Es ist eine der frappierendsten Grafiken im Vorabbericht zur „Kommunalen Bürgerumfrage 2021“. Eine Grafik, die wir ohne die Lockdowns des Jahres 2020 so wahrscheinlich nicht zu sehen bekommen hätten. Denn als Leipziger Statistiker/-innen Ende 2021 die zur Umfrage angeschriebenen Bürger wieder einmal nach den aus ihrer Sicht größten Problemen der Stadt fragten, landete der „Verkehr“ unangefochten auf Platz 1.

Selbst die Linksfraktion staunte über diesen deutlichen Sprung.

Sie fand es bemerkenswert, dass die größte Unzufriedenheit der Bürger/-innen im letzten Jahr in der Verkehrssituation der Stadt zu finden war. 53 Prozent der Befragten bezeichneten den Verkehr als das größte Problem in Leipzig. Im vergangenen Jahr hatte noch die Kriminalität in der Stadt den ersten Platz eingenommen.

Warum bummeln Leipzigs Straßenbahnen?

„Der Verkehr fiel schon seit einigen Jahren unter die Hauptkritikpunkte der Leipzigerinnen und Leipziger. Dass das Thema aus Bürger/-innensicht nun aber zum städtischen Hauptproblem erklärt wird, sollte der Stadtverwaltung zu denken geben“, erklärt Franziska Riekewald, Sprecherin für Mobilität der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat.

„Am viel diskutierten neuen Radfahrstreifen auf dem Leipziger Innenstadtring kann es jedenfalls nicht liegen – dieser wurde schließlich erst angebracht, nachdem die Bürgerumfrage bereits geschlossen war. Es ist klar, was zu tun ist: Wir brauchen einen nachhaltigen und preiswerten öffentlichen Nahverkehr in Leipzig, barrierefrei zugänglich für alle Leipziger/-innen. Erstmals unterstützt durch den Bund kann dies mit dem im Juni avisierten 9-Euro-Ticket realisiert werden, allerdings nur für drei Monate. Klar ist: Ohne einen leistungsfähigen ÖPNV werden die Verkehrsprobleme in der Stadt nicht zu lösen sein. Dies ist auch kein Selbstzweck, denn ohne Verkehrswende gibt es keine Klimawende.“

Voraussetzung dafür sei natürlich ein leistungsfähiges Schienennetz. Allerdings müssten aufgrund von sanierungsbedürftigen Gleisabschnitten die Bahnen teilweise immer noch auf vielen Strecken langsamer fahren. Dieses Problem müsse unbedingt angegangen werden, findet die Linksfraktion. Im Zuge dessen habe die Fraktion eine Anfrage zu den (notgedrungenen) Langsamfahrabschnitten für Leipzigs Straßenbahnen zur Beantwortung im Mai ins Verfahren geschickt.

Was verrät die Grafik zur Bürgerumfrage?

Noch in der Auswertung der Bürgerumfrage 2020 konnten Leipzigs Statistiker/-innen feststellen: „Im Vergleich zu den Vorjahren geht die Bedeutung des Themenkomplexes Verkehr stark zurück. Zum einen ist dies das Ergebnis der Anpassung des Messinstrumentes, zum anderen aber sicherlich auch dem deutlich verringerten Verkehrsaufkommen während der Lockdownphasen geschuldet.“

Denn im Frühjahr und Sommer 2020 konnten alle Leipziger/-innen erleben, wie sich die Stadt verändert, wenn ein Großteil des motorisierten Individualverkehrs einfach nicht fährt. Die Straßenverkehrsunfälle gingen zurück. Viele trauten sich endlich auch mal im Alltag mit dem Fahrrad auf die Straße. Manchmal braucht es einfach mal so ein paar Wochen des direkten Erlebens, damit selbst Autofahrern klar wird, was für eine Belastung der motorisierte Verkehr für die Stadt ist.

So sah die Problemauswertung noch 2019 aus. Grafik: Stadt Leipzig / Bürgerumfrage 2019
So sah die Problemauswertung noch 2019 aus. Grafik: Stadt Leipzig / Bürgerumfrage 2019

Wobei die Auswerter der Befragung 2020 untertrieben: Der Verkehr landete mit 47 Prozent der Nennungen nur knapp hinter „Kriminalität und Sicherheit“ (49 Prozent).

Aber trotzdem gab es jetzt mit der Bürgerumfrage 2021 den Bumerang: Während der alte Dauer-Topos „Kriminalität und Sicherheit“ um weitere 2 Prozentpunkte auf 47 Prozent zurückging, wurde der Verkehr jetzt von 53 Prozent der Befragten als Hauptproblem der Stadt betrachtet.

