Am Donnerstag, 30. August, veröffentlichte die Leipziger Arbeitsagentur die Arbeitsmarktzahlen für August. Man freute sich wieder emsig: Mit errechneten 6,6 Prozent Arbeitslosigkeit hat man wieder den Tiefstwert seit 1991 ereicht. Gegenüber dem August 2017 ist die Arbeitslosigkeit in der Stadt Leipzig um 2.553 Personen zurückgegangen.

„Die arbeitslos gemeldeten Menschen in Leipzig, auch besonders Menschen, die länger arbeitslos waren, profitieren von der positiven Beschäftigungsentwicklung. Sie finden immer häufiger eine Arbeitsstelle. Ich kann die Arbeitsgeber nur bestärken, weiter in die Einarbeitung dieser Arbeitskräfte zu investieren, auch wenn die Biografie Zeiten der Arbeitslosigkeit enthält.

Unsere Geschäftspolitik der Qualifizierung und arbeitsplatznahen Trainings wirkt erfolgreich. Deshalb investieren Jobcenter und Arbeitsagentur weiter in die berufliche Weiterbildung der Menschen“, interpretierte der Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Leipzig, Gunter Friedel, die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im August 2018.

Natürlich hat diese Einstellungsbelebung mit dem Ferienende zu tun.

„Der Rückgang der Arbeitslosigkeit ist auf die üblichen saisonalen Effekte nach dem Ferienende zurückzuführen. Häufig werden Neueinstellungen auf die Zeit nach den Ferien verschoben. Gleichzeitig führen Ausbildungs- und Schulbeginn sowie beginnende Fördermaßnahmen zu einem Rückgang der Arbeitslosigkeit“, meldete am selben Tag die Arbeitsagentur Sachsen.

„Die Arbeitslosenquote belief sich im August auf 5,8 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr sank sie um 0,6 Prozentpunkte. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung lag die Arbeitslosenquote bei 1,8 Prozent und im Bereich der Grundsicherung bei vier Prozent. Die Arbeitslosenquote ausländischer Staatsbürger lag bei 20,2 Prozent.“

Diese Zahl zu den arbeitslosen Ausländern lieferte Leipzig nicht. Was schon erstaunte. Obwohl es wichtig ist.

Insgesamt waren Ende August in Leipzig 20.231 Menschen, 360 weniger als im Juli, bei der Arbeitsagentur und dem Jobcenter arbeitslos gemeldet. Bei der Arbeitsagentur, im Rechtskreis SGB III, stieg die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat um 19 Personen leicht an.

Die Sache mit den Langzeitarbeitslosen

Im Jobcenter, im Rechtskreis SGB II, sank die Arbeitslosigkeit um 379. Im Vergleich zum August 2017 sank die Arbeitslosigkeit insgesamt um 2.553 Menschen. Der Rückgang zum Vorjahr bleibt mit 12,0 Prozent weiterhin im zweistelligen Bereich und zeigt den stabilen positiven Trend am Arbeitsmarkt.

Wobei man an dieser Stelle die freudigen Aussagen von Gunter Friedel hinterfragen muss. Kommen denn die Langzeitarbeitslosen jetzt alle in Arbeit? Begründet das wirklich das Abschmelzen der Arbeitslosigkeit?

Der Blick ins Zahlenwerk zeigt: Nein. Denn noch immer dominiert der Abgang in die Nichterwerbstätigkeit. Oder mit den Zahlen aus dem August: Dem Zugang von 2.066 Personen aus Nichterwerbstätigkeit (also auch vielen jungen Berufsanfängern) stand ein Abgang in Nichterwerbstätigkeit von 2.227 Personen gegenüber. 161, also über die Hälfte des Rückgangs der Arbeitslosigkeit, ging also auf diese Abgänge zurück, die vorwiegend in den Ruhestand erfolgten.

Und da das nun seit einigen Jahren so geht, schmilzt die Leipziger Arbeitslosigkeit jedes Jahr um rund 2.000 ab. Und zwar vor allem im SGB II, dem Jobcenter.

Entwicklung der Arbeitslosigkeit in SGB II und SGB III seit 2012 in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Entwicklung der Arbeitslosigkeit in SGB II und SGB III seit 2012 in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Die andere Seite dieser Entwicklung ist natürlich die fortwährend steigende Zahl unbesetzter Stellen. Beim Zugang an offenen Arbeitsstellen verzeichnete die Arbeitsagentur Leipzig im August einen Rückgang gegenüber dem Vormonat. Die Wirtschaft und die Verwaltung haben in den letzten vier Wochen 1.760 freie Stellen, das waren 437 weniger als im davorliegenden Monat und 406 weniger als vor einem Jahr, zur Besetzung gemeldet. 7.756 freie Stellen waren im August gemeldet, rund 800 mehr als im Vorjahr.

