Eigentlich ist im Dezember auf dem Leipziger Arbeitsmarkt gar nichts passiert. Auch wenn die Arbeitsagenturen bundesweit jubeln, was für ein tolles Jahr 2017 war. Irgendwie fehlt dort in den Chefetagen der Wecker. Denn mittlerweile steigt die Arbeitslosigkeit auch dann kaum, wenn gar keine Leute eingestellt werden. Und das liegt eben nicht an der tollen Arbeit der Jobvermittler, auch wenn man das so vermeldet.

Oder um gleich mal den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig, Steffen Leonhardi, zu zitieren: „Das Jahr 2017 war für den Leipziger Arbeitsmarkt ein gutes Jahr. Es brachte der Stadt im November mit 6,9 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote in einem Monat seit 1991 überhaupt. Erstmals stand eine 6 vor dem Komma. Darüber haben wir uns alle sehr gefreut. Saisonbedingt gab es im Dezember einen Anstieg. Die Arbeitslosenquote lag bei 7,0 Prozent. Trotz des leichten Anstiegs war das die niedrigste Arbeitslosigkeit in einem Dezember seit 1991. Allen Prognosen zufolge, setzt sich der Trend sinkender Arbeitslosigkeit und wachsender Beschäftigung auch im Jahr 2018 fort. Es bleibt für alle Akteure am Arbeitsmarkt noch einiges zu tun, aber die Richtung stimmt und die Entwicklung verstetigt sich immer weiter.“

„Die Geschäftspolitik der Investitionen der Arbeitsagentur und des Jobcenters Leipzig in die berufliche Qualifizierung von arbeitslosen Menschen ist der richtige Weg. Der Arbeitsmarkt in der Stadt profitiert davon und immer mehr Menschen kommen wieder in Arbeit. Unser Hauptziel bleibt weiterhin, die arbeitslosen Menschen fit zu machen für die Anforderungen des dynamischen Arbeitsmarktes. Dafür setzen wir auf betriebsnahe Trainings und Qualifizierung. Unser Anspruch ist es, jedem, der Unterstützung benötigt, ein maßgerechtes Angebot zu unterbreiten“, sagte er auch noch.

Und das klingt, als hätte die zur Agentur umtitulierte Behörde alles im Griff.

Hat sie nicht.

Ablesbar an den gemeldeten freien Stellen. Seit Mitte 2017 liegt die Zahl der unbesetzen Stellen bei 7.000 (7.032 zum Ende Dezember).

Und in einigen Branchen wachsen die Zahlen seit Anfang 2017 ständig an.

– im Bereich „Naturwissenschaft, Geografie, Informatik“ um 45 Prozent (wobei hier der Bereich Informatik die treibende Kraft ist).

– im Bereich Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit um 37 Prozent

– im Bereich Bau, Architektur, Vermessung, Gebäudetechnik um 22 Prozent

– im Bereich Kaufmännische Dienstleistungen, Handel, Vertrieb, Tourismus 21 Prozent

Und darunter sind viele Bereiche mit geringer Qualifikation. Die Logistiker werben ja mittlerweile sogar schon mit Plakaten in der Straßenbahn: Werdet Busfahrer! Werdet Fahrlehrer!

Und trotzdem werden keine Leute gefunden.

Deswegen klingt es nur dramatisch, wenn die Arbeitsagentur Leipzig meldet: „Beim Zugang an offenen Arbeitsstellen verzeichnete die Arbeitsagentur Leipzig im Dezember einen Rückgang gegenüber dem Vormonat. Die Wirtschaft und die Verwaltung haben in den letzten vier Wochen 1.786 freie Stellen, das waren 456 weniger als im davorliegenden Monat und 299 weniger als vor einem Jahr, zur Besetzung angeboten.“

Und wenn Leonhardi sagt: „Unsere täglichen Kontakte mit den Unternehmen zeigen die Zuversicht, was die personelle Perspektive der Betriebe für das Jahr 2018 angeht. Davon profitieren auch immer stärker ehemals langzeitarbeitslose Menschen. Unternehmer sagen uns immer wieder, wer motiviert ist, bekommt eine Arbeit, egal ob er lange oder erst seit kurzem arbeitslos ist. Gemeinsam sorgen wir für die nötige Qualifikation.“

Insgesamt waren im Dezember 2017 20.921 (Vormonat 20.682) Männer und Frauen in Leipzig arbeitslos gemeldet. Im Vergleich zum Dezember 2016 waren es mit einem Rückgang um 2.196 deutlich weniger.

In den einzelnen Altersgruppen gab es im zurückliegenden Monat uneinheitliche Entwicklungen.

Bei den jungen Menschen fiel die Zahl der Arbeitslosen, bei den älteren wuchs sie. Bei den unter 25-Jährigen lag der Rückgang bei 5,1 Prozent und bei den 50-Jährigen und Älteren betrug der Anstieg + 2,9 Prozent.

Zum statistischen Zähltag im Dezember betrug die Arbeitslosenquote in der Stadt Leipzig 7,0 Prozent (Vormonat: 6,9 Prozent). Im Dezember 2016 lag sie noch bei 7,9 Prozent.

Im Dezember waren 5.882 Menschen in der Arbeitsagentur Leipzig arbeitslos gemeldet. Das waren – 7 weniger als im Vormonat.

Im Jobcenter Leipzig waren 15.039 Menschen arbeitslos registriert. Das waren 246 mehr als im November. Besonders ältere Arbeitsnehmer (über 50 Jahre) wurden im Dezember freigesetzt, was allein eine Zunahme von 171 bedeutete.

Und gleichzeitig gibt es den Effekt, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften sinkt: In Leipzig gab es im Dezember 37.378 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 131 weniger als im Vormonat und 1.776 weniger als im Dezember 2016.

Aktuell betreut das Jobcenter Leipzig 47.147 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Im Vergleich zum Vormonat fiel die Zahl um 99 und im Vergleich zum Vorjahr waren es 1.752 Personen weniger. Dafür stieg die Zahl der nichterwerbsfähigen Leistungsberechtigten von 17.282 auf 17.348. Es sind also wieder mehr Kinder betroffen.

Und trotz dieser hohen Zahl von Menschen in der scheinbaren Arbeitsmarktreserve wird 2018 die Zahl der unbesetzten Stellen steigen.

Im Juni 2017, dem letzten Quartalsstichtag, der nun aktuell veröffentlicht wurde, lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Arbeitsort Leipzig bei 262.537. Gegenüber dem Vorjahresquartal war das eine Zunahme um 6.705 oder 2,6 Prozent. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze war seit über 20 Jahren noch niemals so hoch.

„So waren es beispielsweise im Jahr 2004 noch 191.170 Beschäftigte. Damit stieg die Zahl innerhalb von 13 Jahren um 71.367 an. Das ist eine überaus erfreuliche Entwicklung“, erklärt Leonhardi. „Und auch die Prognose für das Jahr 2018 ist sehr positiv. In Leipzig erwartet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in den nächsten 12 Monaten einen Beschäftigungszuwachs von ca. 7.000 Arbeitsplätzen.“

Es werden also noch mehr Branchen Schwierigkeiten bekommen, ihre Stellen zu besetzen.

Die Grafik zeigt, wo 2017 besonders viel Personal eingestellt wurde. Wenn man den irreführenden Bereich der Zeitarbeit weglässt, sind es vor allem Sozialberufe, Bildungsberufe, Gastgewerbe und „Information und Kommunikation“ (also die Welt der modernen Informationstechnologie), wo besonders viele Leute eingestellt wurden. Und das nur fürs erste Halbjahr 2017 betrachtet.

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