Dieses ungewollte Experiment, den motorisierten Verkehr einfach mal für ein paar Wochen in den Pause-Modus zu versetzen, hatte also einen echten Lerneffekt.

Die Leipziger/-innen hatten auf einmal, was sie zuvor nie bekamen: einen Vergleich. Und der fällt ganz augenscheinlich gegen die von Autolärm, Gehupe und Gedränge erfüllte Stadt aus. Sie wissen jetzt, dass die Stadt leiser und sicherer sein kann. Und dass man auch ohne Auto vorankommt – zumindest, wenn einen der Autoverkehr als Fußgänger und Radfahrer nicht daran hindert.

Es geht nicht nur um den ÖPNV

Aber es steckt ja noch eine andere Aussage drin. Denn 2020 hatten die Statistiker/-innen das Frageschema geändert.

Vorher hatten sie alles noch fein auseinandergedröselt: ÖPNV, Parkplätze usw. Die Teilnehmer der Umfrage konnten also differenzierter ankreuzen. Der ÖPNV rangierte 2019 längst auf Rang 3 der „größten Probleme“ und hatte die vorherigen Dauerthemen Parkplätze und Straßenzustand überholt. Schon da steckt ein Sinneswandel der Leipziger/-innen drin.

Was natürlich die Kritik der Linksfraktion bestätigen würde, dass Leipzigs ÖPNV nicht den Standard hat, den er in einer wachsenden Großstadt haben muss. Und deshalb auch nicht schafft, dem motorisierten Verkehr spürbar Anteile abzujagen.

Aber das wieder voll motorisierte Jahr 2021 machte eben auch sichtbar, wie ungenügend die Bedingungen auch für den Radverkehr an vielen Stellen der Stadt immer noch sind. Das Parkplatzproblem verschärfte sich in weiteren Ortsteilen, weil der Pkw-Bestand weiter wuchs.

Und zur Wahrheit gehört auch, dass das 2018 vom Stadtrat beschlossene Mobilitätskonzept immer noch nicht umgesetzt wird. Sodass auch keine Vision sichtbar wird, wie Leipzig seinen Verkehr binnen weniger Jahre umwelt- und klimagerecht umbauen will. Auch das steckt ganz bestimmt als Frust mit in den vielen Kreuzen beim Problem „Verkehr“.

Und wenn die Stadt bei ihrem Tempo bleibt, gibt es vor dem Jahr 2030 auch keine markante Veränderung. In der Verkehrsplanung der Stadt jedenfalls ist das Thema „Klimanotstand“ noch immer nicht angekommen. Da zählt man noch immer Autos und plant Straßen für noch mehr Kfz-Verkehr.

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Es gibt 19 Kommentare

@TLpz: Das sind für Grundschüler durchaus bewältigbare Entfernungen. Gerade durch einen Schulweg zu Fuß wird viel Kompetenz erworben, die chauffierte Kinder nicht entwickeln können. Dass die Kinder das allein gehen, hat keiner verlangt: wir hatten zur Grundschulzeit unserer Kinder morgens immer eine Art “Laufbus”. Mehrere Familien haben sich zusammengetan und je ein Erwachsener die Kinder dann morgens zur Schule begleitet. Auch nachmittags kann man Derartiges verabreden.

@Thomas_2
> zur Erinnerung: Grundschule ist prinzipiell immer fußläufig erreichbar
Leider nicht überall, manchmal sind die Schulwege doch recht lang. Leider oft auch ÖPNV- mäßig sehr dürftig erschlossen. 2 Beispiele: Wohnort Angerstr./Kuhturmstr. -> Schule am Leutzscher Holz = 1,6 km/20min Fußweg einfache Strecke; Wohnort Calvisiusstr./Merseburger Str. -> Schule Gießerstr. = 1,3 km/15min, mit ÖPNV 1-2x umsteigen). Und ich glaube nicht, das jede Mama/jeder Papa danach wieder nach Hause fährt. Im Kontext Schule- Arbeit wird da vielleicht doch manchmal ein KfZ benötigt. Wobei andere Lösungen natürlich favorisiert werden sollten.

@Sebastian
> Es gibt an dieser Stelle eine Radstraße, diese ist funktional und wird rege genutzt.
Wenn das gemeinte eine Radstraße ist , ist der Ring eine Autobahn. Nein, das ist keine Radstraße! Nicht baulich, keine sichere Radverkehrsanlage. Es ist nur eine Radstraße weil man ein entsprechendes Schild aufgestellt hat.