Ein paar Zahlen kurz und knapp: In den Altersgruppen gab es im zurückliegenden Monat eine unterschiedliche Entwicklung. Bei den jungen Menschen bis 25 Jahren stieg die Zahl der Arbeitslosen um 67 auf 2.167 (Vorjahr: 2.188). Bei den Lebensälteren in der Altersgruppe ab 50 Jahren fiel die Arbeitslosigkeit um 95 auf 5.502 Personen (Vorjahr: 6.210).

Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im zurückliegenden Monat in Leipzig gesunken. Gegenüber dem Vormonat fiel sie um 132 auf 5.312. Im Vergleich zum August 2017 gab es 1.246 langzeitarbeitslose Menschen weniger.

Der Zugang in die Arbeitslosigkeit aus der Erwerbstätigkeit lag in den letzten vier Wochen bei 2.160. Abgemeldet in Erwerbstätigkeit haben sich im gleichen Zeitraum 2.248 Personen.

Im August waren 6.299 Menschen in der Arbeitsagentur im Rechtskreis SGB III arbeitslos gemeldet. Das waren 19 mehr als im Vormonat. Im Jobcenter im Rechtskreis SGB II waren 13.932 Menschen arbeitslos registriert. Das waren 379 weniger als im Juli 2018 und 2.019 weniger als vor einem Jahr.

In Leipzig gab es im August 36.096 Bedarfsgemeinschaften. Das sind 229 weniger als im Vormonat und 2.526 weniger als im August des Vorjahres. Das Jobcenter Leipzig betreute aktuell 45.756 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Das waren 206 weniger als im Juli und 2.921 weniger als vor einem Jahr.

Seit Oktober 2017 wurden der Arbeitsagentur Leipzig 2.738 Ausbildungsstellen zur Besetzung gemeldet. Das waren 162 mehr als ein Jahr zuvor. Bei den betrieblichen Ausbildungsstellen betrug der Zuwachs 8,3 Prozent. Gegenwärtig sind noch 684 Ausbildungsstellen unbesetzt.

Im gleichen Zeitraum meldeten sich 3.036 Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildungsstelle. Das waren 513 oder 20,3 Prozent mehr als vor einem Jahr. Ende August waren noch 592 unversorgt. Zum statistischen Zähltag im August betrug die Arbeitslosenquote in der Stadt Leipzig 6,6 Prozent (Vormonat: 6,7 Prozent). Im August 2017 lag diese noch bei 7,6 Prozent.

Bleiben die Ausländer

Da Leipzig natürlich mehr Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund aufgenommen hat als die Landkreise, sind natürlich auch mehr Ausländer bei der hiesigen Arbeitsagentur gemeldet. Und die prozentuale Arbeitslosigkeit lässt sich auch berechnen, wenn man dem Zahlenwerk entnehmen kann, dass im Dezember 14.097 Ausländer in Leipzig als erwerbstätig gezählt wurden. Jüngere Zahlen liegen noch nicht vor. Deswegen wird das Ergebnis nicht ganz genau.

Aber im August galten 3.994 Ausländer in Leipzig als arbeitslos, was immerhin 64 weniger als im Juli waren und 469 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosigkeit hat also auch unter den Ausländern um über 10 Prozent abgenommen. Addiert man die 3.994 zur Beschäftigtenzahl im Dezember, kommt man auf eine Arbeitslosenquote unter Leipzigs Ausländern von knapp 22 Prozent, eher weniger.

Und sie werden gerade in den Branchen gern eingestellt, die in Leipzig derzeit am deutlichsten nach Arbeitskräften rufen: in der Logistik, in der Gastronomie und in der Pflege. Und schon wenn man das aufzählt, merkt man, dass da etwas falschläuft in Deutschland, weil selbst hier längst in Arbeit befindliche Asylbewerber abgeschoben werden. Die bürokratische Maschinerie läuft blind vor sich hin, ohne zu fragen, ob die Menschen schon Fuß gefasst haben oder nicht.

Und für die Unternehmen ist das eine hochgradige Verunsicherung, weil sie zwangsläufig überlegen müssen, ob sie die Einstellung dieser Menschen wagen sollen, oder ob ihnen dann die Abschieberitis der deutschen Innenminister wieder die frisch gewonnene Arbeitskraft über Nacht entführt.

Die neue Leipziger Zeitung Nr. 58 ist da: Ein Mann mit dem Deutschlandhütchen, beharrliche Radfahrer, ein nachdenklicher Richter und ein hungriges Leipzig im Sommer 1918

Ein Mann mit dem Deutschlandhütchen, beharrliche Radfahrer, ein nachdenklicher Richter und ein hungriges Leipzig im Sommer 1918

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