In Colditz bei Leipzig wurden am Dienstag mehrere Firmen und Privaträume durchsucht – offenbar ging es um Betäubungsmittel. Mit einem neuen Gesetz will Sachsen stärker gegen Verfassungsfeinde im Staatsdienst vorgehen. Und: Der Sitzungsmarathon der Ampel-Koalition in Berlin geht mindestens bis zum Abend weiter, offenbar sind die Konflikte und Baustellen enorm. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 28. März 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Drogenrazzia in Colditz

Ungebetener Besuch am frühen Morgen in Colditz: In der kleinen Stadt an der Zwickauer Mulde durchsuchten nach einem Bericht des MDR 225 Beamtinnen und Beamte des Zollfahndungsamts mehrere Privatwohnungen und Firmengelände.

Hintergrund seien demnach mutmaßliche Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Einsatzkräfte hätten drei verdächtige Männer festgenommen. Die Razzia lief auch am Nachmittag noch, weitere Details sind bisher nicht bekannt. Federführend bei der Maßnahme ist die Chemnitzer Staatsanwaltschaft.

Verfassungsgegner im Staatsdienst: Anspruch und Wirklichkeit

Im Staatsdienst ist kein Platz für Extremisten und Verfassungsgegner – soweit das Image, welches Sachsen nach außen immer wieder pflegt und betont. Dass die Wirklichkeit eine andere ist, zeigten jüngst Vorfälle etwa von Polizeischülern, die den Nationalsozialismus verherrlicht haben sollen, oder die Debatten um den ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier.

Der 61-Jährige wird von Sachsens Verfassungsschutz offiziell als Rechtsextremist eingestuft. Die Wiederaufnahme seiner Tätigkeit als Richter nach der verlorenen Bundestagswahl verhinderte nach langer Auseinandersetzung letztlich ein Gerichtsbeschluss, der ihn in den vorzeitigen Ruhestand schickte.

Neuer Gesetzentwurf soll Extremisten im Amt den Garaus machen – doch es gibt Kritik

In ihrer Kabinettssitzung am Dienstag legte Sachsens Staatsregierung nun einen Gesetzesentwurf vor, der den Staatsdienst besser vor einer Infiltrierung durch Verfassungsfeinde schützen soll. Demnach soll der Verfassungstreue-Check beispielsweise für angehende Polizisten und Beamte im Justizvollzug vorab verschärft werden, indem gezielte Abfragen beim Verfassungsschutz erfolgen, ob gegen die betreffende Person etwas vorliegt.

Die Vorlage eines Führungszeugnisses, welches „kleinere“ Delikte (Geldstrafen unter 90 Tagessätzen und Freiheitsstrafen unter drei Monaten) außen vor lässt, soll demnach nicht mehr reichen. Auch Verstöße gegen das Mäßigungsgebot sollen disziplinarrechtlich leichter geahndet werden können. Außerdem umfasst das Paket verlängerte Verjährungsfristen und mehr.

So solle die Widerstandskraft des Staatsdienstes und der Justiz gegen Extremistinnen und Extremisten durch die Reform gestärkt werde, so die sächsische Justizministerin Katja Maier (43, Grüne).

Kritik kommt unter anderem von der Politikerin Kerstin Köditz (56): Auch wenn Maßnahmen zur Verfassungstreue begrüßenswert seien, halte das geplante Gesetz kaum Möglichkeiten bereit, gegen Beamtinnen und Beamte mit Fehlverhalten vorzugehen, weil das Disziplinarrecht als „stumpfes Schwert“ kaum Wirkung entfalte, erklärte die Landtagsabgeordnete der Linken.

Beziehungsstatus fragil: angeblich Frontstellung SPD/FDP vs. Grüne

Nachtsitzung ohne Ergebnis und nun die Verlängerungsrunde: Spitzenpolitiker der drei Regierungsparteien im Bund setzen seit heute ihre Beratungen im Koalitionsausschuss fort. Bereits am Sonntagabend hatten sich Angehörige von SPD, Grünen und FDP zusammengesetzt, doch der Beratungsmarathon wurde Montagmittag ergebnislos unterbrochen, da Kanzler Olaf Scholz (64, SPD) und weitere Mitglieder des Koalitionsausschusses übernächtigt zu deutsch-niederländischen Konsultationen nach Rotterdam flogen.