Vielleicht ist da echt ein großer Unterschied zwischen uns: ich wohne gern im Plattenbau und halte dieses “Stapelwohnen” für eine richtig effiziente Art zu wohnen. Ich heize zum Beispiel kaum. Solange alles saniert ist und die Bewohnerschaft nicht allzu inhomogen, was Kultur und Ansprüche angeht, passt das eigentlich sehr gut.
Autobahnkreuze kenne ich so nicht in der Stadt, den Begriff kenne ich nur aus dem Umfeld des Ökolöwen, um das Brücken – Bauvorhaben in Leutzsch zu dramatisieren.

PS:

eines noch: man muß davon wegkommen, städtischen Raum ausschließlich als Transitzone für möglichst viel (Auto)verkehr zu betrachten.
Auch das ist Denken aus einer Zeit, als man ‘die Stadt’ auflösen wollte – und den Leuten eintrichterte, daß es ja nun der Höhepunkt menschlicher Siedlungsgeschichte wäre, wenn alle nur noch in riesen Hochhausscheiben und Plattenbauten hocken würden,mit viel, viiiel Fläche dazwischen – und Megaschnellstraßen und Autobahnkreuzen überall.
Krank wird einem heute, wenn man sich das nur vorstellt!
Nur beim Thema Autoverkehr tut man so, als müßte man das noch mal erreichen, als Utopie oder so.
So was gehört auf den Müllhaufen der Geschichte, und menschenverträgliche Konzepte gehören endlich umgesetzt.

@Seb:
Ob die Fläche am Promenadenring für den AUTOverkehr ausreichte, kann ich nicht abschließend beurteilen – aber wenn sie es tat, dann nur, weil man den anderen Verkehrsteilnehmern rigoros die Flächen wegnahm.
Der standortunverträglichste Verkehr wurde und wird gepampert ohne Ende – und die standortverträglichen Verkehre bekommen mit dem Spaten eins rübergezogen.
Anschließend wundert man sich, daß Letztere kaum genutzt werden.

Usw. …

Einfach meinen Beitrag dazu noch einmal lesen, dann entkräftet sich Vieles von dem, was du da jetzt abgeleitet hast.

> Und wenn die eine Verkehrsart mit dem Platz auskommt, und die andere nicht, dann ist das eben einer der Nachteile dieser Verkehrsart, daß sie schlicht zu viel Platz für denselben Zweck benötigt – sie kommt also offensichtlich mit den Umständen nicht klar – PUNKT. Man kann doch dann nicht hergehen und anderen Verkehrsarten die Flächen wegnehmen, nur um sie denen, die objektiv gesehen am wenigsten mit ihrer unmittelbaren Umgebung auskommen, die noch hinterherzuwerfen.

Um beim Beispiel Ring zu bleiben: Die Fläche, die es für Autos gab, reicht ja. Sie war bis vor kurzem vorhanden und führte zu einem mehr oder weniger flüssigen, also funktionalen Verkehrsgeschehen. Es war so auch halbwegs widerstandsfähig, denn die vorhandenen Flächen konnten auch bei Teilsperrungen ein Mehr an Verkehr aufnehmen und verteilen.
Nach Ihrem Argument wäre es ja völlig falsch dem Radverkehr mehr Platz auf dem Ring zu widmen, was das Argument an sich von selbst entkräftet: Die Radler kommen mit dem Platz, den sie haben (der Fahrradstraße, den Nebenstraßen im Kolonnadenviertel,…) nach Meinung einiger Enthusiasten nicht aus, und sollen auf den Ring auf separaten Flächen fahren. Eben weil die vorhandenen Strecken nicht genügen würden. In Ihrem Argument (” sie kommt also offensichtlich mit den Umständen nicht klar”) hieße das, die Verkehrsart “Fahrrad” müsse weichen?!

Ich bin doch bei Ihnen, was die Menge an Fahrzeugen angeht, auch was sanktionierungswürdiges Verhalten wie Falschparken, nerviger Dröhnlärm durch Angeberei oder ähnliches angeht. Aber die Menge an Autos ist nicht entstanden, weil eine Ideologie es uns vorgab, dass wir alle sowas besitzen sollen, sondern weil sich Wohlstand entwickelte und dieser sich in all seinen Facetten, auch den hässlichen, wie von selbst durchsetzt. Bequemlichkeit zieht leider.
So ein selbstlaufender Prozess ist das Gegenteil von Ideologie. Diese wird verordnet, um selbstlaufende Prozesse zu lenken. Und ja, es gibt auch noch Werbung der Hersteller und auch Lobbyarbeit.

