Die Herbstbelebung ist deutlich schwächer gefallen, meint Steffen Leonhardi, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Leipzig, die am Mittwoch, 2. November, die Oktoberzahlen für den Leipziger Arbeitsmarkt veröffentlichte. Danach waren 21.954 Menschen als arbeitslos gemeldet, 395 weniger als im September. Die Zurückhaltung der Unternehmen bei Neueinstellungen aufgrund der gestiegenen Energiekosten wird spürbar.

Das machen auch die konkreten Zahlen zur Bewegung auf dem Arbeitsmarkt deutlich: 5.915 Personen meldeten sich im Oktober arbeitslos, 994 mehr als vor einem Jahr. Dagegen kamen (nur) 6.301 Arbeitssuchende wieder in Arbeit, 239 weniger als vor einem Jahr.

Das ist zwar auf den ersten Blick eine weiterhin positive Entwicklung. Etliche Branchen suchen weiterhin händeringend nach Arbeitskräften und der Beschäftigungsaufbau in Leipzig geht weiter.

Aber die gedämpfte Herbstbelebung erzählt eben auch davon, wie sehr die gestiegenen Kosten vielen Unternehmen zu schaffen machen.

Gemeldete freie Stellen in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Gemeldete freie Stellen in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Dass die Oktoberzahlen dabei auch noch um 1.570 über den Zahlen des Vorjahrs liegen, hat einen anderen Grund. Denn seit dem Sommer ist die Arbeitsagentur auch zuständig dafür, dass die aus der Ukraine Geflüchteten in den Leipziger Arbeitsmarkt eingegliedert werden.

Im Jobcenter Leipzig sind aktuell 4.663 erwerbsfähige Personen aus der Ukraine gemeldet, teilt die Arbeitsagentur mit, 3.949 als arbeitsuchend, 1.877 als arbeitslos registriert. Bis sie auf eine Arbeitsstelle vermittelt werden können, dauert es natürlich.

Der Effekt zeigt sich dann auch in der Ausländerstatistik. Danach waren im Oktober 2.132 Ausländer mehr als vor einem Jahr als arbeitslos registriert. Leipzigs Arbeitsmarkt erweist sich also trotzdem als sehr robust und es ist absehbar, dass auch die registrierten Ukrainer/-innen nach und nach in Beschäftigung kommen werden.

Gemeldete freie Stellen nach Wirtschaftsbereichen. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Gemeldete freie Stellen nach Wirtschaftsbereichen. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Und auch die überteuerten Energiepreise werden kein Dauerthema bleiben, auch wenn sich jetzt alle an deutlich höhere Energiekosten gewöhnen müssen. Die Zeit der – nur scheinbar billigen – fossilen Energie geht jetzt mit spürbaren Bugwellen zu Ende. Da helfen auch keine Pläne, die Produktion in Länder auszulagern, in denen noch billig fossil geheizt wird. Zukunftsfähig sind nur Branchen, die jetzt den Wechsel zu Erneuerbaren Energien hinbekommen.

Vorerst wirkt sich die Unsicherheit darin aus, dass seit Monaten die Zahl der als frei gemeldeten Arbeitsstellen wieder unter die 10.000er-Marke rutschte: 9.929 waren es im Oktober, 261 weniger als im September. Aber gegenüber dem Vorjahr waren es trotzdem 121 mehr. Der Bedarf an Fachkräften bleibt also weiterhin hoch.

Wobei auffällt, dass vor allem das Stellenangebot im verarbeitenden Gewerbe zurückging und dafür deutlich mehr Personal für Verkehr und Logistik gesucht wird. Während die Nachfrage in Gesundheitswesen, in der Bildung, selbst bei Verwaltung und Buchhaltung, in der IT-Branche und auch am Bau unvermindert anhält.

Und erhellend ist natürlich auch der Blick auf die Beschäftigungsveränderung in den Branchen übers Jahr, die zeigt, welche Branchen tatsächlich deutlich Personal aufgebaut haben.

Veränderter Personalbestand nach Wirtschaftsbereichen von März 2021 bis März 2022. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Veränderter Personalbestand nach Wirtschaftsbereichen von März 2021 bis März 2022. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Und da liegt mit 1.371 zusätzlich geschaffenen Stellen die IT-Branche ganz vorn, gefolgt von „Immobilien, freiberuflichen/wissenschaftlich./technischen Dienstleistern“ mit 1.249 neuen Arbeitsstellen und dem Wachstumssegment Verkehr und Logistik mit 988 zusätzlichen Stellen. Ganz ähnlich baut das Gesundheitswesen seinen Personalbestand auf – plus 814 Stellen übers Jahr (Stand März).

Und selbst das Gastgewerbe hat nach dem massiven Corona-Einbruch wieder 572 Menschen einstellen können. In anderen Bereichen wie der öffentlichen Verwaltung sieht der Zuwachs mit 474 Stellen noch recht überschaubar aus.

Aber gerade Bereiche, die um hochqualifizierte Arbeitskräfte werben, stehen in direkter Konkurrenz zueinander und können ihre ausgeschriebenen Stellen – wie die Stadt Leipzig – oft nicht besetzen, weil die gesuchten Fachleute auch in anderen Kommunen und in der freien Wirtschaft heiß begehrt sind.

Branchen, die weniger Qualifikationen verlangen – wie die Logistik –, haben es da deutlich leichter, ihr Personalreservoir aufzufüllen.

Dass sich die Situation bei den vom Jobcenter betreuten Unterstützungsbedürftigen auch im Oktober leicht verbessert hat, zeigt die Zahl von 30.592 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 654 weniger als noch im September und nur 129 mehr als ein Jahr zuvor.

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