Jetzt tagen die Spitzen der Parteien seit heute wieder hinter verschlossener Tür. Jenseits aller diplomatischen Floskeln, mit denen der Kanzler sich demonstrativ um ein harmonisches Bild bemühte, soll es hinter den Kulissen gewaltig brodeln.

Nach inoffiziellen Infos hat sich eine Frontstellung zwischen SPD und FDP auf der einen sowie den Grünen auf der anderen Seite aufgebaut. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck (53) hatte zuletzt mit seiner offenen Kritik am Zustand der Koalition und angeblichen Durchstechereien sensibler Informationen an die BILD-Zeitung für Zündstoff gesorgt.

Ampel-Parteien in vielen Bereichen zerstritten

Die Liste an Differenzen ist umfangreich, sie reicht von Habecks Heizungsplänen bis hin zu weiteren Fragen von Klimaschutz, Energiesicherheit, Verkehrsinfrastruktur, der Ausstattung der Bundeswehr und mehr.

Die Dreierkoalition unter der Führung von Scholz, die nach 16 bleiernen Merkel-Jahren Ende 2021 zur Erneuerung des Landes angetreten war, wurde durch interne Streitereien und externe Faktoren wie den Ukraine-Krieg mit seinen Folgen sehr schnell in einen Krisenmodus versetzt, der im Grunde bis heute anhält. Ob die zerstrittenen Koalitionäre nun am heutigen Abend ein Kompromisspaket vorlegen werden?

Einzige Alternative wäre wohl ein Bruch der Koalition. Die Opposition beschwört schon jetzt das Ende der Ampel herauf: Die Bundesregierung sei „stehend k.o.“, ätzte Unionschef Friedrich Merz (67). Es bleibt spannend …

Worüber die LZ heute berichtet hat:

Hauptzeugin nicht greifbar: Prozess um Gewaltverbrechen in Leutzsch verzögert sich deutlich

„Die Güterbahnen“ kritisieren: Wir können mehr, Herr Wissing!

Wilhelm-Leuschner-Platz: Falschparken an der S-Bahn-Station wurde rigoros unterbunden

Sachsens Kommunen mit Rekorddefizit: Abgeordneter der Linken fordert Neuordnung der Finanzbeziehungen

Kind Frau: Angela Fenschs Bilderserien mit selbstbewussten ostdeutschen Frauen

Was sonst noch wichtig war:

Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Leipzig hat die Klage des Münchner Flüchtlingsrats gegen den Freistaat Bayern abgewiesen. Hintergrund war ein Streit über das Projekt „Infobus“, welches geflüchteten Menschen in bayrischen Ankerzentren und Erstaufnahme-Einrichtungen Beratungen angeboten hatte. Der Zugang für die Helferinnen und Helfer war 2018 jedoch untersagt worden, dem gab jetzt auch das BVG recht. Hier geht es zur Pressemitteilung, ein einordnender Artikel der LZ ist in Vorbereitung.

Nach einem peinlichen Streit Deutschlands mit Brüssel ist inzwischen auch auf EU-Ebene ein weitgehendes Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 beschlossen.

Kalenderblatt:

Luftballons, Düsenflieger, Kriegsminister, Krieg: Am 28. März 1983 stürmte der populäre Hit „99 Luftballons“, gesungen von Gabriele Susanne Kerner (besser unter dem Künstlernamen Nena bekannt), an die Spitze der bundesdeutschen Charts. Der schmissige Evergreen drückte vor 40 Jahren angesichts des Kalten Kriegs der Supermächte und des NATO-Doppelbeschlusses die wachsende Furcht vor einem atomaren Schlagabtausch und dem Ende der Menschheit aus.

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