> […]üblichen Sermon runterzurattern, der darauf hinausläuft, das alles so bescheuert und dysfunktional bleiben möge, wie es ist.
Naja, das würde ich mal zumindest als verkürzte, eher entstellende Zusammenfassung bezeichnen. Und Entschuldigung – ich argumentiere natürlich auch nur aus eigener Wahrnehmung. Natürlich ist das auch kritikwürdig. Aber ich fahre doch auch seit vielen Jahren Rad in dieser Stadt, weiß wo man gut durchkommt und welche Ecken ich lieber meide. Da wurde einiges von der Stadt gemacht, manches ist definitiv noch zu tun, aber Dinge wie der Radweg auf dem Ring, Radweg auf die Straße (Karl-Heine-Straße, demnächst auch anderswo) oder die auswärtige Dufourstraße sind einfach nur verordnete Ideologie. Wenn der OBM von einem “Signal” spricht, ist das doch damit schon bewiesen! Wie der Bedarf sich einstellt wird sich zeigen, aber zumindest auf dem Radweg auswärts ab der Kreuzung August-Bebel-Straße fährt nach wie vor fast niemand lang. Eine reine politische Maßnahme, damit die Autospur dort wegkommt. Man hätte auch Pflanzenkübel draufstellen können.

@Seb:

Herrlich zu sehen, wie du jeden deiner Beiträge einleitest mit einem “Ich finde ja auch—, ABER….”, um dann den üblichen Sermon runterzurattern, der darauf hinausläuft, das alles so bescheuert und dysfunktional bleiben möge, wie es ist.

Konkret: JEDE Nutzung öffentlicher Flächen jenseits der als schlichte Parkplätze ist besser im Sinne einer urbanen, sozialen Gestaltung.
Lieber drehe ich dort in einem Pool meine Runden und nutze den Platz proaktiv, als 23h/d dem Blech dort bein rosten zuzusehen!
Und richtig schräg wird es, wenn in einer dichtbebauten Stadt mit ungenügendem Verkehrsraum nicht etwas schutzbedürftige Verkehrsteilnehmer angemessen Fläche zugeteilt bekommen, sondern diese FAHR(!)bahnteile als Stellflächen für all die Stehzeuge umgewidmet werden, auf daß die ohnehin flächenmäßig Privilegierten auch diesen Teil des öffentlichen Raumes quasi exklusiv noch dazu bekommen.
All das ist doch eine Folge einer Politik, die den Platzfresser Automobilität auf biegen und brechen ausgerechnet dorthinein zwingen wollte, wo am wenigsten Platz ist.
Wie absurd!
Das ist Ideologie pur, denn pragmatisch ist es ja nun nicht.

Und was den Innenstadtring/ “Promenade” betrifft:
in einer kompakten Stadt mit viel Verkehr und Konfliktpotential sollte man zunächst darauf achten, daß jede Mobilitätsart ihre Flächen bekommt.
Also Fahrspur für MIV, ÖPNV-Spur, Gehweg — und eben auch Radweg/ -spur.
(sollte dann noch Platz übrig sein, kann man dirskutieren, wie man die effektiv nutzt – mit breiterem Gehweg, oder weiterer KFZ-Spur – aber erst dann)

Und wenn die eine Verkehrsart mit dem Platz auskommt, und die andere nicht, dann ist das eben einer der Nachteile dieser Verkehrsart, daß sie schlicht zu viel Platz für denselben Zweck benötigt – sie kommt also offensichtlich mit den Umständen nicht klar – PUNKT.

Man kann doch dann nicht hergehen und anderen Verkehrsarten die Flächen wegnehmen, nur um sie denen, die objektiv gesehen am wenigsten mit ihrer unmittelbaren Umgebung auskommen, die noch hinterherzuwerfen.
Auch DAS ist Ideologie pur, althergebrachte Denke aus den 30er oder 60er Jahren — hat aber mit moderner Verkehrsplanung und Stadtgestaltung nichts zu tun.

Wenn Sie hier in dieser Zeitung mal bisschen die Kommentare verfolgen sehen Sie doch, dass fast alle mit Vor- oder Nicknamen auftauchen und sich dennoch höflich siezen. Außerdem war nicht von “wundern” die Rede, sondern von “triggern”. In ihrem Fall sogar “hart”. Mir soll es egal sein, ich wollte nur auf Ihre Mutmaßung reagieren.

> Meine Frage ist eher, wie es sein kann das es mir als Mensch möglich ist 10qm allgemeine Fläche einfach kostenfrei und ausschliesslich für ein Auto besetzen zu können ohne der Bürgerschaft etwas zurückgeben zu müssen
Sie können diese Fläche auch als juristische Person nutzen, siehe Carsharing. Aber abseits solcher Spitzfindigkeiten weiß ich mit Ihrer Swimmingpool – Idee nichts so recht anzufangen, ehrlich gesagt. Nicht mal abstrakt. Nutzer von Straßen haben doch nie “etwas zurückgegeben” an die Gesellschaft, außer die Zurverfügungstellung ihrer Funktion.
Ich meine, ich finde es völlig in Ordnung zum “parking day” mal all diese verrückten, smarten, alternativen und natürlich grünen Ideen sprießen zu lassen und gewissen Leuten beim öffentlichen abhängen, Minigolf spielen oder so zuzusehen, aber das muss doch jetzt nicht der Standard in der öffentlichen Debatte werden um zu klären, was wir mit öffentlichen Flächen machen, oder?

@Sebastian: Du nimmst einen Vornamen als Nutzernamen und wunderst dich geduzt zu werden?
Redest vom Zeitgeist und hast nur Angst vor Veränderung, witterst dabei politische Motive wenn man einfach die Dinge vom Menschen her sieht. Recherchiere mal >Design thinking< in diesem Internetz!

“Wie könnte man denn nur die Gebühr, die für die Nutzung von Straßenfläche erhoben wird, richtig drastisch steigern, um meine politischen Ziele zu erreichen?"

Meine Frage ist eher, wie es sein kann das es mir als Mensch möglich ist 10qm allgemeine Fläche einfach kostenfrei und ausschliesslich für ein Auto besetzen zu können ohne der Bürgerschaft etwas zurückgeben zu müssen? Auf dieser Allgemeinfläche würde ich doch lieber einen Swimmingpool mit Sonnenliegen hinstellen und einen Baum pflanzen- wenn´s mich nichts kostet ist das genauso plausibel.
Das würde mehr Menschen nützen und nutzen und zur Kommunikation innerhalb der Bürgerschaft und einer lebenswerten Stadt beitragen. Es hätten also nicht nur Autobesitzer einen Nutzen der Allgemeinen Fläche, sondern alle Menschen!

Also da haben wir uns falsch verstanden. Mir gehts nicht darum, dass sich bloß nichts ändert, sondern mir gehts darum, dass die Ideologie und der Fundamentalismus raus kommt aus der Debatte und vor allem den praktischen Maßnahmen.
Dass zum Beispiel die seit vielen Jahren überall aufgebauten Radbügel eine Erfolgsgeschichte zur Erhöhung der Attraktivität des Radverkehrs sind, dass dürfte zum Beispiel kaum jemand bestreiten. Und es ist auch klar, dass es nicht bei Radbügeln bleiben kann und so.
Anders sieht das bei eher politischen Projekten wie dem Grünen Radweg auf dem Ring aus, wo es ohne Not Konflikte gibt, Sicherheitsmängel und aktuell auch erhöhte Emissionen infolge der Staus. Es gibt an dieser Stelle eine Radstraße, diese ist funktional und wird rege genutzt. Also ist es Zeitgeist, der uns diese Dinge beschert, noch dazu inkonsequent durchgeführt, und dagegen bin ich.

Also Sebastian, mit anderen Worten: geht nicht!
Wenn die Zustandsbeschreibung zur Norm erklärt wird, dann bleibt halt alles, wie es ist.
Das ist nicht die Welt, die ich hinterlassen möchte. Ich freue mich, dass es auch nicht wenige andere so sehen.

Ich bin schon lange für Quartiersparkhäuser, gern unterirdisch, z.B. unter Neubauten.
Könnte man mit preiswerten Darlehen fördern oder die Stadt baut selbst. Dann kämen die Autos runter von der Straße (in Verbindung mit Parkuhren und Parkverboten ginge das ganz schnell). Natürlich nicht gratis, klar. Könnte man dann sogar für Elektroautos nutzen, zum Aufladen.
Leider hier von der Stadt abgelehnt, weil wir ja in 30 Jahren autofrei sein wollen. LOL
Anwohnerparken auch abgelehnt, weil es keine Konkurrenzsituation zwischen Besuchern und Anwohnern gäbe. Obwohl hier ein hoch frequenter Parkplatzwechsel zu beobachten ist.

Verschärfend kommen jetzt noch die ganzen Wohnmobile hinzu, die jeder Hinz und Kunz meint, sich anschaffen zu müssen . Schön anzusehen, wenn die ganzen ausgebauten VW-Tx hier vor der Grundschule vorfahren, mit jeweils einem Kind (zur Erinnerung: Grundschule ist prinzipiell immer fußläufig erreichbar) und die Mama / der Papa wieder nach Hause fährt. Damit das Auto auch mal außerhalb der 14 Tage Urlaub im Jahr bewegt wird. Für die bräuchte es einen Stellplatzzwang, kann die Stadt aber nicht machen, weil es da kein Gesetz gibt.
Naja, geht halt alles nicht, weil es nicht geht. I love it!

