Die Corona-Pandemie hatte nicht nur Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage vieler Leipzigerinnen und Leipziger. Sie hat auch einen ganz zentralen Nerv getroffen: den Leipziger Einzelhandel und die Gastronomie. Und damit ganz besonders die Leipziger Innenstadt, die gerade von den Menschen mit höheren Einkommen gemieden wurde.

Auch das zeigt der Bericht zur Bürgerumfrage 2021 jetzt in aller Deutlichkeit. Denn aufs Kaufen verzichteten die befragten Leipziger nicht wirklich. Aber da der Zugang zu den Geschäften in der Innenstadt zeitweise erschwert war oder als zu gefährlich empfunden wurde, verlegten gerade die Besserverdienenden ihre Einkäufe ins Internet. Die großen Online-Händler profitierten massiv von den Corona-Beschränkungen. Und haben damit Marktanteile gewonnen, für die sie sonst noch Jahre gebraucht hätten.

„Deutschlandweit hat sich der Trend zum E-Commerce nach Untersuchungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft durch die Corona-Pandemie stark beschleunigt. Mittlerweile hat der Onlinehandel einen Anteil von 18,3 Prozent am gesamten Einzelhandelsumsatz, 2015 lag dieser noch bei 9,1 Prozent.

Damit wird (deutschlandweit) jeder fünfte Euro für Einkäufe im Internet ausgegeben. In den Jahren 2020 und 2021 stieg der Umsatz im Onlinehandel sprunghaft an und liegt über den vorherigen Wachstumsraten“, schreiben die Autorinnen des Berichts.

Veränderung des Einkaufsverhaltens der Leipziger in der Corona-Zeit. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2021
Veränderung des Einkaufsverhaltens der Leipziger in der Corona-Zeit. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2021

Und das hat Folgen für die Leipziger City, denn die hat massiv an Kundschaft verloren. Und zwar vor allem die gutverdienende Käuferschaft, die für einen erheblichen Teil der Umsätze verantwortlich war.

„Betrachtet man nun das geänderte Nutzungsverhalten geben mit steigendem Einkommen immer mehr Befragte an, seltener in die Innenstadt zum Einkaufen zu gehen. In den Einkommensgruppen bis 2.000 Euro liegt der Wert für eine verringerte Nutzung bereits bei 55 Prozent, ab 2.000 Euro bei 65 Prozent und ab 3.000 Euro schließlich bei 76 Prozent. Es bricht folglich insbesondere die Einkommensgruppe mit großer Kaufkraft für den innerstädtischen Einzelhandel weg“, heißt es im Bericht.

Und das hat sich 2021 auch nicht wieder zu Besseren gewandelt: „Im Vergleich zum ersten Pandemiejahr 2020 ergeben sich keine Änderungen. Bei weiterhin einschränkenden Maßnahmen für den Einzelhandel in 2021 hat sich die geringere Nutzung der Innenstadt als Ort zum Einkaufen im zweiten Jahr der Pandemie somit vorerst verstetigt. Während des Befragungszeitraums galt für den Einzelhandel die sogenannte 2G-Regel, d. h. nur geimpften und genesenen Personen wurde der Zutritt zu Einzelhandelsgeschäften (Ausnahme: täglicher Bedarf) gewährt.“

Zur Erinnerung: Die Bürgerumfrage fand von November 2021 bis Februar 2022 statt. Da musste man seinen Impfnachweis immer dabei haben, wenn man irgendwo einkaufen wollte.

Da verzichteten dann natürlich auch viele auf die Shopping-Tour in der City, die einfach Angst hatten, sich vielleicht doch noch anzustecken. Denn gerade im Befragungszeitraum waren die Infektionszahlen überall in Deutschland besonders hoch.

Lieber einkaufen im Supermarkt um die Ecke

Dafür gab es deutlich mehr Zuspruch für die Nahversorger, die man problemlos zu Fuß aufsuchen kann.

„In den Nahversorgungsgeschäften (Supermärkte, Bäcker etc.) verläuft die Entwicklung dagegen konträr. Im ersten Pandemiejahr waren sie die Profiteure der Pandemie. Schließlich galten viele Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, wie Geschäftsschließungen, Testpflicht bzw. 2G-/3G-Maßnahmen nicht für Geschäfte des täglichen Bedarfs. 15 Prozent der Leipzigerinnen und Leipziger gaben 2020 an, Geschäfte des täglichen Bedarfs häufiger aufzusuchen, nur zehn Prozent reduzierten ihre Nutzung (Rest unverändert).

Im zweiten Pandemiejahr hat sich die Nutzung der Geschäfte des täglichen Bedarfs nahezu vollständig normalisiert: Acht von zehn Leipzigerinnen und Leipzigern nutzen die Supermärkte, Bäcker und Drogerien etc. im Wohnviertel wie vor der Pandemie. Nur noch 8 Prozent geben eine stärkere Nutzung an, 9 Prozent eine seltenere, insgesamt ist die Situation somit ausgeglichen“, wertet der Bericht aus.

Eine Branche freilich leidet weiter: die Gastronomie. „Besonders starke Änderungen im Nutzungsverhalten bestehen für gastronomische Angebote. Zwei Drittel der Leipzigerinnen und Leipziger geben an, im Jahr 2021 seltener als vor der Pandemie in der Innenstadt essen, trinken oder feiern zu gehen. Die Gastronomie im Wohnviertel wird von jedem bzw. jeder Zweiten seltener aufgesucht.

Insgesamt sind die Auswirkungen der Pandemie somit für das Gastgewerbe nochmals deutlich stärker als für den Einzelhandel. Während die Umsätze des gesamten sächsischen Einzelhandels in 2020 um 6 Prozent und in 2021 um 7 Prozent über dem Niveau von 2019 lagen, brachen im Gastgewerbe die Umsätze um 34 Prozent (2020) bzw. 40 Prozent (2021) im Vergleich zu 2019 ein.“

Und 2022 schlägt hier nun auch noch die Inflation zu, die viele Leipziger davon abhält, zum beliebten Besuch in den Restaurants zurückzukehren. Welche Folgen das hat, wird dann wohl die Bürgerumfrage 2022 zeigen.

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