Am 16. April stand auch die Zukunft eines nicht ganz unwichtigen Leipziger Gewerbegebietes auf der Tagesordnung. Denn da hat das Amt für Wirtschaftsförderung den „Umsetzungsplan zur Revitalisierung des Industriegebiets Ludwig-Hupfeld-Straße“ vorgelegt. Es ist ein klassisches Industriegebiet zwischen zwei Gleisanbindungen. Aber etliche der hier einst ansässigen Unternehmen sind verschwunden – zuletzt die Gießerei Gusswerke Leipzig GmbH (vormals: Halberg Guss) an der Merseburger Straße. Aber das Gewerbegebiet soll erhalten bleiben, muss aber auch zukunftsfähig gemacht werden.

Mit den 150 hier ansässigen Unternehmen wurde deshalb eine groß angelegte Potenzialstudie erstellt, was alles passieren sollte, um das Gewerbegebiet wieder attraktiv zu machen.

Auch aus Sicht der Leipziger Wirtschaftsförderung hat es einige historische Stärken, die es zu bewahren gelte: „Besonderheit dieses Industriegebietes ist seine Größe als zusammenhängendes und in­nenstadtnahes Industriegebiet. Auf knapp 50 Hektar des Gebiets sind Nutzungen gemäß § 9 BauNVO möglich oder vorhanden – also für Gewerbebetriebe aller Art, ein sog. ‚robustes Industriegebiet‘. Die übrigen Flächen sind Verkehrs- und Grünflächen. Zudem gibt es ca. 3,5 Hektar brachliegender und einige mindergenutzte Flächen (ohne ehem. Halberg-Guss Gelände). Im Gebiet sind bis auf den Großteil der Verkehrsflächen und einer der beiden Kleingartenvereine alle übrigen Flächen nicht im kommunalen Eigentum.

Im Wesentlichen ist das Untersuchungsgebiet geprägt durch große und kleine Industrie- und Gewerbeunternehmen, zum Teil mit langer Tradition, vielfach Metallverarbeitung. Die etwa 150 ansässigen Unternehmen beschäftigen insgesamt ca. 1.300 Menschen im Gebiet.

Drei Gebäude sind besonderer baukultureller Bedeutung, insbesondere das Hupfeld-Center, das mitten im Gebiet liegt und momentan saniert wird. Dessen Räume werden an Kleingewerbetreibende, Start-ups sowie Kunst- und Kulturschaffende vermietet.

Ein Teil des Gebiets erfährt gegenwärtig starke Nutzungsveränderungen. Die alt-etablierte Gießerei Gusswerke Leipzig GmbH (vormals: Halberg Guss) an der Merseburger Straße wurde aufgegeben. Nach dem vollständigen Abriss baut der neue Eigentümer Panattoni momentan einen Businesspark mit einer Hallenfläche von ca. 37.000 m². Die Fertigstellung ist für 2026 vorgesehen.“

Am 16. April fasste der Stadtrat nun mit klarer Mehrheit (56:0 Stimmen bei einer Enthaltung) den Grundsatzbeschluss für das Großprojekt: Basierend auf der Potenzial-Analyse, die das Amt für Wirtschaftsförderung federführend hatte anfertigen lassen, kann nunmehr mit der Revitalisierung des 85 Hektar großen Industriegebietes Ludwig-Hupfeld-Straße begonnen werden.

Umgesetzt werden soll ein Plan, um das traditionsreiche, einst vom Klavierbau geprägte Industriegelände, das sich über die Stadtteile Leutzsch, Böhlitz-Ehrenberg und Burghausen-Rückmarsdorf erstreckt, schrittweise aufzuwerten. Die Stadt Leipzig folgt damit ihrer Prämisse, Industriegebiete wiederzubeleben und Flächen zu revitalisieren.

Das Gelände

Aktuell sind auf dem Areal rund 150 Unternehmen mit insgesamt etwa 1.300 Beschäftigten angesiedelt. Markantestes Gebäude ist das historische Hupfeld-Center, welches derzeit saniert wird und kleine Unternehmen, Start-ups sowie Kunst- und Kulturschaffende beherbergt.

Für die Umsetzungsplanung war das gesamte Gebiet zunächst hinsichtlich Städtebau, Verkehr und Infrastruktur sowie Energie und Klimaschutz untersucht worden. Ein wichtiger Faktor war außerdem, die Anlieger unter anderem durch zahlreiche Befragungen frühzeitig intensiv einzubeziehen.

„Aus den Gesprächen mit den Unternehmen wissen wir, wo der Schuh drückt – Wasserleitungen und Straßen müssen modernisiert, illegale Müllablagerungen beseitigt und die Aufenthaltsqualität erhöht werden, durch mehr Grün und Möglichkeiten zur Pausengestaltung. So fehlt zum Beispiel eine Kantine. Und natürlich brauchen wir die ungenutzten Flächen dringend für unseren Mittelstand“, beschreibt Clemens Schülke, Bürgermeister für Wirtschaft, Arbeit und Digitales, die Beweggründe der Planungen.