Hallo TLpz,
> Angebotsverdichtungen oder neue Strecken für den ÖPNV sind überhaupt nicht in Sicht…
Es ist ein bißchen wie beim Gendern. Die Maßnahmen, die wirklich was bringen würden, die kosten Geld und machen Mühe, also labert man lieber ein bißchen herum (und ändert Wörter / trägt Farbe auf) und feiert sich, dass man “ein Signal” gesetzt hätte. Kost ja erst mal nix!

Hallo Matthias,
> “Die Zentrierung auf das Fahrrad ist außerdem auch ein typisches urbanes Thema…” Witziger Satz in der Großstadt!
Wenn es denn so wäre, dass diese radzentrierte Sicht auf Verkehrsthemen auch innerhalb der Großstadt verbliebe…

> Im Übrigen gehören Dienstwagen […] auf Firmenparkplätze, wo sie vor wenigen Jahren auch noch standen.
Das wird sich schwerlich machen lassen. Die Dienstwagen von Trumpf (Ditzingen), Siemens (beispielsweise Erlangen), Miele (Gütersloh), AWG (bei Esslingen) oder Vestas (ebenfalls nicht Leipzig) können Sie nicht auf den Firmensitzen abstellen und dort standen sie auch nie. Vielleicht missverstehen wir uns, was wir unter “Firmenwagen” verstehen.
Ich meinte keine LKW, sondern die Autos, die an Vertreter bis hin zu ganz normalen Angestellten als Bestandteil ihres Gehalts gegeben werden. Deren Kennzeichen ist meist nicht “L”, weil sie nicht in Leipzig, sondern den Firmensitzen zugelassen sind, dennoch wohnen diese Leute auch in Ihrem Viertel.

> Radwege anzulegen […] wird nicht nur wenige Menschen überzeugen
Es ist müßig zu diskutieren, was wir unter “viele” oder “wenige” verstehen. Ist nicht böse gemeint, aber ich glaube das bringt nichts, weil zu subjektiv.


Hallo Martin,
> Mutmaßlich hat dich der Begriff des zugezogenen Dorftrottels hart getriggert.
Wenn, dann würde ich eher das Dutzen als Trigger nennen, aber das hält eben jeder anders in diesem Internet.

> Eine öffentliche Straße kostet übrigens auch und muss gewartet werden.
Definitiv! Da haben Sie Recht. Ich würde nur behaupten wollen, dass die Unterhaltungskosten nicht im Bereich von 5,60 €/m und Monat liegen. Und das war ja merkwürdigerweise Ihre Frage: Warum kostet ein Stück Straßenfläche nicht das Gleiche wie ein Stück in meiner privaten Wohnung mit Haus drumherum, Dach obendrüber, Keller untendrunter, verschiedenen Medien als hochwertige angeschlossene Infrastruktur und so weiter?
Ich verstehe Ihre Frage eher so: “Wie könnte man denn nur die Gebühr, die für die Nutzung von Straßenfläche erhoben wird, richtig drastisch steigern, um meine politischen Ziele zu erreichen?”
Und da bin ich halt nicht Ihrer Meinung. Es gibt vieles, was andere europäische Länder oder Städte anders machen wie wir, können die auch gerne tun, ohne dass für mich da in jedem Fall Übernahmebedarf entsteht.
Bekommen die Wirte für ihre “Freisitze” in diesen anderen Ländern und Städten denn auch quasi kostenlos den Bürgersteig, auf dem sie sich ausbreiten können, so dass ich mit einem geschobenen Rad im Prinzip nicht mehr durchkomme?

> Off Topic: Schade, dass du den sportwissenschaftlichen Zustand von Flow (Sweetspot zwischen Über- und Unterforderung) anscheinend noch nie erlebt hast.
Naja, in erster Linie musste ich über den witzigen Anglizismus schmunzeln, den Sie eingeschoben haben in Ihrer Verkehrsanalyse. Und neben diesem Punkt entstand noch die Frage, und da fällt es mir dann schwer die Argumentation ernst zu nehmen, was Ihr fast-meditativer Zustand auf unseren Straßen zu suchen hat. Ich vermute ja fast, dass so Mancher im “Flow” ist, wenn er die roten Ampeln auf der Karli überfährt, oder mit Tempo >25 durchs Musikviertel brettert und dabei die üblichen Vorfahrtsregeln, auch mir als Radler gegenüber, ignoriert. Eine gewisse Aufmerksamkeit ist halt nötig, und sicher kann man die Radfahrt auch für sein persönliches Sporteln benutzen, aber DAS als Argument gegen aus Radfahrersicht schlechte Wegführung…naja. Das “killt” dann mein Understanding.

