Seit dem 1. Dezember 2022 steht fest, dass der AfD-Politiker Jens Maier nicht mehr als Richter tätig sein darf – sofern er keine Rechtsmittel gegen das Urteil des Dienstgerichtes für Richter einlegt. Dieses hat nun die schriftliche Urteilsbegründung veröffentlicht. Es stützt sich auf zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass Maier ein „Rechtsextremist“ ist, stellt aber auch klar: Wichtig sei vor allem, dass er in der Öffentlichkeit als solcher wahrgenommen werde.

Am 11. Februar 2022 hatte die sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) beim Dienstgericht beantragt, den ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten in den Ruhestand zu versetzen. Im Wesentlichen sind es drei Gründe, die Meier anführte.

So berief sie sich auf mehrere Verfassungsschutzberichte, in denen Maier selbst, aber auch der „Flügel“, dem er angehörte, als rechtsextrem eingestuft wurden. Zudem nannte die Justizministerin mehrere Beispiele, die die politische Gesinnung des Richters belegen sollen.

Twitter wirkt

Ein weiterer Grund für ihren Antrag seien die Reaktionen auf die bevorstehende Rückkehr von Maier in den Richterdienst gewesen. In der Öffentlichkeit habe es „ein tiefes Unverständnis und ein erhebliches Störgefühl“ gegeben. Klassische Medien, Nutzer/-innen sozialer Medien, Staatsrechtslehrer/-innen, aber auch der Zentralrat der Juden und das Internationale Auschwitzkomitee hätten deutliche Kritik geübt.

Es sei deshalb davon auszugehen, dass „das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Person des Richters oder in seine Amtsführung in so hohem Maße Schaden genommen hat, dass seine Rechtsprechung nicht mehr glaubwürdig erscheint“.

Gar nicht so gemeint

Der AfD-Politiker Maier hielt dagegen: Äußerungen seien aus dem Kontext gerissen worden, manchmal ironisch gemeint gewesen, manchmal gar nicht von ihm selbst verfasst worden. Gegen die Bezeichnung als „Rechtsextremist“ durch den Verfassungsschutz gehe er aktuell gerichtlich vor – weshalb das Verfahren am Dienstgericht seiner Ansicht nach ausgesetzt werden sollte.

Zudem sei es nicht zulässig, Äußerungen aus seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter als Argumente anzuführen. In dieser Zeit habe er sein Richteramt nicht ausgeübt und sich somit auch nicht an bestimmte Vorschriften halten müssen.

Das Dienstgericht bewertete im Prinzip keines dieser Argumente als stichhaltig (PDF). Ob ihn beispielsweise der Verfassungsschutz als „Rechtsextremist“ bezeichnet, sei egal; wichtig sei, ob die Tatsachen, die zu dieser Einstufung führten, zutreffend waren.

Rassistische Äußerungen

Tatsache ist laut Dienstgericht, dass sich Maier „abwertend, menschenverachtend und rassistisch“ geäußert hat. Auch relativierende Aussagen zum Nationalsozialismus oder die Forderung, den deutschen „Schuldkult“ zu beenden, führte das Gericht an. Rhetorisch suche Maier immer wieder die Nähe zu Menschen oder Positionen, die in der Öffentlichkeit als rechtsextrem wahrgenommen würden.

Besonders anschaulich stellt das Dienstgericht seine Einschätzung am Beispiel eines Tweets aus dem Jahr 2019 dar. Auf dem Twitter-Account von Maier war zu lesen: „Wenn Angeklagte ‚AfD-Richter‘ fürchten, haben wir alles richtig gemacht. #AfD“.

Diese Äußerung erweckt laut Dienstgericht den Eindruck, dass man als Prozessbeteiligte/-r unter Umständen damit rechnen muss, einem Richter zu begegnen, der nicht nach dem Gesetz, sondern gemäß AfD-Programmatik urteilt. Maier behauptete, ein Mitarbeiter habe diesen Tweet verfasst.

Maier haftet für Mitarbeiter

Egal, urteilte das Dienstgericht: „Für die Adressaten des Tweets und damit auch für die Öffentlichkeit ist es unerheblich, wer den Tweet konkret erstellt und abgesetzt hat. Erheblich ist allein, dass die Adressaten und die Öffentlichkeit den Tweet und seinen Inhalt dem Antragsgegner zuschreiben, weil es sich um den offiziellen Account des Antragsgegners handelt.“

Im Ergebnis kam das Dienstgericht zu dem Urteil, dass es „zwingend geboten“ sei, Maier „zur Abwendung einer schweren Beeinträchtigung der Rechtspflege in den Ruhestand zu versetzen“. Er sei als Richter „nicht mehr tragbar“.

Ob damit das letzte Wort gesprochen ist, steht allerdings noch nicht fest. Innerhalb eines Monats kann Maier noch Revision gegen das Urteil einlegen.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar