Im vergangenen Jahr hat die sächsische Polizei fast doppelt so viele Fälle politisch motivierter Kriminalität gezählt, wie noch vor wenigen Jahren. Der Zuwachs steht offenbar vor allem im Zusammenhang mit Demonstrationen zum Corona-Thema. Politiker/-innen beklagen unter anderem die sinkende Aufklärungsquote und fordern detaillierte Kriminalitätsstatistiken.

Insgesamt ist die Zahl der erfassten Straftaten laut Polizeilicher Kriminalitätsstatistik um 8,4 Prozent gestiegen – von knapp 247.000 Fällen im Jahr 2021 auf etwas mehr als 267.000 Fälle im vergangenen Jahr. Damit befinden sich die Fallzahlen fast wieder auf dem Niveau vor der Coronakrise.

Zu den am häufigsten erfassten Straftaten gehören Körperverletzung (22.177 Fälle), Ladendiebstahl (15.471), Betrug (30.404), Sachbeschädigung (32.307) und Rauschgiftdelikte (13.353). Bei den sogenannten Straftaten gegen das Leben zählte die sächsische Polizei 110 Fälle – elf weniger als 2021. Die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind hingegen häufiger geworden: 5.177 im Jahr 2022 nach 4.714 im Jahr davor.

Wie viele Männer?

Während die Statistik beim Anteil von ausländischen Tatverdächtigen an Straftaten sowie deren Verteilung auf bestimmte Straftatengruppen ins Detail geht, liefert sie zum Geschlechterverhältnis keine Daten. Glaubt man anderen Statistiken, werden in Deutschland etwa 75 bis 80 Prozent aller Straftaten von Männern begangen.

Einen Schwerpunkt in der Statistik bildet hingegen wie üblich die politisch motivierte Kriminalität. Hier gab es im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg auf 6.327 registrierte Fälle – fast doppelt so viele wie 2018. Lag die Aufklärungsquote damals noch bei 46 Prozent, beträgt sie nun nur noch 32 Prozent.

Links < Rechts < Unbekannt

2022 gingen rund 1.000 dieser Straftaten auf das Konto mutmaßlicher Linker, 2.000 wurden von mutmaßlichen Rechten begangen und 3.000 sind angeblich nicht zuzuordnen. Zu einem großen Teil ist der starke Anstieg der Fälle auf Verstöße gegen das Versammlungsgesetz zurückzuführen – davon zählte die Polizei im vergangenen Jahr fast 1.700. Die politisch angeblich nicht zuzuordnenden Fälle stehen laut Statistik meist im Zusammenhang mit Corona-Themen.

Kerstin Köditz, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, kritisiert sowohl Polizei als auch Statistik. „Sachsen braucht höchste Qualitätsstandards bei der Kriminalitätsbekämpfung“, sagt sie in Bezug auf die sinkende Aufklärungsquote. „Das gilt besonders in jenen Bereichen, deren Entwicklung Anlass zur Besorgnis gibt, etwa die deutliche Zunahme von Fällen der Gewaltkriminalität, aber auch von Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornografie.“

Bezüglich der nicht zuzuordnenden politischen Kriminalität erwarte sie eine „detaillierte Analyse“ und ein „gezieltes Vorgehen gegen den anscheinend schon ritualisierten Missbrauch des Versammlungsrechts auf unseren Straßen“. Zudem sei die Statistik nicht wirklich aussagekräftig: Wie viele Tatverdächtige letztlich verurteilt werden und wie viele Ermittlungsverfahren eingestellt werden, gehe daraus nicht hervor.

Angriffe auf Rettungskräfte und Mandatsträger/-innen

Ronny Wähner, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, sieht Sachsen nach eigenen Angaben „auf einem guten Weg, eines der sichersten Bundesländer Deutschlands zu werden“. Besorgniserregend seien aber die sich laut Statistik häufenden Straftaten gegen Polizist/-innen und Rettungskräfte.

Eine Zunahme weist die Statistik auch bei den Angriffen auf Mandatsträger/-innen aus. „Der Freistaat ist hier in der Pflicht, Strategien zum Schutz der Engagierten in unserer Gesellschaft weiterzuentwickeln und mit größter Konsequenz umzusetzen“, so Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Er verweist auch auf das Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus, das weiterentwickelt werden müsse.

Das fordert auch Albrecht Pallas, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Zudem müsse „der private Waffenbesitz bei Rechtsextremisten und Reichsbürgern endlich ein Ende finden“. Genau wie Lippmann verweist er auf einen im Koalitionsvertrag vereinbarten „periodischen Sicherheitsbericht“, der „schon auf seine Veröffentlichung wartet“. Dieser soll zusätzliche Erkenntnisse liefern.

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