@Sebastian
> Dass man die StVO mit baulichen Maßnahmen durchsetzen muss, ist tatsächlich traurig und sagt einiges über das Selbstverständnis der Autofahrer aus, die dort parken.
Schlimmer noch: Selbst wenn bauliche Maßnahmen getroffen wurden (Gehwegnasen) so parken an der Engstelle grundsätzlich irgendwelche Karren und machen den beabsichtigten Zweck der besseren Übersichtlichkeit für Fußgänger wieder zunichte.
> Na zum Beispiel, weil die von Ihrem Kombi belegten 10 m² keine technische Infrastruktur (Gebäudetechnik) haben, die gewartet oder repariert werden muss, keine Gebäudeversicherung dafür zu bezahlen ist, auch kein Vermieter Rendite haben möchte und ihr Parkplatz auch nicht nur Ihnen gehört. Anders als im geschützten Privatraum Ihrer Wohnung kann Ihnen ihr Platz auf der Straße relativ schnell strittig gemacht werden.
Das eine Straße nicht wartungsfrei ist wurde schon gesagt. Den qm- Preis einer Wohnung zum Vergleich zu nehmen ist sicher auch nicht die Lösung, da gäbe es sicher andere Kennzahlen. Aber grundsätzlich ist m.E. das Abstellen von i.d.R. Privateigentum auf öffentlichem Raum zu preiswert. Größtenteils ist es ja kostenfrei, aber selbst 30 €/Jahr beim Anwohnerparken sind ein Witz. Ähnliche Parkplätze auf Privatgrund kosten dies pro Monat…
>mit besseren Angeboten wird man auch noch EIN PAAR MEHR Leute davon überzeugen können öfter das Rad zu nehmen, wohl auch mit billigeren e-Bikes. Aber nur weil SIE so überzeugt vom Rad sind, heißt das nicht, dass es eine Lösung für sehr viele andere Leute ist. Nicht in jedem Alter, bei jedem Wetter, zu jedem Fortbewegungszweck.
Man wird auch nicht alle aus dem Auto heraus oder in den ÖPNV hineinbekommen. Ein guter Mix aller Verkehrsarten ist erforderlich. Für das Auto hat man seit der Wende jede Menge Geld in die Hand genommen, mehrspurige Straßen durch die Stadt gezogen (teils sinnvoll, teils fraglich). Der Verkehrsmix hat sich geändert bzw. wird sich in Zukunft weiter ändern (müssen/sollen). Für die Verkehrsarten, die im Rahmen der Verkehrswende eigentlich priorisiert werden müssten, ist man aber nicht bereit, Finanzmittel in erforderlichem Umfang in die Hand zu nehmen. Für Radverkehrsanlagen reicht es gerade mal für ein paar Eimer Farbe, ansosnten ist es wie von Martin beschrieben. Angebotsverdichtungen oder neue Strecken für den ÖPNV sind überhaupt nicht in Sicht…

@Sebastian Bitte nochmal lesen, danke.

Die Anwohnerparken bzw. Einnahmen aus Knöllchen von Kreuzungsparkern werden in anderen Städten konsequent eingezogen, um den ÖPNV und dessen Infrastruktur weiter auszubauen. ALLE können ÖPNV fahren. Nicht jeder kann Rad fahren, noch weniger haben einen Führerschein und die wenigsten können Auto fahren. Das Beispiel mit den 56€ pro Monat für 10qm Stellfläche ist garnicht so weit hergeholt. In manchen Städten in Europa habe ich mehr als 70€ pro Tag/ 5 Gehminuten vom Zentrum bezahlt.

Eine öffentliche Straße kostet übrigens auch und muss gewartet werden. Z.B. Strassenreinigung, Abwasserkanäle, Stromkosten & Wartung von Ampelanlagen, Verkehrszeichen, Winterdienst, Schallschutz, Strassenbelag und erneuern von Kennzeichnungsflächen usw.

Off Topic: Schade, dass du den sportwissenschaftlichen Zustand von Flow (Sweetspot zwischen Über- und Unterforderung) anscheinend noch nie erlebt hast. Mutmaßlich hat dich der Begriff des zugezogenen Dorftrottels hart getriggert.

“Die Zentrierung auf das Fahrrad ist außerdem auch ein typisches urbanes Thema…” Witziger Satz in der Großstadt!
Im Übrigen gehören Dienstwagen wie auch LKW und Kleintransporter auf Firmenparkplätze, wo sie vor wenigen Jahren auch noch standen.
Ja, ÖPNV ist wichtig, dauert aber. Radwege anzulegen geht schnell und kostengünstig, und wird nicht nur wenige Menschen überzeugen, wenn ihm Platz gelassen wird. Deutsche und europäische Städte machen das vor.

