Am Anfang stand ein Antrag des Jugendparlaments. Das beantragte im Mai zu prüfen, ob der nördliche Teil der viel befahrenen Karl-Liebknecht-Straße zur Fahrradstraße umgewidmet werden könnte. „Die Karl-Liebknecht-Straße erweist sich immer mehr als eine durch den Radverkehr viel befahrene Straße. Häufig reicht der enge Fahrradweg nicht aus, um die Menge an Radfahrer/-innen zu fassen. Ganz zu schweigen von PKW und LKW, die regelmäßig den Fahrradweg verstellen.“

„Wir schlagen daher vor, zu prüfen, ob die Karl-Liebknecht-Straße, auch abschnittsweise, zur Fahrradstraße umgewidmet werden kann. Dabei geht es nicht darum, den MIV von der Straße zu verbannen (daher ggf. mit Zusatzzeichen), sondern vielmehr dem Radverkehr Vorrang zu gewähren, das Überholen zu ermöglichen und dadurch den Verkehr für Radfahrer/-innen sicherer zu machen“, schrieben die jungen Parlamentarier in ihrem Antrag.

Und ernteten dann dafür etwas, was sie so aus der Verwaltung noch nicht erfahren hatten: eine geharnischte Ablehnung mit Hinweis auf die StVO.

Das Verkehrs- und Tiefbauamt beschied trocken: „Die Anordnung von Fahrradstraßen erfolgt auf Grundlage der bundeseinheitlich geltenden Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Fahrradstraßen kommen dann in Betracht, wenn der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist. Die vielfältigen Anforderungen an den öffentlichen Raum und die Verkehrsanlagen in der Karl-Liebknecht-Straße haben den erst vor wenigen Jahren geführten Diskussions- und Entscheidungsprozess zur Neugestaltung der Karl-Liebknecht-Straße/Peterssteinweg zwischen Martin-Luther-Ring und Südplatz geprägt.

Die Entscheidung des Stadtrates fiel dann zugunsten der 2014/15 umgesetzten Variante. Auch wenn der Radverkehr zweifellos eine große Bedeutung auf der Karl-Liebknecht-Straße hat, liegt eine grundlegende Veränderung der Verkehrssituation, der Anforderungen an den Straßenraum und der vorzunehmenden Bewertung nicht vor. Eine Prüfung zur Einrichtung einer Fahrradstraße ist daher entbehrlich, sie kann zu keinem anderen Ergebnis führen.“

Da hat der zuständige Sachbearbeiter also augenscheinlich nicht mal sein Büro verlassen, sondern in einer geradezu dickfelligen Begründungslust geschwelgt, mit der er den jungen Leuten einmal zeigen konnte, wo der Hammer hängt. Nämlich im Büro.

Selbst die SPD-Fraktion war danach so eingeschüchtert, dass sie ganz vorsichtig bat, zu prüfen, ob die Karl-Liebknecht-Straße überhaupt zu einer Fahrradstraße umgewidmet werden dürfte.

Aber den Sommer haben wohl vor allem die Grünen dafür genutzt, um mal öfter die KarLi rauf und runter zu fahren. Wer das nämlich jeden Tag tut, merkt, dass die Einschätzung aus dem Verkehrs- und Tiefbauamt so nicht stimmen kann. Gerade stadteinwärts verdichtet sich die Schar der Radfahrenden immer mehr, sodass der Querschnitt des schmalen Radstreifens in der Regel oft zu eng wird.

Weshalb die Grünen-Fraktion jetzt im Grunde den Antrag des Jugendparlaments wieder aufgreift und für das unbewegliche Verkehrsdezernat einen Prüfauftrag draus formuliert: „Die Stadtverwaltung prüft bis zum 1. Quartal 2020, ob die Karl-Liebknecht-Straße sowie der Peterssteinweg im Abschnitt zwischen Dimitroffstraße und Emilienstraße als Fahrradstraße, ggf. auch mit Zusatzzeichen ,PKW frei‘, ausgewiesen werden kann und welche Alternativen die Stadtverwaltung für eine Verbindung zwischen Innenstadt und Connewitzer Kreuz für den Radverkehr sieht. Insbesondere ist zu prüfen, ob die Bernhard-Göring-Straße als Alternative zur Karl-Liebknecht-Straße als Fahrradstraße, ggf. auch mit Zusatzzeichen ,PKW frei‘, beschildert werden und bis wann eine Umsetzung erfolgen kann.“

Die Begründung soll dann in der Ratsversammlung am 19. November mündlich erfolgen.

SPD-Fraktion legt nach: Wo bleiben die Prüfergebnisse für die anderen geplanten Fahrradstraßen in Leipzig?

SPD-Fraktion legt nach: Wo bleiben die Prüfergebnisse für die anderen geplanten Fahrradstraßen in Leipzig?

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Ein interessanter Antrag des Jugendparlamentes. Ich glaube gelesen zu haben, dass auf Höhe Braustraße bereits die Anzahl der täglich Radfahrenden über den Sommer gezählt wurde.
Mittlerweile hat sich gezeigt, dass der für die Karl-Liebknecht-Straße 2015 gefundene Kompromiss für den Abschnitt Peterssteinweg bis Südplatz teilweise dysfunktional ist. Einer der Aspekte wurde bereits erwähnt: der Radweg ist im Verhältnis zur Anzahl der Radfahrenden zu schmal. „Normale“ Fahrräder können einander gerade so überholen, bei Rädern mit Anhänger oder Lastenrädern muss man auf die Fahrbahn ausweichen, um zu überholen. Außerdem wurde auf den Abschnitten, wo sich rechts des Radwegs Parkbuchten befinden, die Dooring-Zone nicht beachtet bzw. markiert, so dass man gezwungen ist, in diesen Bereichen sicherheitshalber fast am linken Rand des Radwegs zu fahren. Ein Linksabbiegen vom Peterssteinweg in die Härtelstraße bzw. in stadtwärtiger Richtung vom Peterssteinweg in die Straße des 17. Juni ist für Radfahrer fast unmöglich, dabei ist gerade diese Kreuzung hoch frequentiert. Die Ausweisung einer Fahrradstraße würde an den genannten Mängeln nichts ändern.
Am Beispiel des Musikviertels sieht man inzwischen, dass die Ausweisung einer Fahrradstraße an sich keine Veränderung im Verkehr mit sich bringt, so lange der motorisierte Verkehr weiterhin zugelassen wird und keine Kontrollen erfolgen. Eine gut sichtbare Markierung der Fahrradstraße auf der Fahrbahn im Musikviertel erfolgte immer noch nicht, und die Ausnahmeregelungen für den motorisierten Verkehr zeigen, dass es sich um eine reine Alibiangelegenheit handelt.

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