Manche Wege und Grünflächen in Leipzig wirken so vertraut, dass selbst die Anwohner aus allen Wolken fallen, wenn die auf einmal gesperrt werden. So wie der Fußweg, der seit Jahren den Lindenauer Markt mit der Odermannstraße verbindet – für viele Schulkinder der schnellste Weg zur Schule. Aber Mitte Mai war er auf einmal versperrt. Was ist da los, wollte die SPD-Fraktion wissen.

„Seit letzter Woche ist der viel benutzte Verbindungsweg zwischen Lindenauer Markt und Odermannstraße durch einen Bretterzaun gesperrt. Ein Baustellenschild wurde leider nicht aufgestellt. Der Weg wird neben vielen Lindenauer Bewohner/innen auch von zahlreichen Schülerinnen und Schülern der Nachbarschaftsschule genutzt“, hatte die SPD-Fraktion ihr Erstaunen formuliert.Immerhin wurde diese Brache vor 20 Jahren auch noch mit einigen Kunstinstallationen angereichert wie dem Parkschilderwald oder der überdimensionierten Nachttischlampe, die dieses Eckchen Lindenau geradezu zum Wohnzimmer machte.

Aber was so für alle Zeit stadtgärtnerisch gestaltet wirkte, war tatsächlich nur eins der seinerzeit aufsehenerregenden Gestaltungsprojekte für Brachen in der Stadt. Damals ging es noch um die schrumpfende Stadt und die Frage, wie Zwischennutzungen für Brachen aussehen könnten, auf denen auf lange Zeit nicht an Bebauung zu denken war.

Das hat am Privatbesitz dieser Baufelder nie etwas geändert. Und jetzt, wo der Lindenauer Markt endlich nach den Vorstellungen der Lindenauer umgestaltet wird, werden auch diese leeren Baufelder zwischen Odermannstraße und Lindenauer Markt wieder interessant.

Hier soll ein neues Wohn- und Geschäftshaus entstehen, teilte Baubürgermeister Thomas Dienberg am 19. Mai in der Ratsversammlung mit. Eine Baubeginnanzeige läge der Verwaltung vor, auch wenn nicht absehbar sei, wann hier mit dem Bau begonnen wird.

Den Stadtbezirksbeirat habe die Verwaltung nicht vorab informieren müssen, da es sich um Privatgelände handelt. Andererseits ist klar, dass der Bau im Ortsteil einiges ändern wird. Denn zwangsläufig verändern sich jetzt mindestens die Schulwege der Kinder. Der direkte Weg von der Straßenbahnhaltestelle auf dem Lindenauer Markt zur Nachbarschaftsschule ist jetzt versperrt. Und das, obwohl die Stadt hier an der Odermannstraße vor einigen Jahren extra eine Ampel aufgestellt hat, um den Schulweg sicherer zu machen.

Den wieder legen viele Kinder mit dem Fahrrad zurück, auch wenn der Weg – so Dienberg – nur als Fußweg ausgewiesen war. Die Demmeringstraße ist dafür keine echte Alternative. Logisch, dass die SPD-Fraktion auch nach einer sicheren Regelung für die radfahrenden Kinder fragte. Aber so richtig hat sich Dienbergs Dezernat mit der Frage noch nicht beschäftigt. Sonst hätte der Baubürgermeister nicht gemeint, dass man diese Frage erst prüfen müsse, wenn der Bau stehe.

Die Probleme für den Schulweg der Kinder sind aber jetzt schon da. Und schon jetzt ist zwar klar, dass der neue Gebäudekomplex eine Passage bekommen werde. Aber ob die für Radfahrer geöffnet wird, ist durchaus fraglich. Ganz abgesehen von der Frage, die auch Thomas Dienberg nicht beantworten konnte: Wann das neue Gebäude eigentlich fertig sein wird.

Die Debatte vom 19. Mai 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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Es gibt 3 Kommentare

Wie viel besser wäre die Stadt aber mit “schwarzen” Autofahrern in der Entscheidungseben beraten! “Sowas” würde es da gar nicht geben! Black drivers matter! Oder so ähnlich.

Typische Arroganz von Bau- und Verkehrsbehörde.

Erstmal dichtmachen, wenn es nur Fußgänger betrifft. Das geht schon seit Jahrzehnten so.

Bei Baustellen fehlt halt auch mal ein Ersatzfußweg. Wie fast ein Jahr lang am östlichen Täubchenweg.

Für die empfindlichen Autofahrer aber wird selbst in unwesentlichsten Seitenstraßen, wo es locker andere Zufahrtsrouten im Stadtteil gibt, irgendwie eine schmale Durchfahrt an der Baustelle vorbei organisiert. Gelegentlich sogar bei gleichzeitig gesperrtem Fußweg!

Es entscheiden in Leipzig eben weiterhin weiße männliche Autofahrer, deren Kinder längst aus dem Haus sind.

Ich warte, bis diese Fehlentscheider endlich aus den Ämtern sind. Alles hat in Leipzig keinen Sinn mehr.

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