In der letzten Ratsversammlung wurde die Shakespearestraße zum großen Diskussionsthema und die Leipziger Planer mussten sich einige verbale Ohrfeigen gefallen lassen für all ihre Versäumnisse bei der Planung für die Straße. Nun haben sie eine neue Vorlage erarbeitet. Und etliche Stadträte dürften jetzt erst richtig auf die Palme gehen.

Dass einige Forderungen der Stadtratsfraktionen, die Nachbesserungen am vorgelegten Umbaukonzept gefordert hatten, mehr Geld kosten würden, war eigentlich zu erwarten. Zusätzliche Bäume, Poller und Bänke kosten nun einmal Geld.

Aber was das Dezernat Stadtentwicklung und Bau jetzt mit einer Kostenerhöhung von 1,38 auf fast 2 Millionen Euro vorgelegt hat, ähnelt schon eher einer Mogelpackung, wenn die Kostensteigerung auch noch so begründet wird: „Im Zuge des Verfahrens zum Bau- und Finanzierungsbeschluss wurden Anpassungen der Planung gefordert. Aus diesem Grund wurde das Leistungsverzeichnis aktualisiert. Damit ergeben sich Mehrkosten in Höhe von 616.700 Euro.“

Das klingt, als hätte man die Wünsche des Stadtrates eingearbeitet und deshalb würde sich der Kostenrahmen derart erweitern.

Die Straße hätte von Anfang an so geplant werden können

Der Blick ins Detail zeigt, dass die Wünsche überhaupt nicht so daneben waren, wie es die Reaktion der Verwaltung in der Ratsversammlung suggerierte.

Die Änderungen sind ein ziemlich komplettes Eingeständnis, dass hier nach den Maßstäben des 20. Jahrhunderts geplant worden war und alle Veränderungen der jüngeren Zeit – auch die Bedrängnisse durch den Klimawandel – ignoriert worden waren. Und dass all diese Dinge schon von vornherein hätten mitgeplant werden können, das nötige Wissen dazu ist vorhanden.

So wird jetzt die „Umplanung der Verkehrsführung für den Bau in kleinteiligen Abschnitten“ mit 46.200 Euro beziffert, der Einbau von zusätzlichen Pollern, Bänken und weiteren Ausstattungselemente mit 75.800 Euro und die nötigen Wurzelraumerweiterungen für die dringend geforderten Straßenbäume, Staudenpflanzungen und Baumbelüftung mit 63.900 Euro.

Macht zusammen: 185.900 Euro.

Zu vermuten ist, dass auch die 13.300 Euro für „Zusätzliches Koordinierungskabel für Lichtsignalanlage sowie zusätzliche Wurzelschutzmaßnahmen“ hierhergehört und damit berücksichtigt, dass die Shakespearestraße zur Fahrradstraße werden soll, was dann auch an der Ampel an der KarLi Änderungen zur Folge hat.

Kampfmittelerkundung und alte Wasserleitungen vergessen

Aber der Rest dürfte für einige Verstimmung sorgen. Denn dass es auch noch „Mehrkosten der Leipziger Wasserwerke durch schadhafte Anschlussleitungen und das Umbinden von Anschlussleitungen“ gibt, hat mit dem Stadtratsbeschluss nichts zu tun. Das hätten die Wasserwerke auch schon vorher wissen und bei der Umbaumaßnahme sowieso umsetzen müssen. Kostenerhöhung: 97.000 Euro.

Dass der Posten jetzt erst auftaucht, erzählt eher von Schlampereien bei der Vorplanung. Genauso wie ein weiterer Posten, der jetzt mit in Rechnung gestellt wird: „Vorab erforderliche detaillierte Kampfmittelerkundung/Winterdienst/Hausmüllentsorgung“ für 74.600 Euro.

Hatte man also anfangs völlig auf eine Untersuchung nach möglichen Kampfmitteln aus dem 2. Weltkrieg verzichten wollen?

Das aber umfasst nicht alle „Mehrkosten in Höhe von 616.700 Euro“, die jetzt auf einmal zu Buche schlagen. Das heißt: Hätte der Stadtrat den Baubeschluss so akzeptiert, wie er im März vorgelegt wurde, hätte es sowieso eine saftige Nachzahlung gegeben. Denn die Baukosten haben sich gegenüber der Kostenplanung vom 6. August 2021 sowieso noch einmal um 15 Prozent erhöht

Trotzdem zeigt die Vorlage, dass all die beantragten Änderungen aus dem Stadtrat nie ein Problem waren und von vornherein mitberücksichtigt hätten werden können, dass hier eine Planungsabteilung einfach nur nicht wollte und lieber eine 08/15-Planung vorlegte, als eine Straßenplanung, die den Herausforderungen der Zeit genügt.

Die Vorlage steht jetzt in der Ratsversammlung am 13. April wieder auf der Tagesordnung. Und sie dürfte ein gewisses Grundmodell bieten für alle künftigen Planungen in solchen Anliegerstraßen im Stadtgebiet. Wahrscheinlich mit einem fetten Aufruf an der Wandzeitung im Planungsamt: „Alte Wasserleitungen und Kampfmittelerkundung nicht vergessen!!!“

Aber vielleicht war es ja der Krieg in der Ukraine, der die Planer daran erinnerte, dass auch in Leipzig mal Bomben fielen und ganze Straßenzüge in Schutt und Asche legten.

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Keine Kommentare bisher

Ich habe mir nochmal im ALLRIS beide Versionen der Lagepläne angesehen und kann keine so großen Unterschiede zur vorherigen Planung des VTAs erkennen, nur folgende:

1.) Die Grundstückszufahrten werden nicht asphaltiert, sondern gepflastert.

2.) Zwischen B.-Göring-Straße und A.-Hoffmann-Straße werden auf der Nordseite 4 Parkplätze wegfallen, dafür werden 2 Bänke aufgestellt.

3.) Am Shakespeareplatz werden nicht 8 Bäume in Doppelreihe sondern 6 Bäume in Einzelreihe gepflanzt. Außerdem werden (nur dort) 22 Poller gesetzt.

Wo versteckt sich nun die große Verbesserung, die die Stadträte erreicht haben sollen? Übersehe ich etwas?

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