„Wir haben viel vor und setzen dabei auf den engen Austausch und die Mitwirkung der Unternehmen und Eigentümer vor Ort, beispielsweise bei regelmäßigen Anliegerkonferenzen.“

Das Industriegebiet Ludwig-Hupfeld-Straße sticht vor allem durch die Mischung aus Industrie- (rund 30 Prozent) und Gewerbeflächen hervor. Der Plan sieht vor, dass Straßen saniert, weitere Querungsmöglichkeiten für Fußgänger eingerichtet, die Erreichbarkeit mit ÖPNV und Fahrrad ausgebaut sowie Grünflächen gesichert und neu geschaffen werden. Neben den 15 Hektar im Panattoni Park Leipzig bieten weitere 3,5 Hektar Raum für Wachstum.

Grünflächen und eine neue Anbindung

Zwei Änderungsanträge wurden am 16. April in der Ratsversammlung diskutiert. Der eine war ein Antrag der Grünen-Fraktion, das Paket „Grünflächen sichern, aufwerten und neu erschaffen“ nicht erst zum Ende der neuen Gewerbeansiedlungen umzusetzen, das im vorliegenden Papier für das Jahr 2040 avisiert, sondern schon viel früher und gleich mit der Ansiedlung neuer Unternehmen.

„Die späte Umsetzung des Maßnahmenpakets bis 2040 ist angesichts der beabsichtigten deutlich früheren Umsetzung der sonstigen Flächenentwicklung nicht nachvollziehbar. Für die qualitätsvolle Umsetzung der Revitalisierung insgesamt, insbesondere vor dem Hintergrund notwendiger Klimaanpassung sind die Maßnahmen abgestimmt in gleichen Zeithorizont wie die Großzahl der übrigen Arbeitspakete zu realisieren.“

Doch das Vorziehen auf den Zeitraum 2027 bis 2032 fand dann OBM Burkhard Jung irgendwie nicht umsetzbar und empfahl die Ablehnung des Grünen-Antrags. Aber dem wollte die Ratsmehrheit nicht folgen. Denn auch die jetzigen Nutzer des Geländes werden sich über jedes Stückchen Grün freuen, das im Gebiet dauerhaft entsteht. Und das sah auch die Ratsmehrheit so, die dem Grünen-Antrag mit 38:15 Stimmen zustimmte.

Etwas diskutanter war der Änderungsantrag der CDU-Fraktion, die beantragt hatte: „Im Rahmen des Umsetzungsplanes zur Revitalisierung des Industriegebiets Ludwig-Hupfeld-Straße wird die Verbindung der Südstraße mit der Schönauer Landstraße entlang des Bahndammes geprüft. 

Aufgrund der Industriestandorte in Böhlitz-Ehrenberg entsteht für die angrenzenden Wohngebiete eine erhöhte Belastung durch Last- und Lieferverkehr, da es keine direkte Möglichkeit für den Abfluss in Richtung Westen bzw. zur Merseburger Straße gibt. Die Südstraße entlang des Bahndammes bzw. der stillgelegten Gleise zu verlängern kann die nötige Entlastung herbeiführen.“

Ein Antrag, den Linke-Stadtrat Sören Pellmann hinterfragte, denn die Vorlage bezifferte nicht, wie viel Geld und Personal für diese Prüfung gebraucht wird. Andererseits waren es im Gebiet ansässige Unternehmen wie Siemens, die diese neue Anbindung wünschten. Und OBM Burkhard Jung hatte sie deshalb auch mit in die Vorlage übernehmen wollen. Doch da Pellmann die Kosten hinterfragte, kam auch dieser Änderungsantrag zur Einzelabstimmung, bekam aber mit 44:3 Stimmen bei sieben Enthaltungen die nötige Mehrheit.

Wann diese Prüfung freilich erfolgen kann, kann auch Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke noch nicht sagen. Denn für das ganze Gebiet muss noch ein neuer Bebauungsplan erstellt werden, was bekanntlich einige Jahre Zeit in Anspruch nimmt. „In diesem Rahmen wollen wir das prüfen“, so Schülke.

Die Gesamtvorlage, mit der das Gewerbegebiet bis 2040 Stück für Stück aufgewertet werden soll, bekam dann mit 56 Ja-Stimmen eine klare Mehrheit. Es kann also losgearbeitet werden.

Anliegerkonferenz am 30. April in Vorbereitung

Begonnen werden soll im ersten Schritt mit der Sanierung der Wittestraße ab 2027/2028. Den Bau- und Finanzierungsbeschluss soll es voraussichtlich 2026 geben, teilt das Wirtschaftsdezernat mit. Und auch die Beteiligung der Betroffenen geht weiter: Am 30. April 2025 werden alle Unternehmen und Eigentümer im Industriegebiet zu einer weiteren Anliegerkonferenz eingeladen.

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