Natürlich war das zu erwarten, dass die ins Auto verliebte Zeitung LVZ ihren Lesern einreden möchte, es fehle am Sportforum nur an Parkplätzen. Gäbe es mehr Parkplätze, gäbe es kein Parkchaos. Und natürlich fand sie im ADAC Leipzig einen gewillten Ansprechpartner, der genau diese Haltung bestätigte. Doch die Argumentation ist von gestern, stellt die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen fest.

Sie reagiert mit ziemlich scharfer Kritik auf die Äußerungen des ADAC, der für städtische Großveranstaltungen mehr und mehr Parkplätze einfordert und die Schuld für die teils chaotischen Zustände rund um das Stadion einseitig der Stadt zuschiebt.

Heftige Kritik an Autolobby

„Es ist geradezu absurd, wenn sich die Autolobby darüber beschwert, dass sich bei Heimspielen von RB Leipzig Staus bilden und der öffentliche Nahverkehr nicht die nötige Leistungsfähigkeit habe“, kommentiert Kristina Weyh, Stadträtin und verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion, den neuen Vorstoß.

„In Wahrheit ist es doch vielmehr so, dass ein innerstädtisch gelegenes Stadion, zu dem wir uns alle bekannt haben, nur mit einem Verkehrskonzept funktionieren kann, welches sich auf die Anreise mit dem ÖPNV sowie den Rad- und Fußverkehr konzentriert und den individuellen Autoverkehr bestmöglich außerhalb des Stadionumfeldes hält.“

Dazu müssten aber temporäre Fahrradstellplätze ausgebaut sowie Park & Ride-Plätze frühzeitiger und deutlicher ausgeschildert und mehr solche Angebote am Rande der Stadt mit Anbindung an den ÖPNV geschaffen werden.

Verkehrskonzept heißt nicht Parkhaus

„Es braucht ebenso einen wirksamen großräumigen Sperrkreis rund um das Stadion. Andernfalls werden Straßen durch die Anreise von tausenden Autos zwangsläufig verstopft, Bahnen und Busse blockiert und Rettungswege sowie Grün- und Waldflächen rücksichtslos zugeparkt“, sagt Kristina Weyh.

„Schon bei der damaligen Diskussion zum Stadionvorplatz und einem möglichen Parkhaus am ehemaligen Schwimmstadion hat sich unsere Fraktion sehr klar für ein Verkehrskonzept ausgesprochen, welches Autofahrer/-innen auf die P&R-Plätze am Stadtrand lenkt, statt weitere Angebote zu schaffen, die nur noch mehr Autos auf der sinnlosen Suche nach Parkplätzen in Stadionnähe locken. Städte wie Bremen machen uns vor, wie selbstverständlich innerstädtische Stadien von Fans angenommen werden. Warum das in Leipzig nicht funktionieren soll, erschließt sich mir nicht.“

Doch genau mit diesem Parkhaus argumentierte in der letzten Ratsversammlung am 9. November auch FDP-Stadtrat Sven Morlok. Obwohl das ursprünglich von RB Leipzig geplante Parkhaus überhaupt nicht für die anreisenden Fußball-Fans gedacht war, sondern für Geschäftsführung und VIPs. Es hätte am Parkchaos überhaupt nichts geändert.

„Nicht nur die Stadt, auch RB Leipzig und andere Veranstalter von innerstädtischen Großveranstaltungen sind in der Pflicht, auf die Notwendigkeit der Anreise zu Fuß, Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzuweisen und die Voraussetzungen für ein solches Verständnis zu schaffen“, fordert folgerichtig der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Tobias Peter.

„Bereits beim Ticketkauf müssen Besucher alle notwendigen Informationen bekommen. Stadt und Veranstalter müssen auf ihren Kommunikationskanälen alles dafür tun, um Fans dazu zu bringen, diese bereits bestehenden Angebote zu nutzen, statt sie durch Unwissen oder Ignoranz zu umgehen und sich in einen aussichtslosen Parksuchverkehr zu stürzen, der wiederum zu chaotischem Stau und grenzenlosen Frust bei tausenden von Menschen führt, die bereits heute mit Bus und Bahn zum Stadion wollen.“

Wie man mehr Verkehr auslöst

In der Ratsversammlung am 9. November war Grünen-Stadtrat Kasek auf das Problem des induzierten Verkehrs eingegangen. Denn neue Straßen, Autobahnen und Parkplätze haben in der Regel eben nicht nur einen entlastenden Effekt für den schon bestehenden motorisierten Verkehr, sondern induzieren auch einen neuen, weil sich nun mehr Menschen dafür entscheiden, mit dem Auto bis zum Zielort fahren zu wollen.

„Wer Straßen sät, wird Stau ernten“, sagt folgerichtig Tobias Peter. „Und auch wer Parkplätze sät, wird Autos auf der Suche nach diesen ernten. Dies aber ist unvereinbar mit einem innerstädtischen Stadion und der anstehenden Entwicklung des Stadionumfelds mit dem Fokus auf Aufenthaltsqualität und mehr Grün. Die Zukunft des Sportforums liegt in umweltfreundlicher Mobilität und hoher städtebaulicher Qualität.“

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Es gibt 10 Kommentare

Klar sind die LVB zu doof, ebenso wie die Stadtverwaltung.
Hätte man alles besser planen können. War ja nicht klar, dass bei >40T Besuchern ein paar Probleme auftreten. Aber da wurden in der Vergangenheit Entscheidungen getroffen, die eben jetzt zu den Staus etc. führen.

@Thomas_2
Nochmal zum Verständnis: Die LVB sind nicht zu doof dafür. Die stehen einfach MIT den Autos im Stau. Weil die Zufahrtsstraßen einen begrenzten Querschnitt haben und sich dieser nicht beliebig vergrößern lässt. MEHR Autos, die zum Stadion oder nach Spielende von diesem weg fahren, machen die Situation noch komplizierter. Die Aussage zur Unfähigkeit der LVB ist nur ein Scheinargument der von dir angesprochenen faulen auswärtigen Autofahrer…

Leider wird die Faulheit unterschätzt.
In der Stadt im Parkhaus parken und ins Stadion laufen oder mit der Bahn? Das machen viele einfach nicht. Und was sind denn 10/15 € fürs Parken, wenn man von auswärts kommt?
Natürlich sollte das alles mit dem ÖPNV geregelt werden. Aber die LVB ist aber einfach nur unfähig, das ordentlich zu organisieren. Zusammen mit der Unfähigkeit der Stadtverwaltung, einmal für Veranstaltungen tragfähige Konzepte zu entwickeln und zum Zweiten den ÖPNV Ausbau besser zu planen und zu priorisieren sind wir beim Stand heute.

@Thomas_2
Vielleicht sollte man endlich einmal verstehen das nicht die Parkfläche der Autos das Problem ist sondern die Straßen, auf denen die Autos zum Stadion hin und wieder weg fahren sollen! Die wären für eine größere Menge Fahrzeuge gar nicht ausgelegt und sind auch nicht erweiterbar. Zu Massenveranstaltungen bekommt man die Massen an Menschen eben auch nur mit Massentransportmitteln verteilt. Einfach mal mit gängigen Flächenmaßen den Flächenverbrauch von PKWs durchrechnen…

@Thomas_2
2x 😀

Das ist ja genau das Problem, siehe Prager Straße.
Um- und Ausbau ÖPNV geht mit der Reduzierung des Platzes für den MIV einher.
Und schon jault die Lobby aus allen Kanälen…

“Parkhaus rentiert”?
Sie meinen, die Fußballbesucher fahren dann in ein Parkhaus, wo sie bezahlen müssen?
So, wie das in der Innenstadt funktioniert und trotzdem jede Menge Blech illegal parkt?

Unter die Arena hätte man auch einfach ein mehrstöckiges Parkhaus bauen können und gut.
Beim Ausbau des Stadions ebenso.
Das hätte sich sicherlich Stand jetzt schon rentiert. Es wird noch ziemlich lange ziemlich viele Autos geben und die werden auch in die Stadt reinfahren, egal, an welchen Schrauben gedreht wird.
Der Umbau des ÖPNV braucht eben Zeit und muss auch vor den ganzen Auto-Vergrämen-Aktionen passieren.
Früher oder später klärt sich die ganze Sache dann demografisch.

Diese Stellplatzsatzung ist noch einmal schärfer als die Sächsische Bauordnung.
Danach müssten bei 47000 Zuschauerplätzen
1566 Autostellplätze sowie 9400 Fahrradstellplätze vorhanden sein!
(gilt für Nur-Stadion-Veranstaltung, bei zeitgleich Arena müssten es mehr sein)

Die ca. 1500 Stellplätze wären vorhanden, aber wo stehen denn die Bügel für knapp 10000 Fahrräder???

🙂 Das stimmt, ist aber gar nicht so selten; googeln sie mal…

Ich würde darunter verstehen, nur qualitativ hochwertige Entwürfe zu realisieren, und keine 0815-Parkhäuser oder Gewerbebauten, die so charmant sind wie die 80er-Ruhrgebietsstädte. Davon haben wir leider noch so einiges abbekommen. Ebenso Grün- oder Parkanlagen, welche Aufenthaltsqualität versprühen und einladend sind, und keine tristen Betonbank-Plätze, die irgendein Architekten-Azubi im Anfangsstadium verbrochen hat.

Was mich aber zum Thema noch interessieren würde, weil es in keinem Medium konkret aufgearbeitet wurde:
Ist die Stadt tatsächlich aufgrund verbindlicher Vereinbarungen in der Pflicht, noch Parkmöglichkeiten zu schaffen?
Und hat hier die Genehmigungsbehörde evtl. mehrere Augen zugedrückt, da die Anzahl der Parkplätze einmal genehmigungsrelevant war?

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