeld 2, Stadtbau AG)

2020 bis 2022: Bau einer Kita am Dösner Weg (Baufeld 3, Stadtbau AG)

2020 bis 2022: Bau einer Grundschule an der Kurt-Eisner-Straße (Stadtbau AG, Baufeld 8)

2021 bis 2023: Neubau der östlichen Ankunftshalle am Bayerischen Bahnhof (Baufeld 1, Stadtbau AG)

Die geplanten Baufelder.Grafik: Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt
Die geplanten Baufelder.Grafik: Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt

2021 bis 2023: Bau der Brücke über die S-Bahn im Verlauf der Steinstraße (Stadt Leipzig)

2021 beginnend: Bau des Schulcampus am Dösner Weg Süd (Baufeld 7, Stadt Leipzig). Das Gelände gehört der Stadt. Wettbewerbsausschreibungen beginnen demnächst, sagt OBM Burkhard Jung. Eventuell könnte hier 2021 Baubeginn sein.

2023 bis 2027: Wohnbebauung an der Lößniger Straße (Baufeld 5, BUWOG)

2023 bis 2027: Anlage des Parks in den Baufeldern 5a und 5b. Einige Grundstücke direkt am Bayerischen Bahnhof hat die DB AG noch ausgeschrieben. Hier bemüht sich die Stadt um eine Vereinbarung, z. B. eine Gestattungsvereinbarung, um den Park in der gewünschten Größe anlegen zu können.

2023 bis 2027: neue gewerbliche Nutzung für den Lokschuppen (Baufeld 10, Stadtbau AG)

2023 bis 2027: Wohnbebauung an der Kurt-Eisner-Straße (Baufeld 6, BUWOG). Hier ist derzeit noch die Distillery ansässig. Der Stadtrat hat zwar beschlossen, die Distillery möglichst am Standort zu sichern. Aber nach Einschätzung der BUWOG ist das mit direkt angrenzender Wohnbebauung nicht zu vereinbaren. Deshalb verhandele die Stadt mit der Distillery über eine einvernehmliche Lösung. „Ich bin mir sicher, dass wir das hinkriegen“, sagt OBM Burkhard Jung. „Aber nur eben nicht an diesem Standort.“

2024 bis nach 2030: Bau von modernen Gewerbeeinheiten in Nähe zum MDR (Baufelder 9 und 9a, Stadtbau AG)

2025 bis 2028: Bau eines höheren Bauwerks am Bayerischen Platz (Baufeld 1, Stadtbau AG)

600 Millionen für ein neues Stadtquartier am Bayerischen Bahnhof

600 Millionen für ein neues Stadtquartier am Bayerischen Bahnhof

 

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