Ist der „Rekord“ nun ein Rekord – oder doch eher ein Fatum? Ein blinkendes Signal, das anzeigt, dass sich in der Arbeitsmarktpolitik gründlich etwas ändern muss? Denn mehrfach hat das Institut für Wirtschaftsforschung (IWH) in Halle nun ja festgestellt: Der Mangel an Fachkräften wird zur Wachstumsbremse in Ostdeutschland. Und Leipzig prescht gerade auf einen neuen Höchststand zu – bei den unbesetzten Stellen.

„Mit 6,4 Prozent wurde im September die niedrigste Arbeitslosenquote seit 1991 in Leipzig überhaupt in einem Monat erreicht. Der Trend des Rückgangs der Arbeitslosigkeit und des Wachstums bei der Zahl der Beschäftigten hält weiter an. Diese Entwicklung ist außerordentlich positiv, zumal erstmals die Anzahl arbeitsloser Menschen in Leipzig seit der Wiedervereinigung auf unter 20.000 zurückgegangen ist. Das macht mich zuversichtlich für einen anhaltenden Rückgang der Erwerbslosigkeit“, meinte Steffen Leonhardi, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig, bei der Vorstellung der Arbeitsmarktzahlen des Monats September am Freitag, 28. September.

Die Arbeitslosigkeit in Leipzig liegt jetzt bei 19.558 registrierten Menschen und damit erstmals unter der 20.000er-Marke. Im Vergleich zum August waren 673 Menschen weniger bei der Arbeitsagentur und dem Jobcenter Leipzig gemeldet. Gegenüber September 2017 ging die Zahl der Arbeitslosen um 2.583 Personen zurück.

„Wir müssen auch weiterhin am Ball bleiben, da sich die Anforderungen am Arbeitsmarkt immer schneller verändern. Eine gute Zusammenarbeit mit den Unternehmen und den Akteuren am Arbeits- und Ausbildungsmarkt ist dabei ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor. Ohne die Expertise der Partner geht es nicht“, ist sich Leonhardi sicher.

Wenn er sich da mal nicht täuscht.

Denn mittlerweile steuert Leipzig auf 8.000 als unbesetzt geltende Stellen zu.

Unbesetzte Stellen im September 2018. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Unbesetzte Stellen im September 2018. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Der Zugang an offenen Arbeitsstellen stieg im September wieder an. Die Wirtschaft und die Verwaltung haben in den letzten vier Wochen 1.947 freie Stellen, das waren 187 Stellen mehr als im davorliegenden Monat und 206 Stellen weniger als vor einem Jahr, zur Besetzung gemeldet.

Das heißt: Der Aufbau an Beschäftigung in Leipzig geht unvermindert weiter, während die Zahl der noch frei verfügbaren Arbeitskräfte hinschmilzt wie Schnee an der Sonne.

„Die jüngsten Zahlen zur Beschäftigungsentwicklung in Leipzig aus dem März 2018 sind gerade veröffentlicht worden. Die Beschäftigung in Leipzig hat weiter kräftig zugelegt. Das ist eine sehr gute Entwicklung. Auch diese setzt sich weiter fort“, kommentiert Steffen Leonhardi.

Im März 2018, dem letzten Quartalsstichtag mit gesicherten Angaben, hatten 266.819 Menschen ihren sozialversicherungspflichtigen Arbeitsort in Leipzig. Innerhalb eines Jahres war das eine Zunahme um 6.831 Arbeitsplätze oder 2,6 Prozent. Aber immer größer werden die Lücken im Bereich Verkehr und Logistik, in der Industrie, im Gesundheitswesen und – mit steigender Tendenz – in Bildung und Erziehung. Die Versäumnisse der vergangenen Jahre, insbesondere eine völlig vergeigte Bildungspolitik, machen sich bemerkbar.

Während die viel besungene „Arbeitsmarktreserve“ verschwindet – nach wie vor zuallererst in den Altersruhestand. Dazu genügt der Blick auf die Arbeitslosenzahlen in SGB II und SGB III. Während letztere relativ stabil bei 6.000 Personen liegt, also jenen Menschen, die oft nur kurzzeitig arbeitslos gemeldet sind, um bald wieder in Beschäftigung zu sein, baut sich der Berg von Arbeitslosen in „Hartz IV“ kontinuierlich ab.

Unbesetzte Stellen nach Branchen, September 2018. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Unbesetzte Stellen nach Branchen, September 2018. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Die wesentlichen Zahlen

Im September waren 6.107 Menschen in der Arbeitsagentur im Rechtskreis SGB III arbeitslos gemeldet. Das waren 192 weniger als im Vormonat und 451 weniger als im September 2017.

Im Jobcenter im Rechtskreis SGB II waren 13.451 Menschen arbeitslos registriert. Das waren 481 weniger als im Vormonat und 2.132 weniger als vor einem Jahr.

In Leipzig gab es im September 35.584 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 345 weniger als im Vormonat und 2.607 weniger als im September des Vorjahres.

Das Jobcenter Leipzig betreut aktuell 45.371 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Im Vergleich zum Vormonat betrug der Rückgang 113 Personen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sank die Zahl um 2.782 Personen.

In den Altersgruppen gab es im zurückliegenden Monat eine einheitliche Entwicklung. Bei den jungen Menschen bis 25 Jahren sank die Zahl der Arbeitslosen um 124 auf 2.043 (Vorjahr: 2.154). Bei den Lebensälteren in der Altersgruppe ab 50 Jahren fiel die Arbeitslosigkeit um 161 auf 5.341 Personen an (Vorjahr: 6.113).

Der Zugang aus der Erwerbstätigkeit in die Arbeitslosigkeit lag in den letzten vier Wochen bei 2.132 (Vormonat 2.160). Abgemeldet in Erwerbstätigkeit haben sich im gleichen Zeitraum 2.445 (Vormonat 2.248) Menschen.

Zum statistischen Zähltag im September betrug die Arbeitslosenquote in der Stadt Leipzig 6,4 Prozent (Vormonat: 6,6 Prozent). Im September 2017 lag diese noch bei 7,4 Prozent. Damit erreichte die Arbeitslosenquote in Leipzig den tiefsten Stand seit 1991.

Die neue Leipziger Zeitung Nr. 59 ist da: Zwischen Überalterung und verschärftem Polizeigesetz: Der Ostdeutsche, das völlig unbegreifliche Wesen

Zwischen Überalterung und verschärftem Polizeigesetz: Der Ostdeutsche, das völlig unbegreifliche Wesen

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Vielen Dank an Herrn Julke für die wie immer aufschlussreiche Analyse der Arbeitsmarktzahlen.

Was mich jedoch im Zusammenhang mit der Entlassung der ALG2-Bezieher in den Altersruhestand interessiert: die Zahl der Bedarfsgemeinschaften nach SGB XII.

Schreiben Sie einen Kommentar