> Ein qm in meiner Wohnung kostet 5,60 € kalt. Warum sollte mein Anwohnerstellplatz in meinem Block nicht auch 5,60€/qm kosten?
Na zum Beispiel, weil die von Ihrem Kombi belegten 10 m² keine technische Infrastruktur (Gebäudetechnik) haben, die gewartet oder repariert werden muss, keine Gebäudeversicherung dafür zu bezahlen ist, auch kein Vermieter Rendite haben möchte und ihr Parkplatz auch nicht nur Ihnen gehört. Anders als im geschützten Privatraum Ihrer Wohnung kann Ihnen ihr Platz auf der Straße relativ schnell strittig gemacht werden. –> Was für ein angestrengter Verglich.

Kennzeichen nichtregionalen Ursprungs können übrigens auch Dienstwagen sein, deren Firmensitze einfach nicht in Leipzig sind. Die Betreiber dieser Autos können sehr wohl in Ihrer Gegend wohnen und deshalb das Auto dort abstellen.

…was natürlich nicht an Kreuzungen geschehen sollte, klar. Dass man die StVO mit baulichen Maßnahmen durchsetzen muss, ist tatsächlich traurig und sagt einiges über das Selbstverständnis der Autofahrer aus, die dort parken.

> In Leipzig kann man fast das ganze Jahr über radfahren, weil flach, milde Temperaturen und jung. Aber dieses Radweg/ kein Radweg/ schieben etc. killt meinen Flow.
…quasi der klassische underflow. Kommt nach dem oberflow. Zurück zum Ernst; Ja, kann man, und mit besseren Angeboten wird man auch noch EIN PAAR MEHR Leute davon überzeugen können öfter das Rad zu nehmen, wohl auch mit billigeren e-Bikes. Aber nur weil SIE so überzeugt vom Rad sind, heißt das nicht, dass es eine Lösung für sehr viele andere Leute ist. Nicht in jedem Alter, bei jedem Wetter, zu jedem Fortbewegungszweck. Der im Artikel angesprochene ÖPNV ist viel dringlicher, als der zweite oder dritte redundante Radweg, siehe Innenstadtring. Die Zentrierung auf das Fahrrad ist außerdem auch ein typisches urbanes Thema…

Was mich in Reudnitz richtig nervt sind die zugeparkten Kreuzungen. Ich komme als Fußgänger nicht mehr durch. Manche Autos stehen eine Woche in diesem Bereich- ohne ein Ticket. Ich komme mit meinem geschobenen Fahrad manchmal vom Haus nicht auf die Strasse, weil alles so eng zugeparkt ist.
Andere Städte weißen diesen Bereich mit Sperrflächenmarkierung oder Radbügeln, damit der letzte zugezogene Dorftrottel diese Verkehrsregel versteht. Ein Feuerwehrwagen mit großer Leiter könnte mich oft nicht aus der DG-Wohnung retten, da er nicht um die Kreuzung kommen würde.

Ein weiterer Punkt ist das Anwohnerparken, welches quasi nicht vorhanden ist. In meinem Block sind 1/3 aller Kfz keine regionalen Kennzeichen. Warum sollte ich auch als Gast ausserhalb am P&R parken, wenn ich 5 Gehminuten zur Innenstadt auch kostenfrei parken kann? Ein qm in meiner Wohnung kostet 5,60 € kalt. Warum sollte mein Anwohnerstellplatz in meinem Block nicht auch 5,60€/qm kosten? Mein Kombi braucht 10qm öffentliche, allgemeine Fläche – for free!

In ganz! Europa ist mir keine Ü600000 EW Stadt bekannt, wo genau diese Probleme nicht als Einkommensquelle andere städtische Ausgaben wie z.b. Öffi´s Infrastruktur querfinanzieren würden.

Es gibt keinen durchgängigen Nord-Süd / Ost-West Radweg. Alles nur Flickenteppiche. In Leipzig kann man fast das ganze Jahr über radfahren, weil flach, milde Temperaturen und jung. Aber dieses Radweg/ kein Radweg/ schieben etc. killt meinen Flow.
Am Bahnhofsvorplatz habe ich 7 Autospuren, die 40% der Fläche einnehmen. Wie eng das zur Rushhour manchmal auf allen anderen Flächen für hunderte von Bahnfahrenden, Fußgehenden, Radfahrende u.a. ist. UNFASSLICH! Weil mich diese Thematik täglich und mindestens 8 Std./ Woche beschäfftigt sehe ich es auch als größtes Problem an. Auch weil das Tempo der Veränderung einem Stillstand gleicht. Das ist keine Lebenswerte Stadt mehr.

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